Spiel um Macht und Liebe (German Edition)
erbost über ihre Haltung und fuhr sie an, dass er das nur ihr und den Kindern zuliebe tue. All seine früheren Ängste und Sorgen kamen wieder in ihm hoch. Er musste sich beweisen, dass er Erfolg hatte und noch mehr Erfolg haben konnte.
Vielleicht hatte Karen recht damit, dass sie nicht mit ihm gehen wollte. Möglicherweise stimmte es, und er musste ihr und der Welt beweisen, dass er seine Ziele erreichen konnte.
Saul zog ohne Karen nach London, und ein halbes Jahr später reichte sie die Scheidung ein. „Unsere Ehe ist schon seit langer Zeit gescheitert“, teilte sie ihm gelassen mit, als sie ihm zu Weihnachten von ihrer Absicht erzählte. Am Heiligabend war Saul nach Hause geflogen. Das Haus in Westchester, in das sie gezogen waren, als Saul die Gewinnbeteiligung des ersten Jahres bekommen hatte, besaß eine lange von Beeten gesäumte Auffahrt und lag von der Straße zurückgesetzt. Das Gebäude war im 1920 im Tudorstil erbaut worden und von Efeu umrankt. Sobald man sich dem Haus näherte, ging die dezente Außenbeleuchtung an. In der Eingangshalle stand ein großer Weihnachtsbaum, der traditionell in Rot und Gold geschmückt war. Unzählige kleine weiße Lampen beleuchteten ihn, und Seidenbänder waren um die Äste geschlungen. Der dicke rote Teppich verlieh der Halle Wärme, und zu beiden Seiten des Eingangs hingen geschmackvoll gemusterte Vorhänge. Im Kamin brannte ein Holzfeuer.
Die Luft im Raum war von Düften und Gewürzen erfüllt. Es roch nach Weihnachten, und dennoch fühlte Saul eine Kälte, als er das Haus betrat. Dieses eisige Gefühl tief drinnen ließ ihn wieder an seine Kindheit zurückdenken und sich an die widersprüchlichen Empfindungen erinnern, die ihn erfüllt hatten, wenn sein Vater ihm von der Bedeutung des Erfolgs erzählt hatte.
Beim Abendessen war Josey abweisend und wandte sich zunächst immer an ihre Mutter, bevor sie eine von Sauls Fragen beantwortete. Selbst der kleine Tom streckte nicht die Ärmchen aus, um von seinem Vater gehalten zu werden.
Als Saul den Teller von sich schob, obwohl er kaum etwas gegessen hatte, hob Karen fragend die Augenbrauen und presste die Lippen missbilligend aufeinander. Er schüttelte den Kopf. Der Appetit war ihm vergangen, er kam sich wie ein Fremder, ein Eindringling vor. Die Puppe, die er in London als Geschenk für Josey gekauft hatte, kam ihm jetzt als viel zu unpersönlich vor für dieses zurückhaltende Mädchen, das ihn so kühl und aufmerksam beobachtete. Und für die Eisenbahn war Tom noch viel zu jung, um sich darüber zu freuen. Saul erkannte, dass er wahrscheinlich nicht dabei sein würde, wenn Tom das erste Mal damit spielte. Bei diesem Gedanken wurde er zutiefst unglücklich.
„Onkel Richard hat gesagt, dass er am Dienstag mit mir in den Park geht“, sagte Josephine zu ihrer Mutter. „Er sagt, du sollst nicht vergessen, dass er dich abholen will, um mit dir zu den Feldmans zu gehen.“
Karen errötete leicht, während sie Sauls Teller nahm und in die Küche trug. Sie war immer noch zu dünn und hatte ihr früheres Gewicht nie wiedererlangt. Durch den Sport, den sie regelmäßig betrieb, hatte sie eine sehnige Beweglichkeit erlangt, die Saul irgendwie bedrückend fand. Während er sie betrachtete, verglich er ihren fast knabenhaften Körper mit der sinnlichen Weichheit des Mädchens, als das er sie kennengelernt hatte.
Sie trug ihr Haar anders und hatte auch ihr Make-up verändert. Fast erschrocken stellte er fest, dass sie jetzt mehr wie eine Amerikanerin als wie eine Britin aussah. Sie hatte diese Einzigartigkeit verloren, durch die sie sich einst so deutlich hervorgehoben hatte. Ihre Seidenbluse und der schlichte Designerrock sowie die leicht gebräunte Haut gaben ihr das Aussehen einer Frau, die viel Zeit und Geld für ihr Äußeres verwendet. Sie sah gepflegt aus, und für Sauls Geschmack zu gepflegt. Es war ihm unmöglich, sich vorzustellen, mit dieser Frau ins Bett zu gehen und zu schlafen. Ganz ohne Zweifel würde es ein kühler, gefühlloser Vorgang sein, eine Art Pflichterfüllung, nach der sie sich ins Bad zurückziehen und die Zeichen der Körperlichkeit wegwaschen würde.
Saul wurde von einem Gefühl der Enttäuschung erfüllt. Er war bedrückt und empfand den Schmerz, versagt zu haben.
Karen sprach darüber, mit den Kindern während der Weihnachtsferien nach Aspen zu fahren. Stirnrunzelnd setzte Saul zu einer Erklärung an, dass er wahrscheinlich nicht die Zeit hätte, mit ihnen mitzukommen. Er müsse noch vor
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