Spiel um Sieg und Liebe
Luft an. Sie kannte ihn nur zu gut. Er war drauf und dran, die Kontrolle zu verlieren und so zu reagieren wie früher. Mitten in der Bewegung hielt er inne. Noch ein Blick auf den Schiedsrichter, dann drehte er sich um und ging zurück zur Grundlinie. Geduckt wie eine Katze erwartete er Chucks Aufschlag. Amy atmete auf.
Chuck schenkte ihm nichts, aber schon sehr früh war klar, dass er gegen einen so kraftvoll aufspielenden Tad keine Chance hatte. Er wehrte sich mit all seiner Erfahrung, versuchte Tad auszutricksen, aber am Ende war es immer wieder er, der einem Ball nachsehen musste.
Amy spürte einen körperlichen Schmerz, wenn sie daran dachte, dass er für sie verloren war. Tad hatte sie aus seinem Leben verbannt, und es gab keine Anzeichen, dass er seine Meinung ändern würde.
Sie seufzte und bedeckte ihr Gesicht mit beiden Händen. Plötzlich hob sie den Kopf. Sie starrte auf den Bildschirm, wo die Kamera jetzt nahe an Tad heranfuhr und sein Gesicht aufnahm. War sie nicht dabei, wieder den gleichen Fehler zu machen? Sie sah in seine dunklen Augen, die jetzt kalt und voll konzentriert blickten.
Nein, so einfach würde sie diesmal nicht aufgeben. Amy reckte die Schultern und sprang auf. Sie wollte nicht kampflos aus Tads Leben verschwinden. War sie nicht immer stolz darauf gewesen, niemals aufzugeben? Und jetzt, wo es um ihre Liebe ging, um ihr ganzes weiteres Leben, das ohne Tad öd und leer vor ihr lag, wollte sie auch nicht damit anfangen.
Sie schaltete den Fernseher aus. Genau in diesem Augenblick klopfte jemand an die Tür. Amy machte auf – und erstarrte.
»Dad!«
»Amy.« Jim streckte ihr nicht die Hand entgegen, sein Gesicht war ausdruckslos. »Darf ich hereinkommen?«
Er hat sich überhaupt nicht verändert, dachte Amy. Immer noch sehr schlank, fast wie zu seiner Wettkampfzeit, mit hoch erhobenem Kopf und gestrafften Schultern stand er vor ihr. »Oh, Dad, ich freue mich so, dich zu sehen.« Amy griff nach seiner Hand und zog ihn ins Zimmer. »Setz dich bitte. Soll ich dir etwas zu trinken bestellen? Einen Kaffee vielleicht?«
»Nein.« Jim setzte sich in den Sessel und sah seine Tochter an. Sie war schlanker geworden, und sie wirkte sehr nervös. Fast so nervös, wie er selbst es war. Seit Tads Anruf hatte er an nichts anderes mehr denken können. »Amy …« begann er zögernd. »Ich wollte dir sagen, dass ich stolz auf dich bin. Du hast in dieser Saison sehr gut gespielt.«
»Danke.«
»Bei deinem letzten Spiel, da war ich ganz besonders stolz auf dich«, sagte er leise.
Amy lächelte traurig. Wie typisch für ihn, dass er als Erstes von Tennis sprach. »Ich habe verloren, Dad.«
»Aber du hast gekämpft«, widersprach er. »Bis zum letzten Punkt hast du gekämpft. Ich glaube, es ist nur sehr wenigen aufgefallen, wie schlecht du dich gefühlt hast.«
»Als ich erst einmal auf dem Platz stand …«
»Hast du dich nicht mehr schlecht gefühlt«, unterbrach er sie. »Ich weiß. Das ist das, was ich dir jahrelang eingehämmert habe, nicht wahr?«
»Ja, Stolz und sportliches Verhalten«, antwortete sie und wiederholte damit die Worte, die sie unzählige Male von ihrem Vater gehört hatte.
Jim schwieg und sah sie an. Amy war immer meine Prinzessin, dachte er, meine hübsche, erfolgreiche Prinzessin.
»Ich habe nicht damit gerechnet, dass du kommen würdest«, unterbrach sie seine Gedanken.
»Ich hatte eigentlich auch nicht vor zu kommen.«
Wenn sie diese Antwort verletzte, so zeigte sie es nicht. »Und warum hast du deine Meinung geändert?«
»Da gibt es mehrere Gründe – vor allem aber dein letztes Spiel.«
Amy stand auf und ging hinüber zum Fenster. »Dann habe ich also erst verlieren müssen, damit du wieder mit mir sprichst.« Aus ihrer Stimme klang Bitterkeit, und sie gab sich auch keine Mühe, sie zu unterdrücken. »All die Jahre habe ich dich so nötig gebraucht, Dad. Ich habe so sehr darauf gehofft, dass du mir verzeihen würdest.«
»Es war schwer für mich, Amy.« Jim stand auf und machte einige Schritte auf sie zu.
»Es war auch schwer für mich, zu verstehen, dass meinem Vater die Sportlerin wichtiger war als das Kind«, sagte sie leise.
»Das ist nicht wahr.«
»Wirklich nicht?« Amy drehte sich herum und sah ihn an. »Du wolltest nichts mehr mit mir zu tun haben, weil ich meine Karriere aufgegeben hatte. Und obwohl ich niemanden außer dir hatte, hast du nicht die Hand ausgestreckt.«
»Ich habe versucht, damit fertig zu werden, Amy, mich damit abzufinden, dass
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