Spiel ums Glueck
einnehmen, vermag mehr Leben, die auf Messers Schneide stehen, zu verändern - nein, zu ret-ten! als Sie es sich vorstellen können. Wie stolz Ihr Vater auf Sie drei wäre!“
Leben, die auf Messers Schneide stehen, verändern und retten. Mrs Barneys Worte hallten noch in Cassias Ohren nach, als die Mietkutsche vorfuhr, um sie nach Hause zu bringen - fort von dem Armenviertel, zurück in die elegante Wohngegend der St. James Street.
Nach ihrem Gespräch mit Mr Blackley hatte sie sich gefragt, wie viel ihr der Weg, den sie eingeschlagen hatte, wirklich bedeutete. Und es hatte ihr gutgetan, sich an die wahren Werte im Leben zu erinnern, um Abstand zu gewinnen von dem verlockenden Angebot, das Mr Blackley ihr so entschlossen eröffnet hatte.
Cassia legte eine Hand auf das schmale Brett unter dem Kutschenfenster und beobachtete geistesabwesend ein paar Passanten, die die Straßenseite wechselten. Sie seufzte. Blackley selbst war eine Versuchung, obwohl sie nicht wusste, weshalb sie für ihn so empfänglich war. Dabei hatte sie andere Gentlemen kennengelernt, die charmanter waren und attraktiver - und bestimmt um einiges besser erzogen. Immerhin zählte sie zwanzig Jahre und war kein argloses Schulmädchen mehr. Und sie lernte täglich dazu, wenn sie die Abende in den Salons von „Penny House“ verbrachte.
Dennoch konnte Mr Blackley über seine zukünftige Braut und sein heruntergekommenes Anwesen erzählen, ohne dass seine Anziehungskraft auf sie geringer wurde - im Gegenteil, sie fühlte sich stärker zu ihm hingezogen denn je.
Kaum dass die Droschke vor „Penny House“ angehalten hatte, stieg sie aus, ohne auf den Lakai zu warten, eilte die Stufen zum Eingang hinauf und durchquerte, nachdem man ihr geöffnet hatte, mit wehenden Röcken das Entree. Mrs Barney hatte gesagt, ihr, Cassias, Platz sei hier, um dafür zu sorgen, dass der Club und damit ihr eigentliches Vorhaben, die Arbeit des Vaters fortzuführen, Erfolg zeitigen würde. Nun, dann soll es so sein, entschied Cassia im Stillen. Ich werde dafür sorgen, dass heute Abend ...
„Miss Cassia!“ Pratt kam aus dem Salon auf sie zugeeilt und strahlte übers ganze Gesicht. „Wir sind eben mit dem Aufhängen fertig geworden.“
„Mit dem Aufhängen?“ Sie blieb stehen und zog sich stirnrunzelnd die Handschuhe aus. „Wovon reden Sie, Pratt? Oder sind Sie plötzlich zum Scharfrichter avanciert und führen in unserem Hause die Hinrichtungen durch?“
Er lachte und rieb sich die knochigen Hände. „Sie haben uns ordentlich zum Narren gehalten, Miss Cassia! Behaupten einfach, dass Sie das Bild nicht ersteigert hätten, während bei ,Christie’s“ bereits daran gearbeitet wird, das Gemälde ordentlich zu rahmen, bevor man es uns liefert!“ „Pratt, ich weiß nicht, wovon Sie reden“, erwiderte Cassia, obwohl sie ahnte, was geschehen sein musste. Hastig schritt sie auf die hohe Flügeltür zu, öffnete sie und trat in das große Gesellschaftszimmer. Dort, über dem Kamin, hing „Die Wahrsagerin“, genau an dem Platz, den sie für das Bild vorgesehen hatte.
„Es macht sich wirklich hervorragend an dieser Stelle, Miss Cassia“, sagte Pratt, der ihr auf dem Fuß gefolgt war. „Die Gentlemen werden amüsiert sein über das Sujet. Sie verfügen in der Tat über das richtige Gespür, welches Kunstwerk an welchem Ort am besten zur Geltung kommt. Und ...“ „Wurde es mit einer Nachricht angeliefert, Pratt?“, erkundigte sie sich überflüssigerweise, denn die Antwort kannte sie bereits. Oh, wie konnte dieser unmögliche Mr Blackley mir das nur antun! dachte sie wütend. Offenbar war nichts von dem, was sie ihm im Park hatte verständlich machen wollen, zu ihm durchgedrungen. Glaubte er tatsächlich, dass er sie umstimmen konnte, indem er ihr einfach das Gemälde schenkte? „Eine Empfehlung von Mr Christie?“
„Nein, Miss.“ Pratt blickte sie verwirrt und zugleich besorgt an. „Der Mann, der es gebracht hat, sagte nur ...“
„Oh, der Mann, der es gebracht hat, soll auch zum Teufel gehen! “ Sie zeigte auf das Bild und kniff die Augen zusammen. „Bitte lassen Sie es von der Wand entfernen, Pratt - sofort!“
„Sehr wohl, Miss Cassia.“ Der Geschäftsführer nickte einem jungen Lakai zu, der in der Tür erschien. „Wo möchten Sie es aufgehängt haben?“
Im Salon seines Besitzers. Das allerdings sagte Cassia lieber nicht laut. „Ich ... das heißt, wir ... wir werden das Bild nicht behalten, Pratt, weil es mir ... uns nicht gehört. Es
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