Spiel unter Freunden
Verständnis
dafür, dass Ehe und Freundschaft die Präsentation solcher
Bilder durchaus erklären könnten, so wie Eltern die
Wachskreidezeichnung eines geliebten Kindes am Kühlschrank zur
Schau stellen, aber völlig unerklärlich war ihm, dass
diese renommierte Galerie einer so gefühllos kalten Malerei
eine ganze Ausstellung widmen konnte.
Im Geiste
entschuldigte er sich bei Vermeer und van Gogh, den Meistern in
Licht und Farbe, dass man in der Welt von heute nicht mehr das
Genie zu würdigen wusste, sondern nur noch der schicken Mode
huldigte.
Die
Monkeewrench-Truppe war im schwarzen Meer aus Modebeflissenen kaum
zu übersehen. Grace MacBride und Harley Davidson, im Moment in
ein Privatgespräch verwickelt, entsprachen am ehesten dem
Erscheinungsbild der Mehrheit aller Galeriebesucher. Beide
hätten als Kunstliebhaber oder eher noch Künstler
durchgehen können, sie in ihrem langen schwarzen Staubmantel,
er in genügend schwarzem Leder, um ein Rodeo
auszustatten.
Annie stand ein paar
Schritte abseits und erwehrte sich kokett der Flirtversuche eines
attraktiven jungen Mannes in einem schick altmodischen Smoking.
Irgendwie hatte sie die Zeit und auch das passende
Kleidungsstück gefunden, um sich wundersam in einen
Schmetterling zu verwanden, dessen Auftritt in durchsichtigem und
von Hand bemaltem Chiffon halbwegs dem Anspruch der Veranstaltung
entgegenkam.
Magozzi erinnerte sich
daran, was Espinoza über ihren Etat für Kleidung gesagt
hatte, und das wollte er gern glauben.
Roadrunner, den
offenbar die Überbeanspruchung seiner Sinne quälte, hing
vor einer entfernten Wand herum, wie immer in Lycra, wenn auch
diesmal dem Anlass entsprechend in Schwarz, und trat leicht genervt
von einem Fuß auf den andern. Zum Gruß bewegte er die
Finger einer Hand.
Mit ehrlich
empfundener Sympathie schüttelte Gino den Kopf. «Der
arme Kerl kommt wir vor wie eine Antilope unter einem Rudel
Löwen.»
«Wo ist denn
Mitch?» Gino hörte ihn nicht. «Annie ist die
einzige, die so aussieht, als würde sie Spaß
haben», seufzte er.
«Ich glaube, sie
hat immer Spaß. Und Mitch der fehlt als
Einziger.» Gino riss sich von Annies Anblick los und deutete
mit angewinkeltem Daumen auf einen weiß gedeckten Tisch, der
mit Sushi und Blumengestecken beladen war. «Dort ist er
doch.» Jetzt sah Magozzi ihn auch. Er stand neben einer hoch
gewachsenen blonden Frau in einem weißen Seidengewand. Es
stand außer Frage, dass es sich um die Künstlerin
handelte bewundernde Fans umringten sie und wetteiferten
darum, Gehör zu finden. Huldvoll widmete sie sich ihnen allen
und schaffte es gleichzeitig auch noch, ihren Ehemann zu
verhätscheln wie ein Schoßhündchen.
Das war also Diane
Cross. Die Künstlerin, der Star und allem Anschein nach auch
eine Ehefrau, die ganz vernarrt war in ihren Mann. Vielleicht nicht
direkt eine atemberaubende Zehn auf der Skala, aber doch sehr
attraktiv auf jene blühende und athletische Art, die im
Mittelwesten als erstrebenswert gilt.
Die junge Frau, von
der sie begrüßt worden waren, tauchte wie durch ein
Wunder mit einer neuen Flasche Champagner auf. «Sehen Sie
mich nicht so erstaunt an», sagte sie lachend und füllte
ihre Gläser. «Ich hab Ihnen doch versprochen, dass ich
komme, sobald Ihre Gläser leer sind.»
«Dann auf Ihr
Wohl», sagte Gino. «Meinen Sie, Sie könnten auch
meinem Freund nachschenken? Dem langen, dünnen Mann da
drüben?»
«Sicher.»
Sie entfernte sich in Roadrunners Richtung, und Gino zwinkerte
Magozzi zu.
«Ich werd mich
mal da rüber begeben und nachfragen, ob Superfreak Glück
beim Aufspüren des E-Mail-Absenders gehabt hat.»
Roadrunner reagierte fast dankbar, als Gino sich ihm näherte.
Dann aber verzog sich sein Gesicht, weil er sich wohl daran
erinnerte, auf wessen Seite er zu stehen hatte.
«Detective», sagte er
argwöhnisch.
«Sie sehen so
aus, als würden Sie sich hier nicht wohler fühlen als
ich.» Roadrunner ließ sein Glas nervös zwischen
den Fingern wandern. «Könnte angehen.»
«Irgendwelche
Fortschritte bei den E-Mails?»
«Nein.»
Misstrauisch kniff er die Augen zusammen.
«Machen Sie
jetzt etwa auf guter Cop?» Gino lachte. «Nein, ich bin
immer der böse Cop. Aber ich bin eigentlich gar nicht im
Dienst. Von nun an bekommen Sie alle Ihren persönlichen
Polizeischutz mit freundlicher Unterstützung des Police
Department von Minneapolis. Und wir springen nur in diesem Moment
ein, bis Leute für die Spätschicht eingeteilt worden
sind.» Roadrunner
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