Spiel unter Freunden
Magozzi aufmerksam um. Hinten in einer
abgetrennten Nische saß Johnny McLaren mit einem Telefon am
Ohr; ansonsten war der Raum menschenleer. «Wo, zum Teufel,
sind denn alle?» Gloria warf ihm einen ungnädigen Blick
zu. «Könnte nicht schaden, wenn du ab und zu mal den
Funk abhören würdest.
An der 37th gibt es
einen ganz üblen Familienstreit ein Typ, der seine Ex
und drei Kinder mit der Schrotflinte bedroht und dazu noch so
ungefähr eine Million Notrufe. In unserer Stadt brodelt es
heute wie im Hexenkessel. Ständig rufen Leute an, die
bewaffnete Fremde gesehen haben wollen.»
«Scheiße.
Ich brauch aber Helfer, die an diesen Listen arbeiten.»
Gloria blickte über die Schulter auf die Besucher aus
Kingsford County. «Wären das da keine Helfer?
Können Leute aus Wisconsin eigentlich lesen?» Bonar trat
grinsend vor. «Ich kann lesen, wenn ich neben Gloria sitzen
darf.» Sie verbiss sich das Lächeln unter orangefarbenen
Lippen und beschäftigte sich wieder mit dem
Faxgerät.
Gino kam an den Tisch,
sein Handy ans Ohr gepresst. Er sah auf die Listen und schnitt eine
Grimasse. «Himmel, sind das viele Namen. Das kann ja ewig
dauern.» Magozzi fragte: «Mit wem redest du da
eigentlich?»
«Becker. Er hat
Garfield bei der Beschattung von MacBride abgelöst. Sie ist
jetzt im Büro von Monkeewrench, wie die anderen anscheinend
auch. All unsere Wagen parken draußen, sieht aus wie 'n
verdammter Polizeikongress … ja, Becker, ich bin noch
dran.» Er hörte kurz zu und verdrehte dabei die Augen.
«Okay, okay, bleiben Sie da, zusammen mit einem weiteren
Wagen. Schicken Sie den Rest nach Hause … großer Gott,
Becker, ist mir doch egal, suchen Sie einfach einen aus.» Er
klappte das Handy zu. «Mann, was für ein
Korinthenkacker.
Wer ist dieser Becker
eigentlich?»
«Den kenn ich
auch nicht.»
«Hört sich
an wie'n Zwölfjähriger. Hat bei den Monkeewrench-Leuten
nachgefragt. Die bleiben alle an Ort und Stelle, bis auf Cross.
Also hab ich einen Wagen dort gelassen, um ihn zu überwachen,
und Becker bleibt beim Lagerhaus.»
«In Ordnung.
Für diese Listen brauchen wir auf jeden Fall zusätzliche
Hilfe. Meinst du, du kriegst jemanden dazu, die Kaffeetanten von da
unten herzuschicken, damit sie uns helfen?» Gino war sofort
Feuer und Flamme. «Ich wette, die bringen sogar Kaffee
mit.»
«Da bin ich
sicher.» Bonar blickte mit angewidertem Gesicht auf den
Becher, den er mit Kaffee aus der schmutzigen Kanne des
Morddezernats gefüllt hatte. «Kann nur hoffen, dass die
nicht für diese Brühe verantwortlich
sind.»
«Ach,
Bonar.» Gino schenkte ihm ein wohlwollendes Lächeln.
«Komm mit, mein Sohn. Ich werde dich in den Himmel
führen. Und im Gegensatz zur verbreiteten Meinung befindet
sich der ganz unten …» Sharon blätterte in dem
Papierstapel auf dem Tisch. «Sie meinen also, Sie haben genug
Hilfe bei den Listen?», fragte sie Magozzi.
«Sind Sie
irgendwo verabredet?»
«Na ja, ich
dachte … Sie lassen die gesamte Monkeewrench-Crew
überwachen, stimmt's?»
«Ja, seit
gestern Abend.»
«Um die Leute zu
schützen, oder weil sie verdächtig
sind?»
«Beides.»
«Besteht
vielleicht die Möglichkeit, dass ich die Leute mal besuche und
kurz mit ihnen rede, um mir ein besseres Bild zu machen …
?» Magozzi sah sie fragend an. «Sie meinen, Sie
können einen Zwitter auf Anhieb erkennen?» Sie
schüttelte ungeduldig den Kopf. «Natürlich nicht.
Aber ich versteh mich ganz gut darauf, Psychopathen zu erkennen.
Hab schließlich über zweihundert davon für meine
FBI-Abhandlung interviewt.» Magozzi sah über ihren Kopf
hinweg zu Sheriff Halloran, der sich alle Mühe gab, seine
Beunruhigung zu verhehlen. «Sie ist Ihr Deputy also ist
es Ihr Bier, Sheriff.» Hallorans Kiefer mahlten, und seine
Stirn bekam tiefe Falten. Er sah Magozzi an, nicht Sharon.
«Ich hab diese Woche schon einen Deputy verloren. Deswegen
bin ich nicht gerade scharf darauf, einen weiteren in Gefahr zu
bringen, wenn es nicht unbedingt nötig ist.»
«Ich geh nur
kurz rein und bin dann gleich wieder weg», sagte Sharon.
«Und Sie haben doch noch andere Beamte vor Ort, oder?»
Magozzi nickte. «Direkt draußen vor dem
Gebäude.»
«Was Ihnen
verdammt wenig nützen wird, wenn Sie drinnen mit einem Killer
eingeschlossen sind», sagte Halloran.
Sie schloss die Augen
und seufzte. «Erstens weiß ich mich durchaus zu wehren,
und zweitens haben Sie doch gehört, dass Gino sagte, sie sind
alle dort versammelt. Alle fünf. Auch
Weitere Kostenlose Bücher