Spiel unter Freunden
das reine Gift auf den Markt?»
Schuldbewusst legte er den Twinkie beiseite. «Das stimmt
auch, aber ich war hungrig. Im Food and Fuel gibt's keine
große Auswahl an Food, und ich hatte nicht die Zeit, woanders
einzukaufen.» Er beäugte ihre Aufmachung. «Du
siehst aus wie ein Baum.»
«Mit dieser
Ehrlichkeit findet du nie eine Frau.» Sie kramte in der
Tüte und klatschte ihm eine Kirschtasche auf den
Tisch.
«Wenn du dich eh
mit Zucker und Fett vergiften willst, dann verzichte wenigstens auf
die Konservierungsstoffe. Wusstest du etwa nicht, dass die Russen
Twinkies benutzt haben, um Stalin zu konservieren?»
Roadrunner grinste sie hinterlistig an und griff zur Kirschtasche.
«Danke, Annie. Du siehst aus wie ein hübscher
Baum.»
«Nein, nein
zu wenig, zu spät.»
«Wo sind denn
die anderen alle?»
«Harley ist mal
eben runter zur Liquor World, um was Alkoholisches gegen seinen
Kater zu besorgen. Grace ist mit ihm gegangen.»
«Wie geht es
ihr?» Annie klickte mit der Zunge gegen die Zähne.
«Okay, glaub ich, in Anbetracht der Umstände. Aber sie
will nicht weg.» Roadrunner reagierte bestürzt.
«Aber wir müssen hier weg.
Darüber waren wir
uns alle einig.»
«Wir waren uns
einig. Grace war nur einverstanden, dass wir uns treffen und
darüber reden, sonst nichts. Sie wird hier nicht weggehen,
Roadrunner. Sie will diesmal nicht davonlaufen.»
«Mann, Annie, er
steht doch bereits vor ihrer Hintertür.
Daran gibt es doch
keinen Zweifel, oder? Das ist der Kerl er ist wieder da. Und
schon ganz schön nah. Großer Gott, sie darf nicht
bleiben.»
«Beruhige dich.
Ich hab mit Mitch gesprochen. Er ist auf dem Weg hierher. Wenn wir
alle beisammen sind, finden wir schon einen Weg, sie zu
überreden.» Ein paar Minuten später kam der Aufzug
angerumpelt, und Mitch stieg aus. Er blickte wirr in die Gegend und
sah schlimmer aus, als man ihn je gesehen hatte.
«Mein Gott,
Mitchell, was ist denn mit dir los?», fragte
Annie.
Mit offenem Mund
starrte er sie an. «Soll das ein Witz sein?
Meinst du, abgesehen
davon, dass ein Killer hinter Grace her ist, die Firma kurz vor dem
Bankrott steht und wir alle verschwinden müssen, um irgendwo
wieder ganz von vorne anzufangen?»
«Genau
abgesehen davon.» Mitch ließ sich auf einen Stuhl
fallen und schlug die Hände vors Gesicht. «Mist. Ich hab
Diane erzählt, dass wir überlegen, von hier fortzugehen,
und sie ist ausgerastet. Ihr könnt euch vorstellen, was das
für sie bedeuten würde, oder? Sie müsste zu malen
aufhören. Sie hat gerade den Höhepunkt ihrer Karriere
erreicht, ihre Bilder hängen überall auf der Welt, und
jetzt soll sie auf einmal vom Erdboden verschwinden und das alles
aufgeben?» Sie blieben einen Moment lang stumm. Roadrunner
war es, der schließlich das Wort ergriff. «Weißt
du, Mitch … du musst doch gar nicht mitkommen. Du bist
verheiratet. Du hast Verpflichtungen, die wir anderen nicht haben.
Für dich sollte deine Familie an erster Stelle stehen.»
Mitch sah ihn entgeistert an. «Das hier ist meine
Familie. Ist schon immer meine Familie gewesen. Wenn Grace geht,
wenn ihr anderen geht, gehe ich auch.» Er presste die
Handballen in die Augen. «Ich fass es einfach nicht, was das
alles für eine verfluchte Scheiße ist. Ich sollte
eigentlich gar nicht hier sein.
Ich hab Diane
versprochen, heute nicht herzukommen. Ich hab ihr mein verdammtes
Wort gegeben. Und kaum war sie zur Galerie gefahren, hab ich mich
davongeschlichen wie ein kleiner Junge, VERDAMMT!»
«Nun beruhige
dich doch, Mitch», sagte Roadrunner. «Sonst kriegst du
noch einen Herzschlag.»
«Das Glück
hab ich bestimmt nicht. Jedenfalls kann ich nicht lange bleiben.
Ich muss vor Diane wieder zu Hause sein.
Wo sind eigentlich
Grace und Harley?» Der Fahrstuhl wurde gerufen und machte
sich auf den Weg nach unten. «Das sind sie», sagte
Annie. Und bevor sie hier oben ankommen, solltest du wissen, dass
Grace gesagt hat, sie will nicht fortgehen.» Eine Art
Vollversammlung wie diese hatten sie schon einmal gehabt, erinnerte
sich Grace. Nur standen damals die anderen um ihr Krankenhausbett
in der Psychiatrie des Atlanta General.
Sie war noch jung
gewesen, vor Angst fast durchgedreht und gleichzeitig weit
weggetreten durch die Tranquilizer, die aus dem Tropf in ihre Vene
rannen. Das Bild, wie Libbie Herold auf der anderen Seite der
Wandschranktür verblutete, wollte ihr einfach nicht aus dem
Kopf gehen. In jenem damaligen Zustand wäre sie wahrscheinlich
gehorsam mit
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