Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spielen: Roman (German Edition)

Spielen: Roman (German Edition)

Titel: Spielen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
Vom Netzwerk:
er sich einfallen lassen mochte.
    Ohne weitere Diskussionen gingen wir die Straße hinauf. An manchen Stellen hatte das Wasser Teile des Straßenbelags mitgerissen, an anderen Stellen war die Schotterpiste von langen Rinnen durchzogen. Wir blieben eine Weile stehen und pressten die Fersen in eine besonders nasse Stelle, so dass der feuchte Kies am Stiefelrand hochquoll, was sich gut anfühlte. Ich fror ein wenig an den Händen. Als ich sie drückte, hinterließen die Finger weiße Abdrücke im Roten. Die Warzen, drei auf dem einen Daumen, zwei auf dem anderen, eine auf dem Zeigefinger und drei auf dem Handrücken, veränderten ihre Farbe dagegen nicht, sie waren wie immer blässlich braunrot und voller kleiner Pünktchen, die man abkratzen konnte. Dann gelangten wir auf den anderen Teil der Wiese, die an der Feldmauer und dem Wald dahinter endete, sie wurde sozusagen von einem längs verlaufenden, fichtenbewachsenen Höhenrücken eingerahmt, der ziemlich steil und vielleicht zehn Meter hoch war und aus dem an manchen Stellen nackte Felsen ragten. Wenn ich hier oder an ähnlichen Orten unterwegs war, erfreute mich häufig der Gedanke, dass die Landschaft jener am Meer ähnelte, dass die Wiese wie die Meeresfläche war, aus der Berge und Inseln aufstiegen.
    Oh, wenn man doch nur mit einem Boot durch den Wald segeln könnte! Wenn man doch nur zwischen diesen Bäumen schwimmen könnte! Das wäre etwas gewesen!
    Bei schönem Wetter fuhren wir des Öfteren zur Seeseite der Insel, parkten den Wagen auf dem alten Schießplatz und gingen zu den flachen Uferfelsen hinunter. Dort hatten wir eine feste Stelle, die nicht sehr weit vom Strand entfernt in Spornes lag, wo ich natürlich am liebsten schwimmen gegangen wäre, weil dort das Ufer sandig und flach war und ich so weit hinauswaten konnte, wie es mir gefiel. An den Felsen wurde das Wasser dagegen sofort tief. Es gab dort allerdings eine kleine Einbuchtung, eine Art schmale, mit Wasser gefüllte Spalte, in die man hineinklettern konnte, dort konnte man baden, aber sie war klein, und der Grund war uneben und mit Meereicheln, Tang und Muscheln bedeckt. Draußen schlugen die Wellen gegen die Felsen, woraufhin das Wasser innerhalb der Einbuchtung anstieg, so dass es einem manchmal bis zum Hals stand und die Styroporteile meiner Schwimmweste bis zu den Ohren angehoben wurden. Die steilen Wände verstärkten das Gurgeln und Schwappen und ließen es irgendwie hohl klingen. Verängstigt stand ich da und konnte nur noch heftig und bebend nach Luft schnappen. Genauso unheimlich war es, wenn sich die Wellen zurückzogen und der Wasserpegel im Becken mit einem schlürfenden Laut wieder sank. Wenn das Meer spiegelglatt lag, blies Vater manchmal die gelbgrüne Luftmatratze auf, auf der ich in Ufernähe schaukelnd liegen durfte, mit der nackten Haut am nassen Plastik klebte und mit trockenem und warmem Rücken in der prallen Sonne mit Hilfe kleiner Handbewegungen durch das Wasser plantschte, das so frisch und salzig war, und den Tang beobachtete, der auf dem Felsen, an dem er wuchs, bedächtig hin und her wogte, oder nach Fischen oder Krabben Ausschau hielt oder einem Schiff in der Ferne hinterherspähte. Am Nachmittag traf die Dänemarkfähre ein, wenn wir ankamen, sahen wir sie am Horizont, und wenn wir aufbrachen, fuhr sie direkt vor unseren Augen durch den Sund, brütend weiß und mächtig zwischen flachen Felseilanden und Schären. War es die Venus? Oder die Christian Quart? Kinder an der gesamten Süd- und Westseite der Insel und wahrscheinlich auch die Kinder, die auf der anderen Seite des Galtesunds wohnten, auf der uns fremden Insel Hisøy, gingen schwimmen, wenn sie einlief, denn die Wellen ihres Kielwassers waren groß und berühmt berüchtigt. Als ich an einem solchen Nachmittag auf meiner Luftmatratze lag und umherpaddelte, veranlassten mich die plötzlichen Wellen, mich halb aufzurichten, woraufhin ich ins Wasser fiel. Ich sank wie ein Stein. Das Wasser war an dieser Stelle ungefähr drei Meter tief. Ich schlug mit Armen und Beinen um mich, schrie in Panik und schluckte Wasser, wodurch sich meine Angst noch zusätzlich steigerte, die jedoch nicht länger als höchstens zwanzig Sekunden währte, da Vater alles gesehen hatte. Er sprang ins Wasser und zog mich an Land. Ich würgte etwas Wasser hoch und fror ein wenig, und wir fuhren nach Hause. Es war nie wirklich gefährlich gewesen und hinterließ keinerlei Spuren in mir, abgesehen von dem Gefühl, das mich erfüllte, als ich

Weitere Kostenlose Bücher