Spielen: Roman (German Edition)
kehrten zurück. In die Sonne blinzelnd grüßten sie uns. Sie sahen sich so ähnlich wie Brüder.
»Macht ihr einen kleinen Ausflug, Jungs?«, fragte der eine. Er hatte rote, gelockte Haare unter einer blauen Schirm mütze, ein breites Gesicht und dicke Lippen mit einem buschigen Schnurrbart darüber, der ebenfalls rötlich war.
Wir nickten.
»Einen Ausflug auf die Müllhalde! Tja, ich muss schon sagen«, bemerkte der andere. Abgesehen von der Haarfarbe, seine waren blond, fast weiß, und der Oberlippe, die unbehaart war, glich er dem ersten Mann wie ein Ei dem anderen. »Und, wollt ihr da draußen eure Stullen essen? Auf dem Gipfel des Müllbergs da drüben?«
Sie lachten. Wir lachten auch kurz.
»Oder wollt ihr zugucken, wenn wir Ratten schießen?«, fragte der Erste.
»Ja, gern«, antwortete Geir.
»Dann müsst ihr euch aber hinter uns stellen. Das ist wichtig. Habt ihr verstanden? Und ganz still stehen, damit ihr uns nicht ablenkt.«
Wir nickten.
Diesmal legten sich beide hin. Lange blieben sie so liegen und rührten sich nicht. Ich versuchte zu sehen, was sie sahen, aber erst als die Schüsse knallten, erblickte ich die Ratte, die unmittelbar darauf wie von einem plötzlichen und ungeheuer heftigen Windstoß von der Erde gerissen wurde.
Sie standen auf.
»Wollt ihr mitkommen und sie euch ansehen?«, fragte der eine.
»Da gibt es doch nicht viel zu sehen!«, warf der andere ein. »Eine tote Ratte!«
»Also, ich möchte sie sehen«, meinte Geir.
»Ich auch«, sagte ich.
Aber die Ratte war nicht tot. Sie lag auf der Erde und wand sich. Der hintere Teil ihres Körpers war fast vollständig weggeschossen worden. Der eine Mann schlug ihr mit dem Schaft seines Gewehrs hart auf den Kopf, ein dumpfes, schmatzendes Knirschen ertönte, danach rührte sie sich nicht mehr. Er warf einen bekümmerten Blick auf den Schaft.
»Oh, warum habe ich das bloß gemacht«, sagte er.
»Wahrscheinlich wolltest du besonders cool sein«, meinte der andere. »Komm, lass uns gehen. Du kannst es beim Auto abwischen.«
Sie gingen wieder »an Land«, wir trotteten hinterher.
»Wissen eure Eltern eigentlich, dass ihr hier seid?«, erkundigte sich der eine.
»Ja«, antwortete ich.
»Gut«, sagte er. »Dann haben sie euch ja sicher auch gesagt, dass ihr hier nichts anfassen dürft, oder? Wisst ihr, hier ist nämlich alles voller Bakterien und anderem Dreck.«
»Ja«, sagte ich.
»Schön! Dann macht’s mal gut, Jungs!«
Ein paar Minuten später wurde unten auf der Straße ein Auto angelassen, und wir waren allein. Eine Zeitlang liefen wir nur herum und schauten uns Sachen an, leerten Müllsäcke und kippten Schränke um, weil wir sehen wollten, was sich hinter ihnen befand, und riefen uns dabei laufend zu, was wir fanden. Eine Tüte voller unbeschädigter, fast neuer Comichefte war mein größter Fund, es waren Ausgaben von Tempo und Bust , ein Tex-Willer -Taschenbuch und ein paar von diesen kleinen, länglichen Cowboyblättern aus den sechziger Jahren. Geir fand eine flache Taschenlampe, ein kleines Stickbild von einem Hirsch und zwei Kinderwagenräder. Als wir die Sucherei leid waren, setzten wir uns mit unseren Fundstücken ins Heidekraut und aßen unsere Brote.
Geir knüllte das Papier zusammen und warf es so weit, wie er konnte. Es sollte sicher irgendwo mitten auf der Müllhalde landen, aber genau in dem Moment wurde es von einem Windstoß erfasst und war so leicht, dass es nicht einmal ihren Anfang erreichte und stattdessen im Heidekraut landete.
»Was meinst du, wollen wir kacken?«, fragte er.
»Von mir aus«, erwiderte ich. »Und wo?«
»Weiß nicht«, sagte er und zuckte mit den Schultern.
Wir liefen ein wenig durch den Wald und schauten uns nach einer passenden Stelle um. Draußen auf der Müllhalde zu kacken erschien uns aus irgendeinem Grund unpassend, in meinen Augen wäre es irgendwie schmutzig gewesen, was eigentlich merkwürdig war, da es hier ja um Müll ging. Aber Müll, das waren glänzende Plastiktüten und Kartons, ausrangierte Weißwaren und Zeitungsstapel. Das Weiche und Klebrige war auf der Müllhalde eingepackt. Deshalb mussten wir in den Wald, um uns zu erleichtern.
»Guck dir mal den Baum da an!«, rief Geir.
Etwa zehn Meter vor uns lag eine große, entwurzelte Kiefer. Wir kletterten auf ihren Stamm, zogen unsere Hosen herunter, streckten den Hintern heraus und hielten uns dabei an Ästen fest. Als die Kacke herauskam, schwenkte Geir im selben Moment den Hintern, so dass sie irgendwie
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