Spielen: Roman (German Edition)
gab es ein Tor, das wir aufschoben, und dahinter befanden wir uns an einem Ort, an dem wir noch nie gewesen waren. Der Pfad lag im Schatten, zu beiden Seiten wuchsen hohe Bäume, und man hatte beinahe das Gefühl, in einen Tunnel zu gehen. Einige Meter weiter unten änderte er die Richtung, und dort glitzerte ein weißer Felshang im Sonnenlicht. Es war der Fels, von dem die Steine stammen mussten, auf denen wir gingen. Wir blieben davor stehen. Er war nicht zerklüftet und halb verrottet, wie manche der herausgesprengten, poröseren Felsen es manchmal waren, er war auch nicht sanft geneigt und leicht uneben wie die Uferfelsen und einige der nackten Felsbrocken, auf die man gelegentlich im Wald stieß, nein, dieser Fels war ganz glatt, fast wie Glas, und bestand aus vielen schräg verlaufenden Schichten. Waren wir auf eine Diamantenader gestoßen? Es sah fast so aus. Gleichzeitig lag das Gestein dafür zu nahe an unserer Siedlung, und es war undenkbar, dass wir etwas gefunden haben sollten, was niemand sonst entdeckt hatte. Das war uns durchaus bewusst, aber wir füllten unsere Rucksäcke trotzdem mit Steinen. Anschließend gingen wir weiter abwärts. Der Bach folgte dem Verlauf des Wegs, ganz oben floss er tief in einer klammähnlichen Furche, weiter unten, am Fuß des Hangs, fiel er in kleinen, rieselnden Terrassen abwärts. Wo der Bach ungefähr auf Höhe des Wegs floss, versuchten wir ihn aufzudämmen. Einen Stein nach dem anderen trugen wir zu ihm, stopften Moos in die Lücken zwischen den Steinen und hatten es nach etwa einer halben Stunde geschafft, das Wasser auf den Weg fließen zu lassen. Plötzlich hörten wir Schüsse. Wir sahen uns an. Dann nahmen wir unsere Rucksäcke und liefen weiter. Schüsse, waren hier etwa Jäger unterwegs? Etwa hundert Meter weiter wurde der Weg flacher. Er lag in einem tiefen, schwarzgrünen Schatten, den dichte Reihen großer Fichten warfen. Ungefähr hundert Meter weiter sahen wir vage eine asphaltierte Straße und blieben stehen, denn die Schüsse waren jetzt deutlicher zu hören und kamen von links. Wir gingen zwischen die Bäume, über die weiche Decke aus Heidelbeersträuchern, Heidekraut und Moos, eine sanfte Böschung hinauf, bis vor uns, etwa zwanzig Meter unterhalb, in der prallen Sonne ein riesiges, baumloses Gelände voller Müll lag.
Eine Müllhalde!
Eine Müllhalde im Wald.
Über dem hinteren Ende flogen Möwen. Sie schrien und kreisten über dem Müll, als wäre er ein Meer. Der Geruch, süß, aber gleichzeitig penetrant, stach uns in die Nase. Dann drangen erneut Schüsse an unser Ohr. Sie waren nicht laut, ihr Knall klang eher wie ein Knattern. Langsam gingen wir zum Rand der Müllhalde hinunter, und dort, einen Katzensprung weiter, erblickten wir zwei Männer, der eine stand neben einem Autowrack, der andere lag daneben. Beide hielten Gewehre in den Händen, die sie auf die Müllhalde gerichtet hatten und im Abstand von zwei Sekunden abfeuerten. Der Liegende stand auf, und daraufhin begaben sie sich mit den Gewehren in den Händen auf die Müllhalde. Wir gingen zu der Stelle, an der sie eben noch gestanden hatten. Zwischen den Müllhaufen, die sich wie Höhenzüge und Hügel vor uns erstreckten, verlief ein Gang, dem sie folgten. Sie waren gekleidet wie richtige Jäger, trugen Stiefel und Handschuhe. Sie waren erwachsen, aber nicht alt. Um sie herum sah ich Autowracks, Kühlschränke, Gefriertruhen, Fernsehapparate, Kleiderschränke und Kommoden. Ich sah Sofas, Stühle, Tische und Lampen. Ich sah Skier und Fahrräder, Angelruten, Kronleuchter, Autoreifen, Pappkartons, Holzkisten, Styroporbehälter und haufenweise dicke, ausbeulende Plastiksäcke. Vor uns lag eine Landschaft aus weggeworfenen Sachen. Der größte Teil dieser Landschaft bestand aus Tüten mit Essensresten und Verpackungen, Dinge, die jeder Haushalt täglich in die Mülltonne trug, aber in dem Teil des Geländes, vor dem wir nun standen und in den die beiden Männer gingen, etwa ein Fünftel des gesamten Areals, lagerten größere Gegenstände.
»Sie schießen Ratten«, sagte Geir. »Guck mal, da!«
Die Männer waren stehen geblieben. Der eine hob eine Ratte am Schwanz hoch. Ihre ganze Seite schien zerschmettert worden zu sein. Er schwang sie ein paar Mal im Kreis und ließ los, so dass sie durch die Luft flog, auf ein paar Beuteln landete und zwischen diese rutschte. Sie lachten. Der andere trat einen zweiten Kadaver weg, schob irgendwie die Stiefelspitze unter ihn und wippte ihn fort.
Sie
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