Spieler Eins - Roman in 5 Stunden
Tränen.
»Mit was für einem?«
»Einem Pick-up -Pick-up. Keine Ahnung. Für mich sehen die alle gleich aus.« Karens Stimme war sehr laut und schrill geworden.
»Der einzige sichere Ort ist das Hotel«, sagte Rachel. »Die Lounge ist zu isoliert. Wir müssen Deckung suchen.«
»Sehe ich auch so«, meinte Rick. Seine Entschlossenheit ließ Rachel spekulieren, ob er wohl ein Alphamann sei. Vielleicht sollte er der Erzeuger ihres ersten Kindes werden. Aber es würde gar kein Kind geben, wenn sie nicht in Deckung gingen. Die vier krochen aus der Beifahrertür und machten sich bereit, Richtung Hotel zu rennen. Rick zählte ab: »Eins, zwei, drei … los!«
Sie rannten an Warrens Leiche vorbei unter den überdachten Durchgang zwischen Hotel und Lounge. Erst versuchten sie, ins Hauptgebäude zu gelangen, doch die Türen waren verschlossen. Sierüttelten ohne Erfolg daran. Durch die getönten Scheiben war niemand zu sehen.
Rick schrie: »Plan B – zurück in die Lounge!«
Wie auffliegende Spatzen sausten sie unter dem überdachten Gehweg zur Lounge hinüber. Rick verriegelte die Glastür und zerrte dann mit Lukes Hilfe einen alten, völlig eingestaubten Zigarettenautomaten aus einem Schrank heraus und vor die Tür. Darauf packten sie noch eine Sammlung von Klapptischen und navyblauen Tischdecken. Die Tür ging nach außen auf, aber jeder, der hineinwollte, sähe sich einem ziemlich soliden Hindernis gegenüber. Es zu überwinden würde jeden Eindringling lang genug aufhalten, um den vieren Zeit zum Einnehmen der besten Verteidigungsposition zu geben.
Rachel schaute in den Schrank, in dem der Zigarettenautomat gestanden hatte. Am Boden sah sie Spinnweben und einen Haufen Geschäftskarten, die so alt waren, dass vor der Telefonnummer noch keine Vorwahl stand. Selbst inmitten der ganzen Wirren erschien Rachel das Fehlen der Vorwahlnummer bemerkenswert. Manchmal gehen die Ereignisse, die den Übergang von einer Epoche zur nächsten markieren, so langsam vor sich, dass sie unter der Wahrnehmungsschwelle bleiben. Und manchmal, so wie jetzt, lösen sich Epochen in den wenigen Sekunden ab, in denen eine Nachricht über den unteren Rand eines Fernsehbildschirms läuft.
SPIELER EINS
Hier ist Spieler Eins mit eurem Story-Upgrade. Ich kann mir vorstellen, dass ihr als User dieser Story neugierig seid und euch fragt, wie die nächsten Sequenzen aussehen werden, darum will ich sie euch nicht vorenthalten. Als Nächstes kommt, wie Karen weiterhin der Kopf schwirrt und ihr Gehirn, wie das von Rachel, ebenfalls zwei Gedächtnisspuren der Ereignisse dieses Nachmittags abspeichern wird. Sie wird sich an ein Spiel namens Totstellen erinnern, das sie als Kind gespielt hat. Sie und ihre Freundinnen sind dabei im Kreis gerannt, bis jemand »Stopp!« gerufen hat, worauf sich alle auf den Boden fallen ließen. Dann mussten sie so schnell wie möglich, ohne lange nachzudenken, rufen, als was sie wiedergeboren werden wollten. Meistens fiel ihre Wahl auf Pferd, Katze, Hund oder farbenfrohe Vögel und Insekten. Und während sie nun hinter der Theke kauert, um vor einem oder mehreren Heckenschützen Deckung zu finden, wird Karen bewusst werden, dass, so oft sie dieses Spiel gespielt hatten, nicht ein einziges Mal jemand als Mensch hatte wiederkommen wollen. Gute Entscheidung , wird sie denken. Wir sind wirklich eine armselige Spezies .
Rick wird sich selbst und dem Universum die Frage stellen: Wie kommt es, dass in unserem Leben jeder Schritt nach vorn unweigerlich durch den Schmerz führt? Warum soll es uns zu besseren Menschen machen, wenn man uns Leid zufügt? Und das Universum wird ihm wie ein Schuldirektor über eine himmlische Sprechanlage antworten: »Nun, Richard, gute Dinge tun verändert die Menschen nicht, und warum sich dann überhaupt damit abgeben?«
Luke wird das Gefühl haben, die Zeit krieche dahin, und er wird beginnen, über das Wesen der Zeit nachzudenken. Wären die Ereignissedes Tages eine Story, dann müssten Leser auf das nächste Kapitel warten, um zu erfahren, was weiter passiert. Bei einem Gemälde dagegen genügt ein flüchtiger Blick, um intuitiv zu erfassen, was kommt. Das Leben ist eher ein Buch als ein Gemälde. Das Leben lässt dich warten. Das Leben zwingt alles in eine Reihenfolge, und die Zeitmarken sind unsere Emotionen und Erinnerungen. Luke wird zu dem Schluss kommen, dass Menschen nur darum sentimental werden und denken, ihr Leben müsse eine Geschichte sein, weil sie sich die absolute Herrschaft der
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