Spielregeln im Job durchschauen
ist.
Frauen bewerten ihre Vorgesetzten häufig nach ihren eigenen moralischen und oft sehr hohen Leistungsansprüchen. Wehe, die Vorgesetzten erfüllen diesen Anspruch nicht und schmücken sich dann noch mit der Arbeit ihrer Mitarbeiterin! Unter Männern ist Loyalität gegenüber Höhergestellten und hierarchisches Zuarbeiten normal. Für Frauen gilt das keinesfalls. Sie sind häufig nicht bereit, von ihren Vorstellungen abzugehen, und wundern sich, warum ihr Verhältnis zu ihrem Chef nicht besonders gut ist. Männliche Vorgesetzte erwarten, dass Mitarbeiter ihnen gegenüber loyal sind. Für sie ist es in der Regel selbstverständlich, sich mit den Leistungen ihres Teams zu profilieren.
Was tun? Frauen haben die Wahl: Sie können ihre eigenen Einstellungen und ihr eigenes Verhalten ändern oder das Risiko in Kauf nehmen, ein schlechtes Verhältnis zu ihrem Chef zu haben. Oft sind qualifizierte Frauen dermaßen in ihren Zorn auf den vermeintlich völlig unfähigen Vorgesetzten verstrickt, dass sie sich ihm gegenüber illoyal verhalten, ohne sich darüber im Klaren zu sein.
Chefinnen und ihre Mitarbeiterinnen:
Demokratischer Anspruch
Auch die Soziologieprofessorin Christiane Funken weiß aus ihrer Forschung: Bei Frauen ist die Sensibilität für die hierarchische Psychostruktur wenig ausgeprägt. Funken kennt viele weibliche Führungskräfte, die einen sehr kollegialen und freundschaftlichen Umgangston pflegen. Interessanterweise kommen die männlichen Mitarbeiter damit gut zurecht und wahren immer eine gewisse Distanz: »So locker der Ton auch ist, sie verlieren nie die Hierarchieebenen aus dem Auge.« Anders die Mitarbeiterinnen. Von ihnen fühlt sich die Chefin oft als Freundin oder »Mutter der Nation« angesehen – beides gleichermaßen unpassende Rollen. Frauen haben aus ihrer Sicht größere Probleme, ihren Chefinnen zuzugestehen, dass sie die Verantwortung tragen und Entscheidungen fällen. So haben zum Beispiel die Mitarbeiterinnen weniger Verständnis, wenn sie einmal länger bleiben sollen, um etwas fertigzustellen.
Strategisches Vorgehen bei Entscheidungen
Die amerikanische Medienmanagerin und Autorin Gail Evans empfiehlt dringend, sich bei der Entwicklung neuer Ideen nicht auf gleichgestellte Mitarbeiter zu beschränken, sondern sich immer Unterstützung aus der Führungsetage zu holen, um das Projekt nach vorn zu bringen. Nicht einbezogenes Führungspersonal schmettert »fremde« Vorschläge eher ab. Hat es sich jedoch die Idee einmal zu eigen gemacht und sieht es den persönlichen Nutzen, wird es Sie auch unterstützen. Kommen Sie bei einer Entscheidung gegen einen Kollegen einer anderen Abteilung nicht durch, überzeugen Sie Ihren Vorgesetzen von Ihrem Vorschlag, sodass er ihn dann auf seiner Ebene mit dem Vorgesetzten Ihres Kollegen klärt. Dass das von vornherein Ihr geheimer Masterplan war, verraten Sie natürlich nicht. Alle Mitspieler sollen schließlich ihr Gesicht wahren.
Die Punkte zählen: Statussymbole
Gewöhnen Sie sich am besten an, im Hintergrund Ihrer Aufmerksamkeit immer eine Art »Hierarchieradar« mitlaufen zu lassen und damit das eigene Umfeld im Job zu durchleuchten. Die Kernfrage dabei ist: Wer ist mächtig und woran zeigt sich das? Da Frauen häufig (noch) nicht um Geld und Prestige spielen, sind sie an Erfolgssymbolen wie großen Büros mit neuen Möbeln, einer gewissen Anzahl von Mitarbeitern, einem möglichst großen Dienstwagen und anderen Privilegien oft nicht interessiert. Klar, wenn man sich selbst nicht innerhalb einer Dominanzhierarchie einordnet, haben diese »Statusheber«, wie Tom Schmitt sie bezeichnet, nicht den speziellen Reiz, den sie offensichtlich auf viele (nicht alle) Männer ausüben. Das führt dazu, dass weibliche Führungskräfte, die diese Statussymbole nicht einfordern, auf ihrer Position nicht ernst genommen werden. Wenn Frauen ihre Macht nicht inszenieren, scheinen sie auch keine zu haben. Das schwächt dann tatsächlich die Position in der Hierarchie. Ein großes Büro mit eindrucksvollen Möbeln und ein dickes Auto demonstrieren Machtfülle und beweisen die Wertschätzung des Unternehmens. Aus einer solchen Stellung heraus lassen sich Verhandlungen leichter führen und Anordnungen respekteinflößender erteilen.
Immer wieder berichten Frauen in meinen Workshops, dass es – auch wenn es ihnen selbst nicht wichtig war – sich gelohnt hat, sich für den eigenen Dienstwagen starkzumachen, weil ihnen dann hinterher mehr Anerkennung zuteilwurde.
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