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Spielregeln im Job durchschauen

Spielregeln im Job durchschauen

Titel: Spielregeln im Job durchschauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Nitzsche
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aussprechen. So interpretiert der andere die (Nicht-)Reaktion leicht als »Ja«. Bei Rollenspielen zeigt sich, dass Frauen, wenn sie sich gut vorbereiten und sich vorher die Berechtigung ihrer eigenen Position klarmachen, es dann auch schaffen, ihr Nein rüberzubringen, und sei es im zweiten oder dritten Anlauf.
    Die Leiterin eines Teams von technischen Dokumentaren wusste nicht, was sie tun sollte, um nicht immer wieder neue Aufgaben von Kollegen anzunehmen, die immer nur mal »ganz kurz« in ihr Zimmer schauten. Im Rollenspiel beim Gruppencoaching entwickelte sie nicht nur Formulierungen, um sich verbal abzugrenzen, sondern auch eine Handbewegung, die als Stoppsignal zeigte: »Ich sitze hier an meinen Aufgaben.« Allein die Vorstellung des Stoppsignals vor ihrem geistigen Auge half ihr, bei den nächsten Störungen souverän zu bleiben und nicht automatisch neue Aufgaben anzunehmen.
    Fünfter Schritt: Erfolge feiern
    Bei Verhaltensänderungen ist auch das Cheerleading in eigener Sache wichtig. Ziehen Sie regelmäßig Bilanz. Was haben Sie erreicht? Wo sind Sie sichtbar geworden? Und dann feiern Sie das zum Beispiel mit einem schönen Essen mit Ihrem Partner oder einer Freundin, bei dem Sie darauf anstoßen.

8. Gesichtsverlust ist gefährlich
    »Ehrlichkeit«, »Offenheit« und »Geradlinigkeit« sind Werte, die vielen Menschen wichtig und für die moderne Führung wünschenswert sind und auch in Unternehmensleitbildern auftauchen. Doch wie werden diese Werte von der männlichen Mehrheit im Firmenalltag gelebt? Wie ich in vielen meiner Workshops erlebe, haben Frauen, auch wenn sie sonst sehr feinfühlig sind und bis in die letzte Verästelung mutmaßen, was der andere denken könnte, oft gar kein Gespür dafür, wie ihre direkte Kommunikation beim männlichen Gegenüber ankommt. Was schlicht und einfach daran liegt, dass sie davon ausgehen, dass das männliche Gegenüber genauso tickt wie sie selbst. Sie kommen nicht auf die Idee, dass das nicht so sein könnte.
    Bettina Wündrich, ehemalige Chefredakteurin von Glamour, Vogue Business und Emotion , berichtet in ihrem Buch Einsame Spitze ? von einer Managementtagung, bei der sie im Plenum Kritik an der verlangten Vorgehensweise äußerte und dann vom Redner öffentlich verbal abgewatscht wurde. Einzelne männliche Kollegen gaben ihr in der Kaffeepause zwar recht, hielten sich aber sonst mit Äußerungen zurück. Wenn Macht und Hierarchie das zentrale Bezugssystem darstellen, dann empfindet ein Mann Kritik zwangsläufig als Infragestellen seiner Position in der Rangordnung. Und dagegen muss er sich mit aller Macht wehren, wenn er seine Stellung behalten will. Frauen wollen auf der öffentlichen Bühne einer Tagung oder Besprechung Sachfragen verhandeln, Männer verhandeln immer auch Machtfragen – und vermuten eine Kampfansage, wo Frauen nur sachliche Klärung wollen. Das gilt im Übrigen auch für Vieraugengespräche.
    Deshalb fühlte sich die Bereichsleiterin Maria Freiberg auch irgendwann am Ende der Karriereleiter angekommen:
    »Ich dachte mir, Managing Director kann ich noch werden, aber weiter geht es nicht. Ich war dann doch zu undiplomatisch und hätte für einen Konzernerfolg mehr Anpassungsfähigkeit zeigen müssen. Ich bin immer schnell jemandem auf den Fuß getreten, weil ich gern die Wahrheit sage, alles sehr direkt. Das ist bis heute so geblieben, obwohl ich an mir arbeite.« Heute ist sie freiberuflich tätig und zum Abschied hat ihr der Geschäftsführer auch noch einmal bestätigt, dass sie sich nicht gut ins diplomatische Geflecht einordnen konnte und dass die Selbstständigkeit wahrscheinlich der bessere Weg für sie sei.
    In ein paar Jahren wird man Frauen wie Maria Freiberg nicht mehr so leicht aus den Unternehmen ziehen lassen, sondern sich Gedanken machen, wie eine offene Firmenkultur mit direkter Kommunikation verstärkt gelebt werden kann – um gut zu führen, aber auch, um für weibliche Führungskräfte attraktiv zu sein. In der Zwischenzeit gilt es auch hier für Frauen, sich mikropolitisch schlau zu verhalten und nicht aus Versehen eine Kampfansage zu machen, sondern nur dann, wenn sie auch tatsächlich kämpfen wollen.
    Männliche Helden
    Anna Böhme, Geschäftsführerin einer mittelständischen Medienberatung, hat das inzwischen gelernt. Sie sagt von sich selbst: »Früher war ich eine Kratzbürste, weil ich alles ausgesprochen habe. Zum Beispiel, wenn ich es unfair fand, dass mein Chef die Leistung eines Teammitglieds entwertete.

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