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Spiels noch einmal

Spiels noch einmal

Titel: Spiels noch einmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esi Edugyan
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nur ein verdammt schlechtes Gefühl.«
    »Schluss, es reicht«, schrie Chip und haute mit seiner verschrammten Hand auf den Tisch. Ein Glas klirrte. »Solange Fritz an meinem Kopf rumoperiert, richtet keiner mehr das Wort an ihn, klar?«
    »Ich weiß noch nicht, ob wir nach Paris gehen sollen«, sag
te Ernst. »Aber wir können jedenfalls nicht in Berlin bleiben. Jetzt nicht mehr.«
    Fritz sah ihn an. »Das geht vorbei, du wirst sehen.«
    Ernst stand auf. Sein Gesicht war finster. »Na ja, fürs Erste bleibt ihr im Hound . Zumindest solange, bis wir wissen, wie schlimm die Sache ist. Vielleicht ist der Kerl gar nicht tot. Vielleicht hat euch niemand erkannt.«
    »Die haben uns erkannt«, sagte ich.
    »Das kannst du nicht wissen«, sagte Fritz. »Nicht sicher.«
    »Es gibt in der ganzen Stadt keine drei Typen von deiner Statur, Fritz. Noch dazu welche, die mitten in der Nacht mit Schwarzen rumspazieren. Die wissen, wer wir sind, verlass dich drauf.«

    Wir schliefen zerzaust und zerschlagen, wie wir waren, in unseren Kleidern. In dem langen, schmalen Raum mit der komisch schrägen Wand fühlte ich mich wie im Laderaum eines Schiffs. Vielleicht lag es auch an dem alten Sofa, auf dem ich mich ausgestreckt hatte: Die Sprungfedern waren so ausgeleiert, dass ich die ganze Zeit auf einer schiefen Ebene lag. In dem Raum standen alte Stühle und ramponierte Tische, an einer Wand hing ein langer Spiegel. In einer Ecke gab es ein kupfernes Spülbecken, das aussah wie eine alte Kesselpauke; auf dem Metall blinkten verirrte Reflexe des Spiegels. Der goldene Vorhang vor einem vergitterten Fenster oben an der Wand war zugezogen, aber unter dem Saum sickerte weiß Licht von der Straße durch.
    Etwas stupste an meinem Fuß, immer wieder, und ich wachte auf. Ich öffnete langsam die Augen – verdammt: Da stand Delilah Brown und tippte mich mit der Spitze ihres Stöckelschuhs an. Sie trug einen weißen Rock, eine weiße Bluse
und um den Kopf etwas, das aussah, als wäre ein Verband rumgewickelt. In ihrer Armbeuge lag eine Papiertüte.
    »Sie sehen schrecklich aus«, sagte sie.
    »Morgen«, murmelte ich und schloss die Augen wieder. Jeder Atmenzug tat weh.
    Paul streckte den Kopf unter einem Tisch hervor. Seine pomadisierten blonden Haare standen strubbelig vom Kopf ab. »Mmm, die Stimme kenn ich doch.«
    Hiero schnarchte in dem großen Sessel neben dem Spiegel.
    »Sid, wo ist Ernst?«, fragte Delilah leiser, um niemanden zu wecken. Sie ging in diesem engen Rock in die Hocke, die Knie zusammengepresst.
    Ich konnte nicht klar denken.
    »Ernst«, sagte sie. »Wo ist er?«
    »Ist er nicht da?« Ich blinzelte und warf Paul einen verschlafenen Blick zu. »Hey, weißt du wo Ernst abgeblieben ist?«, fragte ich auf Deutsch.
    Pauls Stimme klang belegt. »Vielleicht ist er heute Nacht noch nach Hause gegangen. Ich glaube, er hat gesagt, das ist besser so. Es würde merkwürdig aussehen, wenn er nicht zum Schlafen nach Hause ginge.« Er fuhr sich mit der zernarbten Hand durch die Haare, setzte sich ruckartig wie eine Marionette auf und massierte sich seinen steifen Hals. Die Schwellung auf seiner Wange ließ sein Gesicht noch markanter wirken, verwegen, eine heiter liebenswürdige Version von Humphrey Bogart. Dieser Kerl sah sogar dann noch gut aus, wenn man ihm die Fresse poliert hatte.
    Ich verzog das Gesicht und rieb meine schmerzenden Rippen. »Der schläft in einem Bett. So gut möcht ich’s auch mal haben.«
    Von der Tür her waren Schritte zu hören, Chip kam herein. Er trug einen weißen Verband um den Kopf. »Ernst ist in seinem Büro«, knurrte er auf Deutsch. Er sah Delilah an. »Sie suchen Ernst?«
    Sie wandte sich an mich. »Was hat er gesagt?«
    Aber sein Gesicht war so verschwollen und zerschlagen, dass ich grinsen musste und nicht übersetzte. Er sah aus wie ein Teller zermanschte schwarze Bohnen.
    »Was grinst du so blöd, Mann?«, sagte Chip. »Schau dich doch mal selber im Spiegel an.«
    »Sid ist nicht im Gesicht getroffen worden«, murmelte Paul.
    »Bist du sicher?« Chip wandte sich Delilah zu und musterte sie von oben bis unten. »Aha, heute ist offenbar der Zirkus in der Stadt«, sagte er auf Englisch.
    »Sieht so aus«, antwortete sie und musterte ihn von oben bis unten. »Mr Jones, nehme ich an?«
    Er versuchte zu lächeln, aber es tat zu weh; sein Gesicht erstarrte schmerzverzerrt. »Charles C. Jones. Die Herren hier nennen mich Chip. Tag und Nacht zu Ihren Diensten, Gnädige Frau.«
    »Sehr angenehm.«
    »Sie müssen

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