Spieltage
als Jugendtrainer angestellt bei der Spielvereinigung Greuther Fürth, setzte sich dafür ein, dass der Verein einen seiner wichtigsten Spieler verlor. Das war nicht tragbar.
Heinz Höher weigerte sich, den Konflikt zu sehen: Er hatte doch als Jugendtrainer weiter loyal für die Spielvereinigung gearbeitet. Juri würde doch sowieso irgendwann gehen, er war in die Juniorennationalelf unter 21 Jahre berufen worden, in den ultimativen Talentepool; er wurde zu groß für die Zweite Liga.
Anders als im Jahr 2000 traf Heinz Höher diese Trennung von der Spielvereinigung weniger. Er hatte noch seine wichtigste Mannschaft; seine Elf aus einem Spieler, Juri Judt.
Neben Juri waren tatsächlich drei weitere seiner Kinder aus der Höheren Fußballschule Profis geworden, Chhunly Pagenburg spielte beim 1. FC Nürnberg in der Bundesliga, Daniel Adlung war bei Greuther Fürth eine treibende Kraft, und Samil Cinaz war bei Rot-Weiß Erfurt in der dritten Liga untergekommen. Doch die Verbindung hatte sich gelöst, während aus Kindern Erwachsene wurden.
Heinz Höher überlegte, wie er seine Rolle als Ein-Mann-Trainer am besten ausfüllen konnte. Im Herbst 2007 sagte er plötzlich zu Rudi Theimert, er fahre morgen nach Frankfurt. Er hatte sich beim DFB zur Spielerberaterprüfung angemeldet. Danach erwähnte er das Thema gegenüber Rudi Theimert nie wieder. So wusste Theimert, dass Heinz Höher bei der Prüfung durchgefallen war.
Zu sagen, die Sache war ihm peinlich, war nett ausgedrückt. Er, bei einer Prüfung durchgefallen! Die Tatsache ließ sich drehen und wenden, wie man wollte, sie war nicht mit Heinz Höhers Selbstbild zu vereinbaren. Selbstverständlich hatte er sich in keiner Weise auf die Prüfung vorbereitet.
Er traf mit Fritz Popp eine Vereinbarung. Popp war in den Achtzigern sein Assistenztrainer beim 1. FC Nürnberg gewesen und nun ein erfolgreicher Spielerberater. Popp würde offiziell als Juri Judts Agent agieren, und Heinz Höher blieb im Hintergrund Juris Trainer-Berater-Fußballvater. Von der Provision bei Vereinswechsel oder Vertragsverlängerung nehme er nur 20 Prozent, die restlichen 80 seien für Heinz Höher, bot Popp an.
Nein, um Gottes willen, da machen wir fünfzig-fünfzig, sagte Heinz Höher. Er wollte den Eindruck vermeiden, er brauche Geld.
Er hatte 2007 aus dem Haus in der Elbinger Straße ausziehen müssen. Mit seinen Schulden bei Banken und Finanzamt aus den sächsischen Immobilienabenteuern konnte er sich kaum eine Miete leisten. Thomas zahlte mit seinen Ersparnissen eine Dreizimmerwohnung in der Rudolphstraße an, in der die Eltern wohnen konnten. Thomas arbeitete mittlerweile auch im modernen Fußball, er verkaufte für ein UEFA-Unternehmen die Übertragungsrechte der Champions League in ganz Europa. Die Wohnung in der Rudolphstraße hatte sogar ein Stückchen Garten für die Schildkröten.
Doris befahl ihrem Mann beim Umzug, diese ganzen Bücher und Magazine aus dem Keller müssten alle weg, für sie sei kein Platz in der neuen, kleinen Wohnung. So konnte sie den Zorn, den sie wegen seiner Immobilienzockerei empfand, auf die Bücher, auf Dinge umleiten. Er trug Hunderte Tommo-Bücher zum Altpapier und schrieb eine Kurzgeschichte über den Büchermord von der Elbinger. Am Tag des Umzugs wandte Heinz Höher seinen ältesten Trick an. Er betrank sich bis zur Besinnungslosigkeit, um nicht zu spüren, wie er die letzten Reste seines erfolgreichen Lebens hinter sich ließ.
Als er aus dem Rausch aufwachte, sagte er sich, es ginge schon. Es ginge ihm doch ganz gut. Sein verbliebenes Einkommen aus Rente und Lebensversicherung würde fortan Thomas verwalten und seinen Eltern jeden Monat ein Haushaltsgeld überweisen. Heinz Höher machte sich daran, für Juri einen Bundesligaklub zu finden. Greuther Fürth hatte durchaus Chancen, selbst aufzusteigen, im Zenit der Saison 2007/08 lauerten sie auf Platz fünf der Zweiten Liga. Aber Juri musste zu einem größeren Verein, das war ein Fußballer wie gemalt, beschwor Heinz Höher Fritz Popp, Rudi Theimert, Doris und jeden, den er sprach. Fritz Popp, kam es Heinz Höher vor, senkte bei seinen Elogen auf Juri den Kopf und wartete, dass sie vorübergingen. Aber solch lautloser Widerspruch befeuerte Heinz Höher erst recht. Den Juri mussten sie erst einmal in der Bundesliga, in einer Mannschaft mit Niveau sehen! Thomas fragte sich, wie die Besessenheit seines Vaters mit Juri solche Ausmaße annehmen konnte: War es die unkontrollierbare Begeisterung eines
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