Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall
einen Presslufthammer dabei. Alle sind verärgert, jedoch hält ihn niemand auf, weil sie glauben, er arbeitet von Amts wegen. Tut er aber nicht.«
»Also auch eine Tarnkappe. Bei Täter und Opfer!«
»Ja, wenn Sie so wollen.«
»Wir haben demnach die Frage falsch gestellt. Es geht nicht um verdächtige Beobachtungen – sondern darum, ob jemand gesehen wurde, der dort gearbeitet hat.«
»Statten Sie die Streifen mit einem guten Foto von Schaber aus. Die Kollegen sollen einfach mal da nachfragen, wo es ihnen sinnvoll erscheint. Zum Beispiel in angesagten und weniger angesagten Clubs, bei stadtbekannten Strichern, auf dem Straßenstrich. Vielleicht gibt es bekannte Telefonnummern besonders begehrter Hostessen. Sie sollen alles abgrasen. Irgendwohin muss er gegangen sein«, wies er die Kollegin achselzuckend an.
Kruse sprang auf und machte sich diensteifrig an die Arbeit. Bestimmt würde sich durch die Aktivität auch ihre Stimmung wieder heben. Mit klappernden Absätzen stürmte sie über den Flur davon.
Mangold stützte den Kopf schwer in die Hände. Er hatte schreckliche Kopfschmerzen. Die kamen nicht vom Alkohol, sondern resultierten aus einem Streit mit Irmchen gestern Abend. Das Knoblauchbrot hatte nicht alles überdecken können und Irmchen war sauer. Ein Wort ergab das andere – zu guter Letzt musste Mangold im Wohnzimmer auf der Couch übernachten.
Nachdenklich streckte er seinen Arm aus und spreizte die Finger. Hier zitterte absolut nichts! Und mal ganz abgesehen davon: Er war Polizeibeamter und kein Chirurg, hatte Irmchen ihm erklärt. Die bräuchten ruhige Hände, Kommissare ruhiges Blut. Auch Stress sei kein Argument, welches seine Frau auch nur im Ansatz gelten lassen wolle. Alkohol während der Arbeit, das habe er versprochen, sei ab sofort tabu! Ob er denn vergessen habe, wohin das bei ihm führen könne? Und nun? Eine Fahne!
Heute Morgen war sie noch immer wütend gewesen.
Sie sagte kein Wort, bewegte sich eckig und sah ihn kein einziges Mal an. Hajo Mangold war sich keineswegs sicher, ob sie am Abend noch eine gemeinsame Wohnung haben würden. Schreckensbilder von einer resolut packenden Irma verdrängten alle Überlegungen zu ihrem aktuellen Fall.
Ohne das er es verhindern konnte, versank Mangold in einer Woge von Selbstmitleid.
Erst das Klingeln des Telefons rief ihn in die Realität zurück.
Hastig wischte er übers Gesicht, als könne man ihn durchs Telefon nicht nur hören, sondern auch sehen. Der Staatsanwalt.
»Herr Mangold, bitte kommen Sie doch sofort in mein Büro. Und bringen Sie die Akten zum Fall Schaber mit. Die Presse reagiert alarmiert – wir sollten eine Strategie vorweisen können, um die Journaille zu beruhigen!«
»Ich stelle alles zusammen und komme rüber«, versicherte er und legte eine Extraportion Enthusiasmus in seine Stimme. »Der Kollege aus Cottbus hat mich gestern Abend noch verständigt. Man hat dort das zweite Opfer inzwischen gefunden. Eine Frau. Die Identifizierung steht noch aus.«
Er legte auf, schob sich einen Kaugummi in die Backentasche, raffte die Akten zusammen und machte sich auf den Weg, nachdem er der Kollegin einen gelben Klebezettel an ihren Monitor geheftet hatte. Er wusste schon, was man von ihnen erwarten würde.
Aber wenn er heute wieder nach Cottbus fahren müsste, wäre das wohl kaum gut für sein Privatleben!
Der Schatten presst sich an die kühle raue Mauer und starrt auf die Fenster des Hauses gegenüber. Er hat alles sorgfältig geplant, weiß über jeden Schritt Bescheid. Lange hat er geschwankt, wo es geschehen soll, doch am Ende hat er sich für hier entschieden. Der Kinder wegen. Gern gesteht er sich das nicht ein. Die Kinder sollen nicht Zeuge sein. Sie können nichts dafür, so klein, wie sie sind. Der Schatten tastet in der großen Umhängetasche nach der Waffe, spürt die Kühle. Alles ist bereit, denkt er zufrieden. Auch du wirst sterben, wie die anderen. Und es wird ein weiteres Rätsel für die Polizei sein, freut er sich. Er weiß, dass sie noch keine Spur von ihm haben, nur im Trüben fischen. Aber ihm ist auch bewusst, dass sie ihm mit jedem Opfer näher kommen. Die Gestalt zieht ein Buch hervor und lässt sich auf die Eingangsstufen fallen. Sie wird hier in aller Ruhe sitzen bleiben, bis es so weit ist. Das Ende, weiß sie, ist nah.
Manuela war verunsichert und ratlos.
Sie hatte nicht solch heftige Schmerzen erwartet, eher befürchtet, sie könne die einsetzenden Wehen womöglich verpassen.
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