Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spines - Das ausradierte Ich (German Edition)

Spines - Das ausradierte Ich (German Edition)

Titel: Spines - Das ausradierte Ich (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Scherm
Vom Netzwerk:
möglichst vermied, einen lange anzuschauen.
    »Wenn Sie eine Garage brauchen, oder eine Wohnung, wir können Ihnen gerne ein gutes Angebot machen«, mischte sich Hahning junior in das Gespräch ein. Er hatte das gleiche Zucken an der Oberlippe wie sein Vater. Sie waren eindeutig Vater und Sohn. Daran gab es jetzt für Sarah nicht mehr den geringsten Zweifel.
    »Wann ist denn das Parkhaus umgebaut worden?« Sarah sah Hahning junior mit einem prüfenden Blick an.
    »Vor zehn oder zwölf Jahren, als das Kaufhaus dicht gemacht wurde. Ohne das Kaufhaus hat hier kein Mensch mehr ein Parkhaus gebraucht.« Juniors Oberlippe zuckte heftig. Wahrscheinlich, weil Sarah ihn durcheinander brachte.
    »Und an wen haben Sie die Plätze jetzt vermietet?«
    »Leute aus der Gegend, die ihr Auto nicht auf der Straße stehen lassen wollen.«
    »Oder können!«, ergänzte Sarah mit einem leicht provokanten Unterton in der Stimme. Hahning junior reagierte nicht auf Sarahs Anspielung. Entweder hatte er sie nicht mitgekriegt oder er ignorierte sie geschickt.
    »Na, wusste ich doch, dass wir irgendwo einen Schlüssel haben! Hier ist er!« Hahning präsentierte triumphierend den Schlüssel. »Kommen Sie, ich zeige Ihnen, wo die Garage ist!« Er ging voran und hielt Sarah die Tür auf. Sein Sohn folgte ihnen wie ein Schatten.
    »Wissen Sie, wenn wir uns darum kümmern würden, was unsere Mieter mit den Garagen machen, dann könnten wir hier bald dicht machen. Aber wir vermieten hier seit zehn Jahren – und wir hatten noch nie Probleme, noch nie. Also wollen wir mal keine schlafenden Hunde wecken!«, spielte Hahning auf ihre Provokation von vorhin an. Er hatte also sehr genau gehört, was sie gesagt hatte.
    »Also wissen Sie auch nicht, was uns in der Garage meines Vaters erwartet?«
    »Keinen Schimmer. Diskretion ist unser Geschäftsprinzip. Aber wir werden’s gleich sehen.« Hahning blieb vor einem Garagentor am äußersten Ende der dritten Etage stehen, verglich die Nummer in der rechten oberen Ecke des grauen Wellblechtors mit der Nummer auf dem Schlüsselanhänger und steckte den Schlüssel in das Schloss. »Und hier kommt ihr Herzblatt!«, brummte er vor sich hin und zog das quietschende Tor mit einem kräftigen Schwung nach oben.
    Im fahlen Licht, das durch die matten Scheiben an der Rückwand der Garage fiel, stand ein schwarzer Oldtimer. Das Heck des Wagens war aufgebockt, die Räder demontiert.
    »Ein DS 21, Citroen!« Hahning umrundete das Fahrzeug. »War in den 60er-Jahren eine Luxuskarosse. Schickes Auto. Ist jetzt bestimmt ein paar Euro wert, wenn er voll restauriert ist.« Er machte eine Runde um den Oldtimer. Dabei warf er einen unauffälligen Blick in die Doppelgarage. Anscheinend war ihm doch nicht ganz wohl bei dem Gedanken daran, was seine Mieter so alles ohne Kontrolle in ihren Garagen machten.
    »Wollen Sie die Garage behalten? Normalerweise haben wir drei Monate Kündigungsfrist, aber in Ihrem Fall können Sie auch sofort raus, wenn Sie wollen?« Er beendete seine Runde und blieb vor Sarah stehen.
    »Ich weiß nicht, ich muss erst noch darüber nachdenken. Aber es ist nicht so eilig. Ich melde mich bei Ihnen, wenn ich weiß, was ich will.«
    »Okay, dann geb’ ich Ihnen den Schlüssel. Aber passen Sie gut darauf auf, es ist unser letzter.« Hahning drückte ihr den Schlüssel in die Hand und meinte unschlüssig: »Ja, dann brauchen Sie uns ja nicht mehr. Wenn noch was sein sollte, wir sind noch eine Weile unten und bis halb acht können Sie mich auch noch mobil erreichen, wenn Sie mich brauchen.«
    »Danke.«
    »Also dann, Tschüss.« Hahning wirkte etwas unschlüssig. »Sie melden sich, wenn was sein sollte!«
    »Ja, ja, wenn was ist, ruf ich Sie an. Tschüss!«
    Hahning drehte sich langsam zum Gehen. Sein Sohn folgte ihm. Sarah sah ihnen hinterher, wie sie zur Rampe gingen, und amüsierte sich über die Synchronität in ihren Bewegungen, die von Schritt zu Schritt zunahm.
    Die Garage war ziemlich komfortabel eingerichtet. Das Gitter, das sie von der Nebengarage trennte, war mit Spanplatten verkleidet, an denen ein paar alte Filmplakate klebten. Direkt am Fenster war eine kleine Sitzecke mit einem runden Kaffeehaustisch und zwei Stühlen eingerichtet. Ein Teil des Fensters ließ sich beiseiteschieben, sodass ein paar Sonnenstrahlen hereinfielen. Auf dem Tisch stand ein elektrischer Wasserkocher. Und in einem Metallschrank fand sie eine kleine Kochplatte mit dazu passender Espressokanne, ein bisschen Geschirr, ein

Weitere Kostenlose Bücher