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Spinnefeind

Spinnefeind

Titel: Spinnefeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederike Schmöe
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Katinka ein weißes Blatt zwischen sich und Valente auf die Bank. Sie hatte die Buchstabenkombination von Falks Zettel mit Kuli draufgeschrieben:
VABTHGAFAYZLCOFFJXQHFF.
    Scheinbar unbeteiligt lugte Valente auf den Geheimtext.
    »Keine Spatien?«, fragte er schließlich.
    »Was?«
    »Leerzeichen zwischen den Wörtern.«
    »Nein.«
    Valente warf die Kippe weg.
    »Die Polizei setzt einen Experten dran«, sagte Katinka. »Diese Chiffre stammt von Falk. Er wurde gestern Nacht umgebracht. Das hat man euch doch gesagt, oder?«
    »Der Chef hat die Klassen zusammengerufen und uns erzählt, dass letzte Nacht unser Lehrer Jens Falk umgebracht worden wäre. Die Polizei hat ihn heute früh informiert. Er wollte nicht, dass wir es aus der Zeitung erfahren. Aber woher wissen Sie …«
    Er ist also wieder beim Sie angelangt, dachte Katinka und verkniff sich ein Grinsen.
    »Der Zettel steckte in Falks Hosentasche.«
    Zwischen ihnen im Gras begann es zu qualmen. Verstört trat Valente die halb aufgerauchte Zigarette aus.
    »Wer hat ihn umgebracht?«
    »Zwei maskierte Typen, waffentechnisch ziemlich gut ausgerüstet«, sagte Katinka.
    Valente rieb sich das Gesicht.
    »Hannes hat etwas geahnt. Da lief ein linkes Ding. Ich weiß nicht genau, was, das müssen Sie mir wirklich glauben. Hannes hat seinen Vater eingeweiht. Die beiden sind die besten Kumpels«, erklärte Valente und starrte missmutig zu Boden.
    »Anders als du und dein Vater.«
    »Egal. Alles begann bei dem Schulfest vor gut drei Wochen. Wir hatten Austauschschüler aus Rodez da, und es gab eine Party zum Abschied. Hannes und ich sollten die Spiele bei der Unterstufe überwachen, aber Hannes tauchte plötzlich ab und blieb eine ganze Weile weg. Ich war ziemlich genervt, weil ich das Junggemüse bei Laune halten musste. Als er wiederkam, tat er sehr geheimnisvoll. Das Schulfest war am Samstag. Als er am Montag in die Schule kam, schaute er nicht mehr so selbstzufrieden drein, sondern irgendwie … keine Ahnung. Geistesabwesend.« Valente steckte sich eine neue Zigarette an. »Am Mittwoch drauf war dieser unsägliche Ausflug ins Deutsche Museum.«
    »Hannes kann sich nicht in Luft aufgelöst haben.«
    »Hat er sich auch nicht. Er ging aufs Klo und verduftete. Scheiße für Falk. Ich bin sicher, es tut Hannes tierisch leid, dass Falk seinetwegen Probleme gekriegt hat. Wir mögen – mochten – Falk nämlich. Der war wenigstens nicht so von oben herab.«
    »Hannes ist mit voller Absicht verschwunden? Er nutzte den Ausflug nach München, um von der Bühne zu treten?«
    »Er hat bei dem Schulfest irgendwas entdeckt. Etwas, das ihm zuerst wie ein Triumph vorkam und das dann irgendwas Mieses, Dunkles wurde. Ich …«
    Er brach ab und sah irritiert auf den gläsernen Anbau. Die Sonne spiegelte sich in den Scheiben, deshalb erkannte Katinka den Mann nicht gleich, der um die Ecke bog und schnurstracks auf das Gärtchen zuhielt. Er schnaufte in der Hitze, immerhin schleppte er eine Menge Kilos mit sich herum. Sein fransiges graues Haar klebte verschwitzt an seiner Stirn.
    »Valentin, verdammt, hockst hier rum und rauchst, ich warte seit einer Ewigkeit.«
    Valente trat die Kippe aus und stand auf.
    »Tschuldigung«, sagte er und sah aus wie ein Fünfjähriger, der in der Nase gebohrt hatte.
    Sein Vater starrte ihn wütend an. Der Junge griff sich seine Mappe, nickte Katinka zu und ging.
    »Warte!« Katinka faltete das Blatt mit der Geheimschrift und hielt es ihm hin. »Die Matheaufgaben für morgen!«
    »Ach so, ja.« Er nahm das Papier. »Tschüss dann.«
    Katinka sah ihm nach. Normal war das nicht. 17-jährige Gymnasiasten legten keinen Wert darauf, von ihren Vätern abgeholt, besser gesagt eingesammelt zu werden. Hans-Peter Kazulé, der Richter, schien vollkommen von dem Gedanken durchdrungen, genau zu wissen, was gut und schlecht, richtig und falsch war. Vermutlich musste er das aus beruflichen Gründen sein. Katinka stieß einen verächtlichen Laut aus. Valentes Zigaretten lagen noch auf der Bank. Sie überlegte, ob sie eine rauchen sollte, ließ es bleiben, nahm die Schachtel und ging Valente nach. Mitten im Schulhof hatten Vater und Sohn Kampfstellung bezogen. Valente mit hängenden Schultern, schmal, fast zu dünn, und sein übergewichtiger Erziehungsberechtigter, der geduckt auf seinen Sohn zukam, als wolle er ihn mit einem Kung-Fu-Griff zu Boden werfen. Katinka blieb im Schatten des Gebäudes stehen.
    »Lass mich in Ruhe!«, schrie Valente, aber es klang mager, als sei ihm die

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