Spinnen füttern
bleibe hier, sagte Zee, du gehst rein und gibst ihnen die Tasche.
Ich sah die Tasche an und zögerte.
Hast du etwa Angst?, fragte Zee.
Was ist denn da drin?
Was halt drin ist. Was glaubst du eigentlich, wer du bist? Was nimmst du dir raus, mich zu fragen? Im Augenblick bist du ein kleiner, ersetzbarer Bote. Steig aus, geh da rein und tu, was ich dir sage.
Ich fahre Sie, sagte ich, ich liefere keine Taschen ab.
Was hast du gesagt?
Ich wiederholte den Satz, nur sah ich ihn diesmal im Spiegel an.
Was glaubst du denn, wofür ich dich bezahle, du Vollidiot?
Nun ja, sagte ich, ich war davon ausgegangen, dass Sie entweder nicht fahren können oder dass Sie im tiefsten Grunde Ihres Herzens umweltbewusst denken und den öffentlichen Nahverkehr unterstützen, zu dem wir ja auch gehören.
Sehr lustig, du Großmaul. Idiot.
Er richtete sich in seinem Sitz auf, seine Hand lag an der Hüfte, ich hörte das Geräusch eines metallischen Zugs.
Es wäre schade um dich, Fly, sagte er. Sieh es als Beförderung, als neue Herausforderung für dich. Du steigst auf in der Firma, und die Firma, das bin ich. Also, du kannst doch nicht wollen, dass ich da selbst reingehe und mit einem schlechten Gewissen nach Hause fahren muss, weil ich eine Fliege geklatscht habe. Meine Freundin wäre darüber nicht sonderlich beglückt. Also, Fliegenmann, wie wird die Sache ausgehen? So – oder so?
Ich nahm die Tasche, stieg aus und ging zu dem Laden.
Er war geschlossen, aber drinnen waren Leute zu sehen. Ich klopfte ans Fenster, ein Mann kam. Mit meiner unsichtbaren Peitsche schrieb ich ein Z in die Luft, wie Zorro, der Mann schloss die Tür auf und winkte mich herein.
Aus den Boxen an der Wand wummerte bombastische Musik. Auf einer Balustrade standen zwei Typen an einem Fenster und sahen herunter. Einer von ihnen entdeckte mich, stieg mühsam – er war fett, und seine gigantischen Schwabbelbeine ließen ihn humpeln – die Wendeltreppe hinab. Er suchte meinen Blick, sah mich scharf an, ich nickte schweigend. Er kam auf mich zu und tastete mich um den Gürtel ab.
Von wem kommt das?, fragte er schließlich.
Von Zee.
Wehe, wenn das nicht in Ordnung ist. Er nahm die Tasche und musterte mich. Wenn was fehlt, hörst du gerade den letzten Song deines Lebens.
Der Dicke ging nach oben, ich wartete. Hinter mir an der Tür stand ein Typ, der mich grimmig im Auge behielt. Oben waren die Umrisse mehrerer Männer zu erkennen, die hin- und herliefen und sich über einen Tisch beugten. Nach einer Weile kam der Dicke wieder, gab mir die Tasche zurück und sagte: Nächstes Mal soll Zee selbst liefern, sag ihm das. Er gab dem Typen an der Tür ein Zeichen, der trat zur Seite und ließ mich durch.
Ich stieg in den Wagen, Zee trug jetzt eine dunkle Sonnenbrille.
Ich gab ihm die Tasche, er sah kurz hinein, dann fuhr ich los. Als wir abbogen, fragte er: Gab’s Ärger?
Nein, aber der Dicke hat gesagt, dass Sie die Tasche nächstes Mal selbst abliefern sollen.
Zee überlegte, sah mich an und fragte: Wer hat das gesagt?
Der Dicke, sagte ich.
Mammut hat das gesagt?
Wie gesagt, der Dicke.
Dieses Arschloch, rief Zee, dieses Scheißarschloch! Ich werde dem fetten Schwein Respekt beibringen! Wenn wir das hier erledigt haben. Los. Fahr mich zur Insel, und zwar schnell. Weißt du, wie du zur Insel kommst?
Ich sagte ihm, ich müsse für einen anderen Auftrag rechtzeitig wieder in der Stadt sein.
Einen Auftrag?, rief er. Dein einziger Auftrag bin ich. Wenn du jetzt kneifst, werde ich dich so was von durchficken, du wirst noch in deiner Hochzeitsnacht dran denken! Fahr mich auf die Insel, sagte er, auf einmal wieder ganz ruhig, wenn ich jetzt noch mal an mein bestes Stück gehen muss, dann werde ich es auch benutzen, Fly.
Also fuhr ich zur Insel, einem ausgestorbenen, apokalyptisch wirkenden Viertel, das seinen Namen nur deshalb verdiente, weil es fern von jedem Wohlstand war. Nichts als halb verfallene Gebäude und verbarrikadierte Schaufenster. Wir fuhren durch menschenleere Straßen, überquerten eine Bahntrasse, die Scheinwerfer durchschnitten die Finsternis, schließlich erreichten wir eine Art Wiese, an dessen fernem Ende ein Schuppen zu sehen war, neben dem eine schwere Limousine parkte.
Und jetzt?, fragte ich.
Mach das Licht aus, wir warten. Wir kriegen gleich noch Unterstützung.
Unterstützung, wiederholte ich.
Genau. Du guckst in den Spiegel und hältst Ausschau nach einem Jeep mit getönten Scheiben, ansonsten hältst du die Klappe.
Wir
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