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Spinnen füttern

Spinnen füttern

Titel: Spinnen füttern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rawi Hage
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Wange, was er mit einer gewissen Unbeholfenheit über sich ergehen ließ. Die alte Frau weinte. Beinahe wäre mir meine Kleenex-Schachtel vorausgeeilt, deren geschichtetes Inneres bereit war, ihre Tränen zu trocknen, doch in diesem Moment zog die Dame ein Taschentuch aus dem Nichts und tupfte sich die Wangen ab. Der Hausmeister sah kurz in meine Richtung, schien meinen Wagen aber nicht zu erkennen. Als ich schließlich geparkt hatte und in meine Wohnung ging, sah ich in der ersten Etage mehrere an der Flurwand lehnende Trauerkränze.
    Ich schloss auf, legte mich auf den Teppich und öffnete den Gürtel. Doch der Tod war zu nah, er war zu lebendig, ich konnte die Gladiatoren nicht abrufen, die Seeleute, die der Rettung harrenden Frauen. Ich stand auf und sah in den Küchenschrank. Nichts zu trinken. Scheiß drauf, sagte ich, wenn du einen kräftigen Drink brauchst, versuch’s bei einem Araber. Ich werde mal bei Zainab klopfen.
    Ich schnallte mir gerade den Gürtel zu, als mir ein saudischer Prinz einfiel, den ich eine Weile durch die Stadt geschaukelt hatte. Ich hatte ihn im Billardclub eines sehr edlen Hotels kennengelernt. Ich fuhr damals nur nebenbei Taxi, meistens zockte ich Leute ab. Billard hatte ich sehr schnell gelernt, der Schlangenmensch hatte mir schon als Kind beigebracht, wie man sich verknotet und zusieht, dass man etwas davon hat.
    Ich ließ den Prinzen ein paarmal gewinnen, dann schlug ich zu. Er hatte bald kein Bargeld mehr, bot mir seine Rolex an. Als mir klar wurde, dass er aus Saudi-Arabien kam, sagte ich, dass unter Brüdern andere Dinge zählten als das Materielle. Es gelang mir, ihn mit diesem Brüdergequatsche einzuwickeln … Dann fuhr ich ihn zu einer Bar, wo er sich »erfrischen« konnte, ich versprach, im Taxi auf ihn zu warten. Der Mann trank Whiskey wie ein Seemann Rum und fickte, als wäre das Weltende nahe; die große Orgie, die er feierte, hatte offenbar in dem Augenblick begonnen, als er die Grenze des Königreichs hinter sich gelassen hatte. Was soll man sonst mit diesen häretischen Westlern anfangen?, sagte er. Ich machte Linda einen Vorschlag, den sie sofort annahm, seine Hoheit erhielt nun alle Aufmerksamkeit, die er sich wünschte, als dann noch zwei hochwohlgeborene Cousins aus London dazustießen, florierte das Geschäft erst recht.
    Ich holte Linda und ihre Freundinnen an einer Ecke ab, brachte sie ins Hotel und wartete, bis sie fertig waren. Es lief bestens, die Beduinen haben eine Vorliebe für üppigere Frauen, sodass der Wohlstand gerecht verteilt werden konnte, jegliche Diskriminierung wurde vermieden. Die Prinzen leerten an einem Abend mehrfach ihre Minibars, sie tauschten die Frauen und fickten und sangen die ganze Nacht.
    Die Mädels waren immer angeschickert und ausgelassen, wenn sie nach unten kamen, beladen mit Geschenken und goldenen Uhren. Unbestreitbar sind die Ölnomaden die gastfreundlichsten, warmherzigsten Bewohner unseres Planeten. Sie zeigten sich unglaublich großzügig, die Frauen nutzten es und wussten es zu schätzen. Manchmal fiel es den Saudis ein, gemeinsam tanzen zu gehen, dann musste ich schnell einen zweiten Wagen organisieren. Ich rief Mani an, die Sexspinne, oder Nummer 79 oder sonst jemanden aus dem Bolero. Eines Tages kamen drei saudische Prinzessinnen, Schwestern und Cousinen dieser Männer, zu Besuch. Sie wollten alle zusammen in ein teures französisches Restaurant gehen. Die Jungs fuhren in meinem Wagen, für die Prinzessinnen bestellte ich die 79, einen gut aussehenden Nigerianer mit breiten Schultern und perfekten, muskulösen Oberarmen. Er begrüßte die Prinzessinnen mit einem breiten, strahlenden Lächeln und blickte einer gleich besonders tief in die Augen. Als er die Damen später absetzte, tat ebendiese Prinzessin, als hätte sie im Taxi etwas vergessen. Sie ging zurück, beugte sich zu ihm hinüber und drückte ihm ein großes Trinkgeld in die Hand, sie nannte den Namen eines anderen Hotels und bat ihn, sie dort zu treffen.
    Nummer 79 raste nach Hause, rasierte sich und schmiss sich in Schale, er legte einige Tupfer Parfüm auf und fuhr zur verabredeten Stunde zum Hotel. Die Prinzessin saß bereits an der Bar. Der Fahrer erkannte sie kaum wieder, sie trug Minirock und hohe Absätze, sie rauchte und versteckte sich hinter einem Whiskeyglas. Sie winkte ihm zu, als sie ihn sah, und lud ihn ein, mit ihr zu trinken. Nach einer Weile gingen sie nach oben, sie fickten und soffen die ganze Nacht. Sie war so verknallt in den Jungen,

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