Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Spinnenfalle

Titel: Spinnenfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Schindler
Vom Netzwerk:
schnappte nach Luft.
    Gänsehaut kroch mir über den ganzen Körper und ich flüchtete zurück in mein Zimmer, schloss die Tür von innen ab und legte mich zitternd ins Bett.
    Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war mir, als hätte ich einen Albtraum gehabt.
    Aber meine Zimmertür war verschlossen - das hatte ich also nicht geträumt. Vorsichtig schlich ich in den Flur und ins Bad. Mein Herz hämmerte. Ich drückte auf den Schalter - das Licht brannte wie immer und der Spiegel war blitzblank.
    Ich wusch mir den Schlaf aus den Augen und wusste nicht, ob ich an Halluzinationen litt oder ob das alles letzte Nacht wirklich passiert war.
    Eins wusste ich aber genau: Ich konnte niemandem davon erzählen, denn alle würden nur mitleidig den Kopf schütteln und mich für durchgeknallt halten.

5
    E in paar Wochen nachdem Ljuba bei uns eingezogen war, fiel mir auf, dass sie die Zwillinge nicht mehr Tina und Rina nannte, sondern Kathi und Kris.
    Den beiden schien das zu gefallen, denn sie nannten sich nach ein paar Tagen ebenfalls so.
    »Komm, Kris, wir gehen rüber zu Paul«, sagte Rina.
    »Okay, Kathi«, antwortete Tina dann.
    Anfänglich hielten wir das für einen Gag oder ein Spiel, aber dann kam der Tag, an dem Tina nicht mehr auf »Tina« reagierte und Rina nicht mehr auf »Rina«.
    »Ich heiße Kathi«, krähte Rina.
    »Und ich Kris!« Tina blickte trotzig hoch.
    »Ach, und warum das auf einmal?«, erkundigte sich Mama.
    »Damit du uns besser unterscheiden kannst«, sagte Tina wichtig.
    Es hörte sich ein bisschen an wie Rotkäppchens Großmutter: »Damit ich dich besser hören kann …«
    Mama sah ihre Jüngsten etwas irritiert an, aber da setzte Rina noch einen drauf: »Auch ein Zwilling ist selber jemand. Ich will nicht mit Ti-, äh, mit Kris verwechselt werden. Tina und Rina - das ist doch total ähnlich.«
    »Genau!«, sagte Tina. »Kathi hört sich cool an.«
    »So, so«, brummte Mama. »Dann sollen wir euch wohl ab sofort Kathi und Kris nennen, ja?«

    »Genau!« Alle beide strahlten und glichen sich wie ein Ei dem andern.
    Abends wurde das Papa mitgeteilt.
    Er runzelte die Stirn, überlegte und meinte dann: »Gar keine schlechte Idee. Das unterstützt die Individualität. Warum sind wir nicht schon früher darauf gekommen?«
    »Weil Tina und Rina zwei süße Namen sind«, sagte Mama spitz. »Deshalb vielleicht. Ich könnte ebenso gut dabei bleiben.«
    »Aber Kathi und Kris gefallen mir auch«, sagte Papa, ganz der Friedensstifter. »Das sollen die beiden am besten selbst entscheiden. Na, ihr Mäuse, wie wollt ihr heißen?«
    »Katharina oder Kathi«, sagte Rina.
    »Kristina oder Kris«, sagte Tina.
    Daniel schüttelte den Kopf. »Eindeutig ein Fall von Selbstbestimmung. War ich in dem Alter auch schon so klar im Kopf?«
    Mama schüttelte den Kopf. »Nein, aber du hattest auch keinen Zwilling.«
    Während der gesamten Unterhaltung hatte ich mich zurückgehalten, weil ich mich, ehrlich gesagt, auch nicht so richtig entscheiden konnte. Und weil es echt um die Wünsche der Zwillinge ging.
    Deshalb sah ich vielleicht als Einzige aus unserer Runde, wie Ljuba kurz sehr zufrieden lächelte. Aber wirklich nur so kurz, dass ich fast dachte, ich hätte es mir eingebildet.
    Hatte ich aber nicht.
    Ljuba gefiel es offensichtlich sehr, dass ihre neue Namensgebung bei den Zwillingen so gut angekommen war und sich nun alle in der Familie danach richten mussten.
    Und nicht nur hier sah man ihren Einfluss: Mir fiel auf, dass die Zwillinge sich jetzt auch immer öfter unterschiedlich anzogen.

    Am Anfang bekam ich das nicht so richtig mit, aber dann sah ich eines Tages, dass Kris - es fiel mir immer noch schwer, nicht Tina zu sagen - Jeans anhatte und Kathi ein Kleid. Am nächsten Tag war es umgekehrt.
    So was hatte es früher nie gegeben. Manchmal zog die eine jetzt Schuhe an und die andere Stiefel. Oder eine einen Anorak und die andere einen Mantel.
    Sie waren so auch für Außenstehende viel leichter auseinanderzuhalten.

    Ende April kam meine Mutter ins Wohnzimmer und stöhnte: »Ich hab ausgemistet. Die beiden Lütten sind wahnsinnig in die Höhe geschossen, die müssen zum Sommer völlig neu eingekleidet werden!«
    »Au toll!«, brüllte Kris.
    Kathi freute sich etwas leiser. »Wann denn?«
    »Morgen Nachmittag«, verkündete die Zwillingsmutter und sah mich an. »Kommst du mit?«
    Einkaufen mit den Minis war wie Flöhe hüten, die rannten hierhin und dahin und wollten alles anprobieren, was auf Bügeln hing.
    »Klar«,

Weitere Kostenlose Bücher