Spinnenfalle
locker, sondern hielt meine Hand unbeirrt fest.
Ich kam mir vor wie Ingrid Bergman mit Cary Grant.
Oder doch mehr wie Mickeymaus mit Minniemaus.
Die anderen übersahen das Händchenhalten oder taten zumindest so. Wahrscheinlich weil es sich keiner mit Marlon verderben wollte, denn er war ziemlich beliebt.
Ich kam zwar mit den meisten ganz gut aus, aber ich weiß, dass die Jungs mich eher übersehen. Wahrscheinlich weil ich so flach bin.
Laura und Martha kamen auch in unsere Ecke und glotzten erst auf meine Hand in Marlons und dann auf mich.
Ich zuckte nur ganz kurz die Achseln.
Ist eben so, sollte das signalisieren.
Laura verzog den Mund, und ich ahnte, dass sie mir bei unserem nächsten Treffen vorwerfen würde, dass ich ihnen nicht alles erzählt hätte.
Aber manche Sachen sind eben nicht zum Erzählen.
Die erzählt man nicht mal den besten Freundinnen.
Weil sie so kostbar sind, dass man sie erst mal ganz allein für sich behalten möchte.
Natürlich wusste Daniel mittags auch schon Bescheid.
Wir hatten wegen der Hitze nur einen italienischen Salat geschnippelt, und während ich die Eier abschreckte
und er den Käse raffelte, fragte er: »Sag mal, stimmt das?«
»Stimmt was?«, fragte ich zurück, weil ich eigentlich keine Lust auf dieses Gespräch hatte.
»Was soll stimmen?«, mischte sich Mama ein, die den geschleuderten Salat in die große Schüssel kippte.
»Alex hat einen Freund«, verkündete Daniel und grinste frech.
»Ach, wirklich?« Mama grinste auch. »Kennen wir ihn?«
»Nein, noch nicht.« Ich zerteilte die Eier mit dem Eierschneider und tat sehr beschäftigt.
Aber kaum saßen wir am Tisch, hakte sie nach. »Nun sag schon - wer ist es denn?«
»Der tollste Typ aus ihrer Klasse«, sagte Daniel mit vollem Mund.
»So’n Quatsch«, widersprach ich, obwohl ich ihm im Geheimen recht gab.
Ljuba kicherte.
Mama ließ den Blick von Daniel zu mir wandern. »Aha, verstehe. Alles noch total geheim, ja?«
»Hmmm.« Ich merkte, wie ich rot wurde.
Dieses Verhör war megapeinlich.
»Natürlich kennt ihr ihn«, erklärte Dani. »Es ist Marlon, der war doch neulich hier.«
»Ach, der?« Meine Mutter lachte. »Hätte ich mir ja denken können. So ein netter Kerl!«
»Danke«, sagte ich trocken.
»Wann hat sich das denn von einer Deutsch-AG zu einem - äh - Flirt entwickelt?«, hakte sie nach.
»Mama!« Ich wurde langsam echt sauer. »Soll ich dir Datum und Uhrzeit nennen?«
»Nein, nein«, sie winkte ab. »Natürlich nicht. Aber dass das jetzt schon losgeht …« Sie blickte an mir vorbei an die Esszimmerwand und seufzte leise. »Ach, ja.«
Zum Glück wollten dann die Zwillinge unbedingt was loswerden, was heute bei ihnen in der Schule passiert war, und ich wurde nicht weiter gelöchert.
Aber beim Abendbrot trompetete Kris: »Papa, weißt du schon? Alex hat einen Freund!«
»Ach nee?«, sagte Papa verblüfft. »Ist es schon so weit?«
Mama lachte. »Irgendwann geht es mal los.«
»Bei Dani nicht«, sagte ich wütend. »Der ist Spätentwickler.«
Ljuba lachte laut, und Daniel sah nicht sie, sondern mich böse an.
»Es gibt auch andere wichtige Dinge!«
»Ja, klar, Fußball und Chemieexperimente und Fußball und Karate und Fußball und Musik und …«
»Hör auf!« Daniel war echt sauer. »Es gibt kein Gesetz, dass man mit siebzehn eine Freundin haben muss!«
»Nee! Und es gibt auch kein Gesetz, dass man veralbert wird, wenn man mit fünfzehn einen Freund hat!«, gab ich hitzig zurück.
»Stimmt«, sagte Papa. »Hört auf zu zanken, das ist doch total überflüssig. Aber …«
»Ja?«, fragte ich.
»Du könntest doch deinen Freund mal zum Essen einladen, wie wär’s?«
Meine Mutter lachte laut auf. »Bernhard! So was von Papaklischee! Soll er am besten gleich einen Einkommensbescheid mitbringen und seinen Stammbaum der letzten zehn Generationen?«
Mein Vater lachte jetzt auch, aber es wirkte etwas gezwungen. »Blödsinn. Ich bin einfach neugierig, das ist alles!«
»Du kennst ihn doch schon, mein Schatz«, klärte Mama
ihn grinsend auf. »Er wurde uns bereits ordnungsgemäß vorgestellt.«
Papa sah mich verblüfft an. »Ach dieser Martin oder wie hieß er doch gleich?«
»Papa!« Ich fand das überhaupt nicht komisch. »Er heißt Marlon und das weißt du auch genau!«
»Stimmt«, sagte Papa friedlich. »Und könnte ich jetzt bitte noch Salat haben?« Dann fügte er noch hinzu: »Aber mitbringen kannst du ihn gern mal wieder.«
14
S o kam es, dass ein paar Abende
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