Spinnenkuss: Elemental Assassin 1 (German Edition)

ungleichmäßigen Stücken von blauem und grauem Flussstein, der so zusammengefügt war, dass er einen eleganten Bogen bildete. Dasselbe galt für den Kamin selbst. Die Ausarbeitung war so perfekt, so nahtlos zusammengefügt, dass dabei Magie eine Rolle gespielt haben musste und damit ein anderer Steinelementar. Es kostete mich ein paar Sekunden, die Rune zu finden, die in der hintersten Ecke in die Steine geschnitzt war. Zwei Blöcke nebeneinander, mit einem anderen darauf – eine Baumeisterrune. Jetzt bemerkte ich auch das leise magische Kribbeln im Mörtel, der die Blöcke zusammenhielt. Steinelementare gab es am seltensten, und es überraschte mich immer wieder, einen anderen zu entdecken, seine Arbeit zu sehen und die Macht zu spüren.
    Dann konzentrierte ich mich, lauschte auf den Stein und versuchte, den genauen Ausgangspunkt der Vibrationen zu finden.
    Und entdeckte, dass einer der Steine ein wenig heller, ein wenig glatter war als die anderen, als hätte ihn jemand regelmäßig berührt und wie einen Glücksbringer gerieben – oder ihn gedrückt, um ein Geheimfach zu öffnen und zu schließen. Der Stein unter meinen suchenden Fingern war glatt und kühl. Da. Ein kleiner Metallknopf auf der Unterseite. Ich drückte darauf. Etwas klickte, und der Stein drückte sich nach außen, sodass ein Leerraum von der Größe eines Bankschließfaches in der Kamineinfassung enthüllt wurde.
    »Hab was gefunden!«, jubelte ich.
    »Was?«, fragte Finn und bemühte sich, über meine Schulter zu schauen.
    Ich spähte in den Hohlraum. Darin lag eine blaue Aktenmappe mit den Worten Halo Industries darauf, zusammen mit einer kleinen externen Festplatte. Außerdem gab es ein paar Nacktbilder von Gordon Giles in unterschiedlichen Positionen mit einer bunten Mischung von Prostituierten, von denen viele die Herz-und-Pfeil-Rune des Northern Aggression trugen. Schwarz, weiß, Latino, Mensch, Vampir. Ich blätterte mich durch die Bilder. Peitschen, Leder, Masken. Giles hatte seine Prostituierten mehr geschätzt, als Fletchers Akte hatte vermuten lassen. Ich drehte eines der Bilder zur Seite und betrachtete es genauer. Und Gordon war offensichtlich gelenkiger gewesen als gedacht.
    »Was hast du entdeckt?«, brummte Donovan Caine hinter mir.
    »Den Hauptgewinn.«
    Ich zog die kleine Festplatte heraus, um sie Finn und Caine kurz zu zeigen. Dann stopfte ich sie in die Hosentasche. Die Akte gab ich zusammen mit den Bildern an Finn weiter.
    Finn blätterte hindurch und gab einen Pfiff von sich. »Gordon hat ganz schöne Hardcore-Sachen gemacht. Schauen Sie sich das mal an, Detective.«
    Caine wandte dem Vampir den Rücken zu und kam auf uns zu. Hinter ihm blitzte etwas in Carlyles Augen auf. Ich fühlte, wie ein kleiner Funken Magie im Raum zum Leben erwachte.
    Das war der Moment, in dem der Vampir aktiv wurde.

22
    Metall. Der Vampir musste ein minimales Maß an Elementarmagie für die Beherrschung von Metall haben. Das war die einzige Erklärung für das plötzliche Aufwallen von Kraft – und dafür, dass seine Steinsilber-Handschellen von seinen Handgelenken abfielen wie Plastikspielzeug. Ich hatte sie selbst kontrolliert. Das Metall war so solide gewesen wie meine Klingen.
    Carlyle sprang auf die Beine. Caine bemerkte die Bewegung zu spät. Er wollte gerade herumwirbeln und nach seiner Waffe greifen, als Carlyle den Detective schon mit beiden Händen von sich schubste. Vampire waren nicht so stark wie Riesen und Zwerge, aber Carlyle war mehr als stark genug, um Caine quer durch den Raum zu schleudern. Ein wild wedelnder Arm des Detectives traf Finn in die Brust. Der fiel wie ein Sack Kartoffeln um und fing von der Wucht des Aufpralls zu husten an. Caine dagegen rutschte auf dem Rücken weiter, bis er gegen den Kamin knallte.
    Charles Carlyle fletschte seine Zähne und sprang durch den Raum.
    »Bleibt hier!«, schrie ich, obwohl ich stark bezweifelte, dass Finn oder Caine mir zuhörten. »Ich schnappe ihn mir!«
    Mir blieb keine Zeit, mich um meine Begleiter zu kümmern. Ich sprang über den immer noch keuchenden Finn hinweg und rannte durchs Haus, Carlyle hinterher. Vor mir hörte ich seine Schritte, gefolgt vom Geräusch der Haustür, die aufgerissen wurde. Der Drecksack war bereits draußen. Verdammt. Ich durfte ihn nicht entkommen lassen. Carlyle würde als Erstes die Luftmagierin anrufen und ihr mitteilen, dass Finn und ich noch in der Stadt waren – und mit Donovan Caine zusammenarbeiteten. Das wollte ich nicht. Nicht, bis