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Spinnenkuss: Elemental Assassin 1 (German Edition)

Spinnenkuss: Elemental Assassin 1 (German Edition)

Titel: Spinnenkuss: Elemental Assassin 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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Zeit, beim ersten Mal, als er es erwähnte, auf ihn gehört hätte. Vielleicht wäre der Gordon-Giles-Auftrag nie an ihn herangetragen worden, wenn ich mich damals aus dem Mord-Geschäft zurückgezogen hätte. Vielleicht säße er jetzt im Pork Pit, wo er ein Buch las und Malzkaffee trank, statt mit stumpfen blinden Augen an die Decke zu starren, wenn ich seinem Wunsch einfach nachgegeben hätte. Vielleicht wäre Fletcher noch am Leben, wenn ich mich zur Ruhe gesetzt hätte, als er mich zum ersten Mal darum gebeten hatte.
    Mein Fehler. Das alles war mein verdammter Fehler.
    Schuldgefühle und Trauer füllten meine Brust, ließen die Schutzmauern um mein Herz zerbrechen und den kalten Stein zu Staub zerfallen. Meine Kehle wurde eng, und Tränen, heißer als das Wasser, das um mich herum zu Boden prasselte, brannten in meinen Augen. Ich sank in der Dusche auf die Knie und kauerte mich auf den glatten Fliesen zusammen.
    Und zum zweiten Mal an diesem Tag weinte ich hemmungslos.
    Vielleicht vergingen zehn Minuten, vielleicht auch eine halbe Stunde. Ich war mir nicht sicher. Aber das kühler werdende Wasser riss mich aus meiner Trauer, und ein Zittern lief über meinen Körper. Manche hätten mich vielleicht eine Heuchlerin genannt, weil ich dermaßen über Fletchers Tod trauerte und so wütend auf die Luftmagierin war, die ihn abgeschlachtet hatte. An meinen Händen klebte eimerweise Blut, und meine Taten hatten eine Menge Leute dazu gebracht, ihre Lieben zu betrauern. Aber es gab Regeln, Codes, egal wie krank sie auch wirkten. Keine Kinder, keine Haustiere, keine Folter, und man hängte niemand anderem die Schuld für die eigenen Handlungen an. Die Art, wie der weibliche Elementar Fletcher gefoltert hatte … allein dafür verdiente sie es, bestraft zu werden. Erledigt zu werden wie ein tollwütiger Hund, bevor sie dasselbe jemand anderem antun konnte.
    Fletcher war von uns gegangen, aber ich war noch hier. Genau wie Finn. Und ich würde alles in meiner Macht Stehende tun, um dafür zu sorgen, dass es genauso blieb. Der alte Mann hatte meinen Überlebensinstinkt geschärft, hatte mir eingebläut, dass er vor allem anderen kam – Gefühlen, Gewissen, Angst, Reue. Wenn mich das zu einer Heuchlerin machte, dann sollte es so sein. Es gab Schlimmeres. Zum Beispiel tot zu sein.
    Ich zwang mich dazu, mein spätnächtliches Ritual zu vollziehen. Mechanisch wusch ich mir den Körper und die Haare, trocknete mich ab und schlüpfte in meinen weichen Flanell-Pyjama mit den bauschigen blauen Wolken darauf, den Jo-Jo mir einmal geschenkt hatte. Von Schuldgefühlen, Tränen und meinem emotionalen Zusammenbruch einmal abgesehen brauchte ich morgen all meine Kraft. Dasselbe galt für die absehbare Zukunft. Oh, ich machte mir keine Sorgen um das Kopfgeld. Fletcher hatte mir beigebracht, vorsichtig zu sein, quasi unsichtbar zu werden, und ich hatte diese Fähigkeit in den letzten siebzehn Jahren perfektioniert. Was es nur noch absonderlicher machte, dass jemand ausgerechnet uns ins Visier genommen hatte. Aber irgendwer hatte ganz offensichtlich irgendwann und irgendwo über das geredet, was wir taten. Wenn ich die Luftmagierin erwischt hatte, würde ich sie fragen, wie sie Fletcher gefunden hatte – und ich würde dabei nicht besonders höflich sein.
    Bevor ich ins Bett ging, schlurfte ich noch einmal durch die Wohnung und drückte meine Hände gegen den Stein an der Tür und allen Fenstern, um meine Schutzrunen zu überprüfen. Das Element antwortete murmelnd, bevor es wieder in sein normales unterschwelliges Brummen verfiel.
    Als zusätzliche Versicherung schob ich mir ein Steinsilber-Messer unter mein Kissen und legte ein paar weitere in Reichweite auf meinen Nachttisch. Dann rollte ich mich unter der weichen Decke zusammen. Die Anspannung in meinen Muskeln ließ langsam nach, und ich träumte …
    Heftiges Schluchzen, das mir fast den Atem raubte, erschütterte meinen Körper, der von Kopf bis Fuß zitterte. Tränen rannen in einem endlosen Strom über meine raue Haut und vermischten sich mit dem Dreck auf meinen Händen. Ich holte mühsam Luft und leckte mir die aufgesprungenen Lippen, schmeckte mein eigenes Salz.
    »Das wird dir nicht helfen«, durchschnitt eine tiefe Stimme mein Elend.
    Schritte kamen über den Asphalt, und ich sah schniefend auf. Vor mir stand ein großer Mann mittleren Alters mit dunkelbraunem Haar. Eine speckige Schürze verdeckte sein blaues Arbeitshemd und die Hose. Seine Füße steckten in braunen

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