Spinnenkuss: Elemental Assassin 1 (German Edition)
Fassade des Cake Walk entfernt. Letzte Nacht hatte er sich den Luxus- SUV aus einer der Parkgaragen in der Innenstadt »geliehen«. Er mochte ja auf den ersten Blick ein seriöser Banker sein, aber Finn war auch recht geschickt darin, bei gewissen Gegenständen einen Besitzerwechsel einzuleiten. Wie zum Beispiel bei Autos.
Normalerweise wären wir in seinem Benz oder einem anderen von seinem halben Dutzend Autos gefahren. Aber nachdem die Luftmagierin genau wusste, wer Finn war, und außerdem jemand bei der Polizei für sie arbeitete, hatten wir entschieden, in den nächsten paar Tagen unsere Transportmittel zu stehlen. Nur für den Fall, dass jemand Finns Wagen zur Fahndung ausgeschrieben hatte. Außerdem war Autodiebstahl in Ashland ein ziemlich geringfügiges Vergehen. Selbst wenn jemand sein Auto als gestohlen meldete, würde es ein paar Tage dauern, bevor der Bericht im System landete. Bis dahin wäre alles schon längst vorbei.
Sobald wir uns den Wagen besorgt hatten, entwarfen wir einen Plan, wie ich mich Caine nähern sollte. Was ich sagen, enthüllen, versprechen oder androhen sollte. Schließlich, gegen drei Uhr morgens, waren wir ins Bett gegangen, damit ich mich für meine Verabredung zum Mittagessen ausruhen konnte.
»Du wirst Rückendeckung brauchen«, sagte Finn nun und starrte durch die Windschutzscheibe auf das Cake Walk. »Nur für den Fall, dass Caine beschließt, dich verhaften zu wollen, egal wie viele Kollateralschäden er damit verursacht.«
»Kerle wie Caine versuchen in der Regel, jegliche Kollateralschäden zu vermeiden . Das bedeutet natürlich nicht, dass die Sache nicht auch schieflaufen kann, aber trotzdem ist es besser, wenn du draußen bleibst. Dann muss ich mir keine Sorgen um dich machen, während ich mich mit dem Detective unterhalte.« Ich grinste. »Außerdem muss doch jemand den Fluchtwagen fahren.«
Finn schnaubte. »Wir sind hier nicht in Miss Daisy und ihr Chauffeur . Und du siehst nicht im Geringsten aus wie Jessica Tandy.«
Ich lächelte ihn an und zupfte meinen Ausschnitt zurecht. Mit der Umgebung zu verschmelzen war eine wichtige Fähigkeit, die jeder Profikiller beherrschen musste. Manchmal benutzte ich auffällige Kleidung, um das zu erreichen. Perücken, Make-up, Brillen, Schmuck. Manchmal setzte ich meinen Körper ein. Legte mir einen ausgefallenen Akzent zu, bewegte mich auf eindringliche Art, war laut und schwatzhaft.
Aber am besten war ich darin, unsichtbar zu werden, indem ich absolut durchschnittlich aussah und mich so normal, so gewöhnlich benahm, dass ich mit dem Hintergrund verschmolz. Langsame Bewegungen, ruhige Stimme, neutrale Miene. Die Leute sahen mich, aber meine Anwesenheit fiel ihnen gar nicht wirklich auf. Diese Fähigkeit hatte ich schon in meiner Zeit auf der Straße perfektioniert. Keiner der Dreckigen, Entrechteten und Unterdrückten wollte jemals die Aufmerksamkeit auf sich lenken, mal abgesehen von den Vampiren.
Und für diese letzte Herangehensweise hatte ich mich heute entschieden. Ich war einfach ich selbst. Jeans, Stiefel, T-Shirt, Fleecejacke. Lässige Bequemlichkeit. Mein einziges Zugeständnis an das heutige Treffen war mein weißes T-Shirt, auf dessen Brust Brombeeren aufgedruckt waren. Das Shirt hatte einen tiefen V-Ausschnitt, der die Brombeeren in der Mitte durchschnitt und so mein Dekolleté und den Rand meines weißen Spitzen- BH s zeigte. Jeder Mann starrte gerne Brüste an, egal an welchem Körper sie befestigt waren. Umso besser, wenn es mir tatsächlich einen kurzen Vorteil oder dem Detective einen kleinen erotischen Kick verschaffte. Ich war mir nicht dafür zu schade, jedes Mittel einzusetzen, das mir eben zur Verfügung stand.
Aber ohne meine Steinsilber-Messer ging ich nirgendwohin. Ich hatte mein übliches Fünferarsenal bei mir. Und Jo-Jo hatte recht. Falls die Lage wirklich verzweifelt wurde, konnte ich immer noch meine Stein- und Eismagie einsetzen.
Aber das würde nicht passieren. Dafür war ich zu klug. Zu stark. Und Caine war kein lüsterner, vergewaltigender Bastard, wie sein verstorbener Partner es gewesen war.
Ich starrte durch die getönten Scheiben des Cadillacs auf das Cake Walk. Auf dem Schaufenster prangte ein riesiger Schokoladenkuchen mit einer Haube aus schneeweißer Sahne, die von einer einzelnen Kirsche gekrönt wurde. An kleinen Tischen im Innenraum saßen Leute. Es war schon fast ein Uhr, und ein stetiger Strom Kunden drängte in und aus dem Restaurant, als würden sie am Fließband
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