Spinnenkuss: Elemental Assassin 1 (German Edition)
im schlimmsten Fall tödlich war, sich mit Donovan Caine zu treffen. Finn redete und flehte und bettelte, bis sein Gesicht vor Verzweiflung genauso blaugrün anlief wie vor der Heilung durch Jo-Jo.
Aber er konnte mich nicht umstimmen.
Trotz meiner Ausbildung, trotz all der unzähligen Male, bei denen ich einem vermasselten Job einfach den Rücken zugekehrt hatte, würde ich nicht fliehen. Dieses Mal nicht. Auftragsmörder sollten eigentlich nichts persönlich nehmen. Nicht auf ihre Gefühle hören oder ihren Emotionen nachgeben. Sie wurden bezahlt. Machten ihren Job. Verschwanden. Schauten nicht zurück. So lauteten die Regeln des Spiels.
Aber ich konnte den harten kalten Knoten der Wut in meiner Brust nicht einfach ignorieren. Es machte mir nichts aus, wenn man auf mich schoss oder mich als Monster bezeichnete. Dafür klebte an meinen Händen zu viel Blut. Aber ich wollte verdammt sein, wenn ich zuließ, dass dieses Weib ein doppeltes Spiel mit mir spielte, nur weil sie zu feige war, mir mit hochgeklapptem Visier zu begegnen. Fletcher war wegen dieses miesen Plans gestorben, war auf schreckliche Weise gefoltert worden, und Finn hatten sie beinahe zu Tode geprügelt. Jemand würde dafür zahlen – für all das. Und zwar mit seinem verdammten Leben.
Als Finn klar wurde, dass ich mich nicht überzeugen lassen würde, machten wir uns an die Arbeit. Er kontaktierte ein paar Leute, die bereit waren, ihm Informationen über Donovan Caine zukommen zu lassen – für den richtigen Preis. In der Zwischenzeit studierte ich noch einmal die Akte, die Fletcher mir über Gordon Giles gegeben hatte.
Ich wusste nicht, wann oder von wem Fletcher wegen des Auftrags kontaktiert worden war, aber er hatte eine beträchtliche Menge Informationen über Giles gesammelt. Sein Vermögen, Geschäftsabschlüsse, Immobilienbesitz, Hobbys, Gewohnheiten, Engagement in Wohltätigkeitsorganisationen, Lieblingsrestaurants. Vierundfünfzig Jahre eines Lebens reduziert auf ein paar Bögen weißen Papiers in einer einzigen Aktenmappe. Eigentlich ein wenig traurig.
Aber je genauer ich die Dokumente studierte, desto weniger war ich davon überzeugt, dass Gordon Giles ein hinterhältiger Kerl gewesen war, der Millionen veruntreut hatte. Zum einen brauchte er das Geld nicht. Giles besaß selbst mehrere Millionen, die auf verschiedenen Konten und Renten verteilt waren, und bezog als Finanzchef von Halo Industries ein ansehnliches Gehalt. Und er warf das Geld auch nicht mit vollen Händen zum Fenster hinaus. Bis auf teure Anzüge, gutes Essen, ein paar Trips zum monatlichen Hochseeangeln und den wöchentlichen Besuchen bei Nutten sparte Giles den Großteil seines Geldes. Er spendete jedes Jahr mehr als eine Million Dollar an die Brustkrebsforschung zu Ehren seiner verstorbenen Mutter. Was für ein netter Kerl.
Sicher, viele Leute versteckten ihr wahres Ich hinter Benefizveranstaltungen und einem gewinnenden Lächeln. Dafür war Mab Monroe das beste Beispiel. Aber ich war gut darin, den Charakter von Leuten einzuschätzen, selbst wenn ich nur Papier zur Verfügung hatte, und in dieser Akte gab es nichts, was darauf hinwies, dass Giles es nötig gehabt hätte zu stehlen. Er wirkte einfach nicht gierig oder verzweifelt genug.
Ich blätterte zurück zu der Seite, auf der Giles’ Ausgaben aufgelistet waren. Anhand seiner Laster konnte man eine Menge über einen Mann herausfinden. Sie hatten mir mehr als einmal dabei geholfen, an meine Zielperson heranzukommen. Mindestens einmal die Woche ließ Giles mehrere Tausend Dollar bei den Mädchen im »Northern Aggression«, einem schicken Nachtklub, der jeden Wunsch, jedes Verlangen und jede Sucht befriedigte, die man sich nur vorstellen konnte. Sex, Drogen, Blut oder eine Kombination aus allem. Hmm. Finn und ich würden Roslyn Philipps im Klub einen Besuch abstatten müssen, um herauszufinden, was sie wusste.
Es war vielleicht weit hergeholt, aber eventuell hatte Giles einer von Roslyns Prostituierten etwas erzählt. Hatte einem der Mädchen eine Information ins Ohr geflüstert, die mich zu seinem Mörder führen konnte.
Wissen war Macht und, noch wichtiger, ein Druckmittel. Ich setzte nicht gerne Erpressung ein, denn ich betrachtete sie als die niederträchtigste Form der Überredung, aber ich würde mich dazu herablassen, wenn sie uns aus diesem Schlamassel heraushalf. Und dann, in ein paar Tagen oder Wochen oder Monaten, wenn die Luftmagierin glaubte, wir hätten uns verkrümelt und alles wäre in
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