Spinnenkuss: Elemental Assassin 1 (German Edition)
erkannte meine leise Stimme. Das wurde an der Art deutlich, wie seine Schultern sich unter dem weißen Hemd strafften. Wie sein gesamter Körper sich anspannte. Wie er Kraft sammelte, um sich auf den ersten Schlag vorzubereiten.
Donovan legte in einer langsamen, vorsichtigen Bewegung sein halb gegessenes Sandwich auf seinen Plastikteller. Dann stemmte er die Hände auf den Tisch, und erst dann hob er den Kopf, um mich anzusehen.
Ich lächelte. »Darf ich Ihnen Gesellschaft leisten?«
Donovan Caine verfiel nicht in Panik. Schrie nicht, zog nicht seine Waffe, tat überhaupt nichts, was seinen Tod hätte nach sich ziehen können. Stattdessen kniff er die haselnussbraunen Augen zusammen und musterte mich kühl.
»Sie sind entweder der mutigste Mörder, den ich je getroffen habe, oder der dümmste.« Seine Stimme, ein tiefer, voller Bariton, rumpelte in seiner Brust.
Mein Lächeln wurde breiter. »In meinem Job muss man beides sein.«
Mein Scherz wurde nur mit einem weiteren ausdruckslosen Starren quittiert. Caine musste dringend an seinem Sinn für Humor arbeiten.
»Was tun Sie hier?«, fragte er. »Wollen Sie zu Ende bringen, was Sie neulich angefangen haben?«
»Nein«, antwortete ich. »Ich bin nicht hier, um Sie umzubringen, Detective. Ich will nur reden.«
Noch ein harter Blick. Dann glitten seine Augen zu der Pistole, die an seinem Gürtel im Holster hing. Es war nur ein kurzer Moment, ein Zucken in den Augen, aber ich sah es trotzdem.
»Wäre ich Sie, Detective, würde ich nichts Dummes tun, wie zum Beispiel versuchen, die Pistole zu ziehen.«
Er erstarrte. »Warum nicht?«
Ich deutete mit dem Kopf aus dem Fenster. »Sehen Sie den schwarzen Cadillac da draußen? Den Geländewagen?«
Er nickte.
»Einer meiner Partner sitzt da drin. Zufällig hat er mehrere Waffen dabei. Wenn ich das Restaurant nicht in einer Viertelstunde wieder verlasse, wird er anfangen, die Studenten auf dem Campus zu erschießen. Falls man mich aufhält oder mir folgt, wird er dasselbe tun. Und wenn ihm langweilig wird oder seine Nase juckt … nun, ich glaube, Sie haben das Prinzip verstanden. Es ist Ihre Wahl, Detective.«
Ich erwähnte nicht, dass ich ein Messer in der Hand hatte und dass ich ihm unter dem Tisch schneller die Oberschenkelarterie durchtrennen konnte, als er seine Waffe ziehen würde. Ich hoffte allerdings, dass es dazu nicht kommen musste. Ich brauchte den Detective, und im Moment brauchte er mich auch. Wenn er denn nicht zu stur war, um das einzusehen.
Caine antwortete nicht. Stattdessen starrte er mich weiter an, als könnte er die Geheimnisse meines Charakters offenlegen, indem er mir nur lange genug in die Augen sah. Nach ein paar Sekunden brach er den Blickkontakt ab. Stattdessen musterte er mein Gesicht, meine Haare, meine Kleidung und prägte sich alles für später ein. In den Sechs-Uhr-Nachrichten würde es wahrscheinlich bereits ein sehr viel besseres Phantombild von mir geben. Aber der brave Detective war auch nicht darüber erhaben, meine Brüste zu taxieren. Es war ein kurzer Moment, nicht mehr als ein kurzes Senken des Blicks, aber ich bemerkte es.
»Schön«, murmelte er. »Reden Sie.«
Ich nahm einen Schluck von meiner Limonade. Nicht sauer genug. »Ich habe Ihnen einen Vorschlag zu unterbreiten.«
Caine schnaubte. »Wirklich? Und wie soll der lauten? Darf ich mir selbst aussuchen, wie ich sterbe?«
»Nein«, antwortete ich. »Aber ich dachte, Sie wären vielleicht daran interessiert zu erfahren, wer mich dafür bezahlt hat, Gordon Giles zu töten.«
Seine Augen verengten sich. »Sie wissen es?«
»Noch nicht, aber ich werde es rausfinden.«
»Warum?«
»Weil diese Person mich reingelegt hat. Man hat mir jemanden auf den Hals gehetzt, der mich nach dem Mord an Giles erledigen sollte.«
Caine lachte – ein hartes, bitteres Geräusch, mit dem man die Farbe von den Wänden kratzen konnte. Mehrere Leute starrten ihn an. Er wartete, bis sie sich wieder ihren Kuchenstücken zuwandten, bevor er fragte: »Und das überrascht Sie? Dieser Mangel an Ehrgefühl unter ihresgleichen?«
»Nein. Aber mich überrascht, dass sie es bei mir versucht haben. Ich habe einen Ruf. Einen Ruf, der durch diesen Vorfall befleckt wurde. Das werde ich wieder in Ordnung bringen.«
»Also haben Sie einen Namen«, meinte Caine ausdruckslos. »Irgendein dämliches Pseudonym, das niemandem außer Ihnen etwas bedeutet.«
Mein mörderischer Spitzname bedeutete mir etwas, aber nicht auf die Art, die Caine meinte. Es
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