Spinnenkuss: Elemental Assassin 1 (German Edition)
Abend nicht mindestens schon ein halbes Dutzend Mal töten können.
Es war spät, und ich war müde. Also griff ich etwas grober als nötig nach Caines Kinn, drückte seinen Kopf nach unten, als er versuchte, sich mir zu entziehen, und rieb ihm die Salbe auf die Haut. Nach ein paar Sekunden fing die heilende Luftmagie an zu wirken. Die Blutergüsse auf seinem Gesicht verfärbten sich erst gelb und verblassten dann, während sich die Wunden schlossen. Donovan spürte offenbar, wie der Schmerz nachließ, denn er entspannte sich – so sehr es ihm in der Nähe der Mörderin seines Partners eben möglich war.
»Sie haben einen festen Griff«, sagte Caine. »Sehr unnachgiebig. Sehr stark.«
»Ist das ein Kompliment?«
Er zuckte mit den Achseln. »Nur eine Feststellung.«
Ich trug die Salbe auf den Rest seines Gesichts auf, inklusive seiner Lippen. Die Unterlippe war aufgeplatzt, und ich fuhr mit dem Daumen darüber, wie eine Geliebte es vielleicht getan hätte. Caine versteifte sich bei der intimen Berührung, aber er entzog sich mir nicht. Stattdessen ließ mich der Detective nicht aus den Augen. Sein ausdrucksloser Blick registrierte alles, von meiner Haltung über die kreisförmigen Bewegungen meiner Hände bis hin zu meiner Atmung. Er speicherte alles für die Zukunft. Wenn unser Waffenstillstand vorbei war, durfte er mich jagen, wie er es eigentlich wollte – mit rauchendem Colt.
»Was ist das da an Ihren Händen?«, fragte er. »Es sieht aus wie Silber.«
Die Rune. Noch etwas, was ihn nichts anging. Ich ballte meine Hand zu einer lockeren Faust.
»Das ist nichts«, sagte ich. »Nur eine alte Narbe. Davon habe ich eine Menge.«
»Darauf würde ich wetten«, murmelte er.
Ich schmierte die letzte Portion der Creme auf sein Gesicht, stand auf und gab dem Detective eine Dose mit hoch dosierten Kopfschmerztabletten. »Vielleicht wollen Sie noch ein paar davon einwerfen.«
Er nahm mir die Packung ab, wobei er sorgfältig darauf achtete, meine Haut nicht zu berühren. Seine bernsteinfarbenen Augen suchten die meinen. Ich lehnte mich gegen das Waschbecken, verschränkte die Arme vor der Brust und wartete darauf, dass er sagte, was immer er zu sagen hatte.
»Danke«, murmelte Caine. Man hätte meinen können, er hätte einen Krampf im Unterkiefer, wenn man hörte, wie er das Wort zwischen den zusammengebissenen Zähnen hindurchpresste. »Für alles heute Abend. So seltsam und falsch es auch ist, hätte es Sie nicht gegeben, säße ich nicht hier.«
»Gern geschehen.«
Mit einem Nicken akzeptierte er meine höfliche Antwort. Dann legte er nach.
»Aber glauben Sie nicht, dass der heutige Abend irgendwas zwischen uns ändert. Nachdem wir den Elementar gefunden haben, werde ich Sie wegen des Mordes an Cliff Ingles zur Verantwortung ziehen – egal was es kostet, tot oder lebendig. Vergessen Sie das nicht.«
Ich drehte das heiße Wasser an und wusch mir die Hände. »Keine Sorge, Detective. Ich habe Ihren persönlichen Rachefeldzug gegen mich nicht vergessen. Aber Sie sollten immer daran denken, was ich diesen Männern in Ihrem Haus angetan habe. Denn ich werde nicht zögern, mit Ihnen dasselbe zu machen, sobald Sie mir in die Quere kommen. Verstanden?«
Donovan Caine beobachtete, wie rosafarbenes Wasser von meinen Händen tropfte und im Abfluss verschwand.
»Verstanden.«
Caine schluckte ein paar Aspirin und kehrte ins Wohnzimmer zurück. Ich schraubte Jo-Jos Heilsalbe zu und folgte ihm. Der Detective setzte sich wieder aufs Sofa. Er mochte mich hassen, aber zumindest war er nicht schüchtern.
Während wir im Bad gewesen waren, hatte Finn sich eine Tasse Kaffee gemacht. Der volle Koffeinduft stieg mir in die Nase, und mein Magen knurrte.
»Finn? Mitternachtsimbiss?« Ich ging in die Küche.
»Sandwich«, sagte er, ohne sich auch nur die Mühe zu machen, von seinem blau leuchtenden Bildschirm aufzuschauen. »Aber diesmal mit Truthahn. Und ein anderes Brot. Überrasch mich!«
»Ja, Meister.«
Ich holte mir einen Laib von Sophia Deveraux’ Sauerteigbrot, den ich vor ein paar Tagen aus dem Pork Pit mitgenommen hatte, mehrere Bananen, Erdnussbutter und Honig aus den Schränken, zusammen mit einem im Glas eingelegten Kürbis. Als Erstes vermischte ich die Erdnussbutter und den Kürbis, sodass ein cremiger Aufstrich entstand, den ich auf die Brotscheiben schmierte. Darauf kamen mit Honig beträufelte geschnittene Bananen. Am Schluss streute ich ein wenig Zimt auf das Ganze, dann folgte als Deckel eine
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