Spion der Liebe
Faro-Tisch gewinnen würde. Manchmal lachte sie. Wenn sich der General mit ihr unterhielt, suchte sie nicht mehr krampfhaft nach den richtigen Worten. Und schließlich vergaß sie, daß sie nicht sein Gast, sondern seine Gefangene war.
Nach dem Essen ging die ganze Gesellschaft in einen großen Salon, wo mehrere Spieltische standen. Der General forderte Serena zu einer Partie Lu auf, gab ihr mehrere Goldmünzen für ihren Einsatz und ließ sie gewinnen. Am späteren Abend wollte er sie in ein viel amüsanteres Spiel verwickeln, das er zu gewinnen dachte.
Bald war sie um viele Dukaten reicher, und ihr Geschick weckte seine Zweifel an ihrer Unschuldsmiene. Nach seiner Erfahrung waren gute Spielerinnen auch in anderen vergnüglichen Aktivitäten versiert. Woher mochte Miss Blythe stammen? Aus gutem Haus, worauf ihre Manieren hinzuweisen schienen? Oder aus der demimonde?
Kurz nach Mitternacht unterbrach ein Offiziersbursche das Spiel, entschuldigte sich und überreichte dem General einen Brief. Nachdem Massena die Nachricht gelesen hatte, befahl er: »Führen Sie ihn herein.« Dann bemerkte er Solignacs fragenden Blick und erklärte: »Ein Florentiner Kaufmann will mit mir über eine Spende aus Fiesole reden. Aber zuvor werde ich meinen Einsatz um viertausend erhöhen.«
»Wer ist es?« Da der Besucher zu so später Stunde eintraf, erregte er Solignacs Argwohn.
»Ein Bankier namens Allori. Spielen Sie weiter, Colonel?«
Der Stabschef schüttelte den Kopf und legte seine Karten beiseite.
»Ah, Solignac möchte passen. Geht jemand mit?«
»Ich«, meldete sich Serena zu Wort. »Sagten Sie vier-oder zehntausend?«
»Wunderbar! Ich mag risikofreudige Frauen. Wenn ich mich recht entsinne – zehntausend, Mademoiselle.« Inzwischen war das Eis in Massenas Augen geschmolzen, und sein hinterhältiger Charme amüsierte Serena.
»Mon General, ich werde Sie um Ihr Geld erleichtern.« Langsam deckte sie ihre Karten auf – vier Karos und den Kreuzbuben.
»An eine schöne Frau verliere ich meine Dukaten sehr gern, Miss Blythe. Was wollen Sie mit Ihrem Gewinn kaufen?«
Ehe sie antworten konnte, wurde seine Aufmerksamkeit abgelenkt. »Oh, da ist unser Bankier!« Dann flüsterte er etwas ins Ohr seines Stabschefs, der den Neuankömmling mit zusammengekniffenen Augen musterte.
Auch Serena schaute zur Tür, schnappte nach Luft, und Massena beobachtete, wie ihr das Blut in die Wangen stieg. »Kennen Sie Signore Allori, Mademoiselle?«
»Ich – ich bin mir nicht sicher«, stammelte sie. Hastig wandte sie ihren Blick von Beau ab. Auf keinen Fall durfte sie ihn verraten und in Gefahr bringen. »Nein, wahrscheinlich nicht.«
Als er den Salon betrat, erregte seine äußere Erscheinung allgemeines Interesse. Straßenstaub bedeckte sein Kleidung, über einer Schulter hingen lederne Satteltaschen. In der plötzlichen Stille klickten seine Sporen laut auf dem Parkettboden. Er hatte den General, der ihm bei dem Waffenstillstandsverhandlungen in Leoben begegnet war, sofort wiedererkannt. Würde sich Massena an ihn erinnern, trotz des Gedränges an jenem Tag im Schloß Eggenwald?
Der Offiziersbursche, der ihm vorausging, meldete ihn an. »Signore Allori, General.«
»Was führt Sie nach Mailand, Rochefort?« fragte Massena jovial. »Noch dazu in solcher Eile …« Vielsagend wanderten die kühlen blauen Augen über Beaus staubige Kleidung.
»Eine geschäftliche Angelegenheit, General«, erwiderte Beau seelenruhig und bewunderte widerstrebend Massenas Gedächtnis. In jenem Konferenzraum, wo sich über hundert Leute versammelt hatten, waren sie einander nicht einmal vorgestellt worden.
»Ah – eine Regierungsangelegenheit?«
»Nein, eine Privatsache.« Beau richtete seinen Blick auf Serena, die neben dem General saß, wie eine Kurtisane gekleidet – oder eher unbekleidet. »Sammeln Sie Juwelen, Mademoiselle?« fragte er in scharfem Ton. Nur die Russen stellten solchen Smaragdschmuck her.
Serena zuckte zusammen, als hätte er sie geschlagen. Wie konnte er es wagen, ihr zu unterstellen, sie wäre freiwillig hier?
»Offensichtlich kennen Sie Miss Blythe.« Mit einer knappen Geste bedeutete Massena seinen Offizieren, sich zu entfernen, und bot Beau Platz an.
»Sogar sehr gut.«
»Seltsam – als ich Miss Blythe danach fragte, wußte sie’s nicht genau.«
»Vielleicht finde ich eine Gelegenheit, ihre Erinnerung aufzufrischen.«
»Und warum sollte ich das gestatten?« entgegnete Massena gedehnt.
»Weil Sie davon profitieren
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