Spion Für Deutschland
Amts, mit dem unwissenden Ribbentrop an der Spitze, hetzte uns in den Krieg mit dem reichsten Land der Welt. Aber vorderhand wußten wir nicht einmal, wie reich Amerika war.
Wie ein Gespenst leuchtete damals, gegen Ende des Jahres 1944, die
Atombombe auf. Wir hatten von dem >Manhattan-Projekt< Amerikas erfahren.
Dem deutschen Professor Hahn war es schon vor dem Krieg theoretisch
gelungen, Uranium zu spalten und damit Atomkraft frei zu machen. Durch seine emigrierte Assistentin Lisa Meitner kam Hahns Forschungsergebnis in das Ausland und gelangte auf dem Umweg über Dänemark nach Amerika. Professor Einstein erkannte sofort, daß Deutschland in kurzer Zeit in der Lage sein würde, die Atomkraft für kriegerische Zwecke auszunutzen. Das hätte den Sieg Deutschlands bedeutet. Einstein alarmierte Roosevelt. Roosevelt ließ das
>Manhattan-Projekt<, die amerikanische Atomforschung, anlaufen. Mit amerikanischen Maßstäben. Mit unbegrenzten Mitteln an Geld, Material, Menschen. Die Atombombe entstand in amerikanischem Tempo. Das war die Lage, als ich zum stellvertretenden Chef des Amtes VI, Dr. S., gerufen wurde.
»Es ist soweit«, sagte S. »Wir haben alles mögliche versucht. Wir haben Agenten ausgeschickt. Sie sind übergelaufen oder gefaßt worden. Wir können nicht mehr mit Ausländern oder Spitzeln arbeiten. Wir müssen jetzt einen unserer eigenen Leute an die Sache setzen. Ich habe dabei an Sie gedacht, Gimpel.«
»Was soll ich tun?« fragte ich.
»Sie fahren nach Amerika«, sagte er, »wie, werde ich Ihnen gleich erklären. Wir haben hier noch ein paar Adressen von Leuten. Über sie kommen Sie an das
>Manhattan-Projekt< heran. Sie bekommen al es, was Sie brauchen. Sie können so viele Assistenten mitnehmen, wie Sie wollen. Sie können von mir aus die ganze Marine und den Rest der Luftwaffe für die Sache ausnutzen, aber Sie müssen hinüber. Und zwar sofort.«
Ich war an al erhand gewöhnt beim Amt VI. Aber ich wußte einen Augenblick lang nicht, ob ich nicht träumte.
»Und wie soll ich hinüberkommen?«
»Ich habe da schon eine Menge Pläne ausgearbeitet . . . Sie können mit einer speziell ausgerüsteten Focke-Wulf 200 fliegen und abspringen.«
»Das ist sinnlos«, erwiderte ich.
»Ich gebe dem auch wenig Chancen«, meinte S.
»Und welche anderen Möglichkeiten gibt es?« fragte ich.
»Per Schiff«, entgegnete er. »Wir chartern einen Frachter, geben Ihnen passende Papiere mit und verlassen uns auf Ihr bisheriges Glück. Sie müssen natürlich dann über Südamerika einreisen.«
»Das gefällt mir auch nicht«, antwortete ich.
»Machen Sie sich Ihre eigenen Gedanken, wie Sie hinüberkommen!« erwiderte er. »In drei Tagen haben Sie vielleicht etwas gefunden. Bedenken Sie, daß es furchtbar eilig ist. Es tut mir leid, diesen Auftrag hätte ich Ihnen gerne erspart.
Aber wenn einer Chancen hat, durchzukommen, dann sind Sie es.«
Ich ging. Die Sekretärin im Vorzimmer bat mich, mit Hauptmann H. zu
sprechen. Er hatte sich einen eigenen Plan zurechtgemacht, mich nach Amerika zu entsenden.
Er war auf einen Hochstapler gestoßen, der sich für einen Habsburger Prinzen und Neffen der Exkaiserin Zita ausgab, die sich während des Krieges in New York aufhielt. Der Mann war an seinen Papieren gescheitert. Hauptmann H.
wol te ihn nun mit neuen Papieren ausstatten. Der Hochstapler sollte über die Schweiz nach Spanien, von da aus nach Südamerika und dann nach den USA einreisen. Die ganze Welt wußte, daß die Habsburger geschworene Feinde Hitlers waren. Dieses Wissen wol te Hauptmann H. ausnutzen. Ich sollte den Prinzen als Privatsekretär begleiten.
Ich habe einen sechsten Sinn dafür, ob eine Sache Chancen hat oder nicht. Ich betrachtete mir den >Prinzen<. Es war ein langer, schlaksiger Bursche mit frechem Mundwerk und Kaninchenaugen.
Ich bin in meinem Lebn nicht viel mit echten Prinzen in Berührung gekommen, aber der hier sah aus wie ein Bilderbuch-Aristokrat. Vielleicht war das gut für unsere Sache, wahrscheinlich aber schlecht. Ich machte H. den Vorschlag, den Prinzen erst einmal mit einem Probeauftrag nach Madrid zu schicken. Wir gaben ihm Ausweise und Geld. Er hatte nichts weiter zu tun, als über die Grenze zu gehen und seinen Paß vorzuzeigen und dabei die Grenzbeamten von seiner Identität zu überzeugen. Er fuhr mit dem Schnellzug und fiel sofort auf. Beim ersten Grenzübertritt wurde er verhaftet. H. kam an die Front.
Ich sol te nicht mit Hilfe der Aristokratie, sondern mit U 1230 nach
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