Spion Für Deutschland
konzentrierter Sprengkraft. Sie wurden geliefert.
Mein Plan sah so aus: Ich wollte mich mit den beiden U-Booten in die Karibische See durchschlagen. An einer abgelegenen Stelle wollten wir auftauchen, unsere Flugzeugteile an Land schaffen und sie dort in zwei Tagen zusammensetzen.
Die Maschinen sollten vom flachen Strand aus starten. Die Piloten kannten die Stel e genau, auf die sie ihre Bomben abzuwerfen hatten. Wir besaßen die Pläne.
Wir beschafften uns Luftfotos. Da Stukas ihre Bomben aus ganz geringer Höhe abwerfen, können sie >Punktfeuer< auf die Spillway legen. Die vier Bomben mußten genügen.
Wir hatten zu sehen, daß wir uns mit beiden U-Booten bis zu dem in Aussicht genommenen Landeplatz durchschlugen. Bei der Landung selbst brauchten wir Glück und tausend Hände. Sol te eines der U-Boote unterwegs versenkt werden, so bestand eine Chance, das Unternehmen >Pelikan< unter Umständen auch mit einer Maschine zu starten. Die beiden Flieger sollten nach dem Angriff nach einem neutralen südamerikanischen Land fliegen und sich dort internieren lassen. Die U-Boote hatten in der Zwischenzeit die Rückreise angetreten.
Der Panamakanal ist 81 Kilometer lang und hat sechs Doppelschleusen, von denen jede 330 Meter in der Länge und 36 Meter in der Breite mißt. Ohne Panamakanal ist die Reise von New York nach San Francisco um 12 500
Kilometer länger. Die Schiffe benötigen einige Wochen mehr, um beispielsweise vom asiatischen zum europäischen Kriegsschauplatz abgezogen zu werden.
Bei uns war alles klar zum Gefecht. An einem Herbsttag des Jahres 1943 sollten wir starten. Wir nahmen Abschied. Wir erhielten Schnaps und
Lebensmittelmarken und Geld. Morgen sollte es dahin gehen. Vierundzwanzig Stunden noch . ..
Was zu tun war, war getan. Die beiden Stukas lagen verstaut im Rumpf der U-Boote. Die Mannschaften waren an Bord. Der Auslauftermin stand fest. Der Abschied lag hinter uns. Wir rauchten und wir tranken. Wir sahen uns die Stadt mit den Augen derer an, die sie lange nicht mehr sehen würden. Eine Rede war gehalten. Vaterland, Heldentum, Führer, Großdeutschland. Wir hörten zu und dachten an den Panamakanal. An das Überlaufwehr. An die Stelle, die wir zerschmettern würden.
»Ein Fernschreiben für Sie«, meldete man mir.
Ich ging zum Kommando. Es mußte ganz wichtig sein, wenn man sich zu dieser Stunde noch an mich wandte. Mein Auftrag war natürlich ganz geheim. Es sol te niemand etwas von ihm erfahren. Ich entschlüsselte. Ich traute meinen Augen nicht. Ich entschlüsselte ein zweites Mal. Aber ich hatte es richtig dechiffriert :
»Unternehmen >Pelikan< abgesagt. Kommen Sie sofort nach Berlin und melden Sie sich.«
Ich fuhr zurück. Ich konnte nicht begreifen, was geschehen war. Wieviel Geld, wieviel Mühe, wieviel Nerven waren in das Projekt investiert worden! Wieviel Erfolgsaussichten hatte es! Wir alle, die harten Burschen von den U-Booten, die sorglosen Piloten, die übereifrigen Mechaniker, hatten an >Pelikan< geglaubt.
»Eine dumme Sache, Gimpel«, begrüßte man mich im Amt. »Gut, daß wir Sie noch erreicht haben. Wir hätten Sie auch auf hoher See zurückrufen müssen.
Wir haben aus sicherer Quelle erfahren, daß die Sache verraten worden ist. Jeder Zweifel ausgeschlossen. Sie wären nicht weit gekommen. Seien Sie froh, daß wir es herausgebracht haben.«
»Und wer hat es verraten?« fragte ich.
Wer hat was verraten . . .? Diese Frage schwebt über der Spionagegeschichte des Zweiten Weltkriegs. Wo saßen die Verräter? Warum wurden sie zu Verrätern?
Ist es um Kaffee gegangen oder um Ideale, um Abenteuerlust oder um
Patriotismus? Wer weiß es? Wer wird es jemals wissen?
Ich verstehe nichts von Politik. Ich wil nichts von ihr verstehen. Ich habe mich nie mit ihr befaßt. Und ich werde mich nie mit ihr befassen. Viel eicht werde ich deshalb auch nie wissen, warum im Krieg Verrat geübt wurde . . .
Als ich, nur ein paar Monate später, sechsundvierzig Tage lang durch Wasserbomben und Fliegerangriffe fuhr, ein Soldat des Zweiten Weltkriegs an einer unsichtbaren, lautlosen, brutalen, entsetzlichen Front, wurde auch dieses Unternehmen an Amerika verraten. Ich weiß nicht, wer meine Ankunft avisierte.
Ich weiß nicht, ob mein Verräter beurteilen kann, was es heißt, hinter den Linien, im Herzen des Feindes, denunziert zu werden. Ich will es ihm hier schildern.
Es war am 11. April 1945. Am 11. April 1945 in Fort Jay . . .
Es ist sieben Uhr morgens. Offiziell weiß ich nicht, daß
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