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Spion Für Deutschland

Spion Für Deutschland

Titel: Spion Für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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gar keine Anstalten, den Raum zu verlassen. Die Jüngere hatte ganz helle, wasserblaue Augen und eine hohe, gewölbte Stirn.
    Aber ich hatte immer noch keinen Blick für weibliche Schönheit. Sie betrachtete mich ohne Hemmungen und tat dabei so, als ob sie an mir vorbeisehen würde.

    »Nach den Vorschriften kann ich Ihnen die Koffer nicht geben«, erwiderte der Beamte.
    »Es muß doch eine Lösung geben«, entgegnete ich. »Es kann doch einmal vorkommen, daß man den Zettel verliert! Was macht man dann?«
    »Sie stellen einen Antrag«, versetzte der Mann, »und beschreiben den Inhalt.
    Wir warten ein Vierteljahr. Wenn sich dann kein anderer meldet, wird das Gepäck geöffnet. Stimmt die Beschreibung, dann erhalten Sie Ihre Koffer wieder.«
    Ich holte die Schlüssel aus meiner Tasche.
    »Hier sind die Schlüssel, Chef«, sagte ich, »sehen Sie sich das Schloß an! Sehr massiv. Ich kann Ihnen genau sagen, was in den Koffern ist. Aber ich kann kein Vierteljahr warten. Ich muß heute noch nach Chicago weiterfahren.«
    Der Beamte nickte.
    »Ich möchte nur wissen, wie er das gemacht hat«, sagte die ältere Frau. »Er kann sie doch nicht im Wasser erwürgt haben . . . Wenn er sie aber schon tot in das Wasser geworfen hat, hätte doch die Polizei gestern die Würgespuren am Hals finden müssen.«
    »Du hättest zur Polizei gehen sollen«, entgegnete die Jüngere.
    »Machen wir ein Schnellverfahren!« sagte der Chef der Gepäckaufbewahrung zu mir.
    Welch ein Glück, dachte ich einen Augenblick, daß ich nicht in Deutschland bin!
    »Was ist in den Koffern?«
    »Hemden, Socken, zwei Anzüge, ein Pyjama . . .«

    »Sie müssen das genauer angeben«, verlangte der Beamte. »So etwas ist in jedem Koffer.«
    »Zwei weiße, ein grünes, ein rosa Hemd. Aber Moment mal . . . Ein Fotoapparat.
    .. Ein ganz wertvolles Stück. Eine Leica.«
    »Buchstabieren Sie bitte!«
    »L-e-i-c-a.«
    Es gibt in Amerika so viele Leicas, daß ich wegen des deutschen Fabrikates nicht auffiel.
    »Einen Moment«, sagte der Beamte, »zeigen Sie mir die Koffer.«
    Ich nahm sie in die Hand, aber nur für ein paar Sekunden. Ich trug sie in das Office. Der Beamte sperrte sie auf.
    Der Koffer hatte einen doppelten Boden. Im doppelten Boden waren Sendeteile, zwei Pistolen, ein Säckchen mit Diamanten, eine Brieftasche mit etwa 55000
    Dollar . . . Wenn der Mann gründlich suchte, fand er al es. Neben ihm stand ein Telefonapparat. Er rief die Bahnhofswache an, ein Wink genügte und man hatte mich.
    Der Beamte nahm die Leica in die Hand.
    »Das ist ja ein tol es Ding«, sagte er. »Kostet viel Geld, was?«
    »Ja«, erwiderte ich, »450 Dol ar. Deutsches Fabrikat.«
    »Damned Germans«, entgegnete er lachend.
    Er legte die Leica in den Koffer, sperrte ihn wieder zu, öffnete den zweiten, untersuchte ihn genauso oberflächlich.
    »Sie können Ihre Koffer haben«, sagte er, »aber zuerst müssen Sie noch unterschreiben.«
    Der Mann setzte sich an die Schreibmaschine und tippte mit zwei Fingern ein Inhaltsverzeichnis. Es dauerte furchtbar lange. Oder es kam mir nur so vor. Die Zeit läßt sich immer Zeit, wenn man auf Kohlen steht. . .
    Endlich war er fertig. Ich wol te ihm einen Dollar Trinkgeld geben. Er lehnte dankend ab.
    »Geben Sie es den Arbeitern da draußen«, sagte er, »die haben es nötiger.«
    Raus jetzt!
    Erleichtert atmete ich auf. Aber nur nicht zu schnel gehen! Richtung Bahnsteig einschlagen, die Beamten sahen mir bestimmt nach. So, jetzt einen Haken schlagen! Ein Zug lief gerade ein. Ich mischte mich unter die Aussteigenden. Es klappte.
    Immer noch nichts zu sehen von Billy! Blick auf die Uhr: 18 Uhr 31. Noch fünfzig Meter bis zum Hauptausgang, noch zwanzig, noch zehn. Der Sog schwemmte mich von selbst aus der Türe . . .
    »Taxi?« fragte mich ein Chauffeur.
    »Yes«, erwiderte ich. Ich zauderte noch eine Sekunde, drehte mich noch einmal um.
    Der Zufall hatte mich am Wickel. Und das Glück. Und die Nerven!
    »Allo Erik«, schrie ein Mann neben mir.
    Ich fuhr herum. Ich hieß Edward, zum Teufel, aber wer beherrschte sich schon in einer solchen Situation, wenn er bei seinem richtigen Namen gerufen wurde?
    »Erik, Erik, nicht zu glauben«, rief der Mann weiter, fiel über mich her, umarmte mich, küßte mich mit südamerikanischem Temperament.

    Es war Paolo. Paolo Santi, ein alter Bekannter, ein alter Freund aus Peru .. . Die Leute blieben, belustigt oder verärgert ob der überschwenglichen Szene, stehen.
    Ich zog Paolo auf die Seite.
    »Hast du

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