Spion Für Deutschland
Zeit?« fragte er mich.
»Ja. Und du?«
»Ich lasse meinen Zug sausen«, erwiderte er. »Ich nehme den nächsten. Ich mache Ferien, da spielt es keine Rol e.«
Er lachte mich an.
»Schlank bist du geworden«, sagte er.
»Ja«, antwortete ich.
Wir nahmen ein Taxi und fuhren in ein Restaurant. Meine Koffer gab ich in der Garderobe ab. Santi hatte sein Urlaubsgepäck schon vorausgeschickt.
»Jetzt erzähle!« sagte er. »Wie kommst du hierher?«
Ich legte mir blitzschnel eine Geschichte zurecht. Ich hatte ja keine Ahnung, was mit Paolo Santi wirklich los war. Damals in Lima sind wir zusammen auf Tanzpartys gegangen, haben auf Teufel-komm-raus gepokert und uns
gegenseitig die Mädchen abspenstig gemacht. Dann wurde ich verhaftet...
»Du weißt doch«, erwiderte ich ihm, »daß ich damals aus Peru ausgewiesen wurde . . . Al es wegen diesem blöden Krieg ... Nun, ich bin nach Nordamerika gekommen. Eine Zeitlang hat man mich eingesperrt. Dann wurde mir die Entlassung angeboten, wenn ich in den Staaten bliebe und arbeiten würde... Ich habe ja keine große Wahl gehabt. Und ich glaube, Deutschland verliert den Krieg auch ohne meine Mithilfe. So blieb ich hier. Ich habe bisher in Boston in meinem Fach gearbeitet.«
»Und jetzt?«
»Eine dumme Sache — mein Chef hatte eine sehr junge und sehr hübsche Frau.
Das übrige kannst du. dir denken. Im Moment bin ich arbeitslos. Ich bin gerade angekommen und suche morgen einen neuen Job.«
Er lachte schallend über meine Geschichte.
»Immer noch der alte«, sagte er.
»Und was ist mit dir?« fragte ich ihn. »Schon verheiratet?«
»Zweimal schon«, entgegnete er. »Und übermorgen heirate ich zum drittenmal!
Endlich die Richtige! Weißt du, nur jede dritte Amerikanerin haut hin. Und ich habe nun mal lauter Yankees geheiratet.«
Nun war die Reihe an mir, schallend zu lachen.
»Bist du ganz in die Staaten übergesiedelt?«
»Ja«, sagte er, »schließlich muß ich meine Alimente in Dol ar bezahlen.«
»Und du wohnst in New York?«
»Die ganze Zeit schon«, antwortete er. »Ein hübsches Junggesel enapartment übrigens. War sehr schön zwischen den Ehen. Aber jetzt werde ich es wohl wieder einmal aufgeben müssen . ..«
Ich schaltete blitzschnell.
»Deine Wohnung steht also jetzt leer?«
Er begriff sofort.
»Natürlich«, sagte er, »daß ich doch nicht gleich darauf gekommen bin!«
Er langte in die Tasche, kramte einen Schlüsselbund hervor, legte ihn auf den Tisch.
»Hier«, sagte er, »bediene dich! In der 44. Straße, Nummer 20, 11. Stock. Der kleine Schlüssel ist für den Lift. Du mußt halt probieren, bis es klappt.«
Ich traute meinen Augen und Ohren nicht mehr. Paolo strahlte mich an.
»Zufrieden?«
»Ja«, erwiderte ich. »Darf ich dir etwas dafür bezahlen?«
»Quatsch! Wenn ich zurück bin, kostet es dich, eine Flasche Whisky, die wir zusammen austrinken.«
Ich ließ ihn al ein zur >Grand-Central-Station< fahren. Er war einen Augenblick betroffen. Mit Südamerikanerxt kann man alles anfangen, nur unhöflich darf man nicht sein. Aber ich klagte über Kopfschmerzen, und er reiste versöhnt ab.
Ich holte meine Koffer und nahm ein Taxi. Zweimal stieg ich um. Hel leuchteten die Lichtreklamen. In jeder Auslage stand >Santa Claus<, der Weihnachtsmann.
Ich kam mir so beschenkt vor, daß ich ihm am liebsten zugewinkt hätte. Die letzten dreihundert Meter ging ich zu Fuß. Ich fand den Liftschlüssel sofort.
Niemand begegnete mir. Ein weiterer Glücksfall des aufregenden Tages. Elfte Etage. Beim dritten Schlüssel klappte es.
Ein herrliches Apartment! Schlafzimmer, Wohnzimmer, Arbeitsraum, Küche, Bad. Aller Komfort. Eine Wohnung, wie sie während des Krieges selbst für New York ungewöhnlich war. Und ich ganz al ein mit drei Zimmern, Küche und Bad.
Ich wünschte Paolos dritter Ehe al es, alles Gute .. .
Zur selben Stunde, da ich Paolos Wohnung bezog, ging ein junger, hagerer, dunkelhaariger Mann mit einem gültigen Schein an die Rampe der
Gepäckausgabe in der >Grand-Central-Station< und verlangte seine beiden Koffer. Er wirkte scheu und aufgeregt, jedoch nicht so scheu und so aufgeregt, daß es den drei Beamten aufgefallen wäre — bevor sie durch die FBI
vernommen wurden.
»Meine Koffer«, sagte er.
»Einen Augenblick, Sir.«
Der Gepäckschaffner suchte, schüttelte den Kopf, suchte weiter. Er ging zu seinen Kollegen, zeigte ihnen den Zettel. Sie suchten zu dritt. Vergeblich natürlich. Was nun geschah, hielt das wenige Tage später
Weitere Kostenlose Bücher