Spione, die die Welt bewegten
zunächst nach Memmingen, wo Wallenstein sein Hauptquartier hatte. Noch am Abend des
Treffens führte Pater Joseph längere Gespräche mit Wallenstein. Über den Inhalt dieser Gespräche |145| gibt es heute nur noch Andeutungen. Es wird vermutet, dass der rhetorisch sehr geschickte Pater Joseph Wallenstein in eine
Gesprächsfalle gelockt und ihn zu redselig gemacht hatte. Um Wallenstein in Sicherheit zu wiegen und ihm sein Vertrauen zu
zeigen, sprach Pater Joseph zunächst über angeblich äußerst geheime französische Vorhaben: Der König würde die Rückeroberung
des Heiligen Landes für die Christenheit anstreben. Dieses Vorhaben des Pater Joseph entsprang allerdings mehr seiner eigenen
Wunschvorstellung, als dass es den offiziellen französischen politischen Planungen entsprach. Durch das angebotene Vertrauen
wurde Wallenstein unvorsichtig und redselig. Er berichtete über die Zwänge, die ihm der Kaiser auferlegt habe und äußerte
angeblich den Wunsch, eines Tages auf dem Gebiet des Deutschen Reiches ein eigenes Fürstentum zu gründen. Ohne es zu merken,
lieferte er damit Argumente für eine sorgfältig geplante Intrige, die sich später auf dem Kurfürstentag gegen ihn richten
sollte.
Am 25. Juli 1630 trafen Pater Joseph und die französische Delegation mit dem Schiff in Regensburg ein. Der Pater sprach zuerst
mit dem bayerischen Kurfürsten Maximilian I., von dem er sich einen Einfluss auf den Kaiser erhoffte. Der bayerische Kurfürst
war außerdem ein Bruder des Erzbischofs von Köln und war den Kurfürsten von Mainz und Trier wohl bekannt, so dass er bald
wichtige Persönlichkeiten auf seiner Seite hatte. Den versammelten Kurfürsten versicherte Pater Joseph mit tiefer Überzeugung,
dass sich die Positionen seines Königs absolut mit denen der Kurfürsten decken würden. Wie beiläufig und mit einer gespielten
Vertraulichkeit bemerkte er zusätzlich, dass Kardinal Richelieu aus geheimen Quellen erfahren habe, dass der Kaiser dem Reich
in Zukunft seinen Willen aufzwingen wolle. Er gab damit den Kurfürsten zu verstehen, dass ihre Stellung in Zukunft dadurch
zwangsläufig geschwächt werden würde. Die Aufgabe des Paters wurde in den Gesprächen immer deutlicher. Er sollte einen Keil
zwischen die Kurfürsten und den Kaiser treiben.
Später erhielt Pater Joseph eine Audienz beim Kaiser, wo er eine völlig gegenteilige Meinung vertrat und die Gerüchte, die
dem Kaiser durch Zuträger inzwischen zu Ohren gekommen waren, wortreich widerlegte. Er versicherte mit tiefster Überzeugung,
Kardinal Richelieu habe keinerlei Interesse, die Position der Kurfürsten gegenüber dem Kaiser zu stärken. In angeblich vertraulichen
Einzelgesprächen mit dem Kaiser und den Kurfürsten streute er anschließend immer wieder mit Nachdruck den Inhalt seiner Unterredung
mit Wallenstein in die Diskussionen ein. Die Absicht, Zwietracht zu säen, ging auf: Bereits einige Tage später schickten die
Kurfürsten einen Beschwerdebrief über Wallenstein an den Kaiser. Sie unterstellten dem kaiserlichen Feldherrn, er würde eine
verschwenderische Hofhaltung führen und Gewalttaten in seinem Heer dulden.
Der sorgfältig eingefädelte Angriff auf Wallenstein war für die Kurfürsten nur Ausgangspunkt für weitere Forderungen. Sie
verlangten vom Kaiser, jede zukünftige Einmischung in ihre Angelegenheiten zu unterlassen, und drohten, indirekt von Pater
Joseph ermuntert, mit dem Anschluss ihrer katholischen |146| Liga an Frankreich. Anschließend gärte es noch lange Zeit zwischen dem Kaiser und den Kurfürsten. Im August 1630 beschloss
der Kaiser schließlich, Wallenstein das Oberkommando über das Heer zu entziehen und gleichzeitig die eigene Heeresstärke zu
reduzieren. Pater Joseph war somit am Ziel seiner Pläne. Allein durch geschickte Intrigen war es ihm gelungen, dass sich der
Habsburger Kaiser, ohne es zu merken, selbst schwächte. Er entließ einen fähigen Heerführer und verminderte gleichzeitig die
Kampfkraft seiner Truppen.
Die Schwächung seines Heeres durch den Kaiser selbst war für Richelieu ein großer Erfolg, denn er ging mit dem Schwedenkönig
Gustav Adolf einen Bündnisvertrag gegen den Kaiser ein. Er unterstützte den Eintritt von Schweden in den Krieg. Die Heere
der katholischen Seite würden nach seiner Sicht in den Kämpfen mit den Schweden gebunden werden, und es Frankreich erlauben,
seine Grenzen ohne eine große eigene Gefährdung bis an den Rhein
Weitere Kostenlose Bücher