Spione, die die Welt bewegten
lückenlos beschattet werden. Der Geheimdienst griff erst zu, nachdem Hewitt zahlreiche Kontaktpersonen
getroffen und damit unbeabsichtigt verraten hatte. Als Spione im fernen Jamaika das Auslaufen einer spanischen Silberflotte
beobachtet hatten, meldeten sie die Nachricht umgehend nach London. Die englische Marine legte sich auf die Lauer und kaperte
die Schiffe mit großer Beute. Spione mussten für Thurloe vor allen Dingen unauffällig sein, so dass auch einfache Menschen
wie Diener oder Hauspersonal gute Dienste leisten konnten. Botschafter selbst waren nicht mehr direkt für den Schwerpunkt
der Spionage verantwortlich, denn sie wurden in ihren Gastländern zu genau beobachtet. Gerade wegen ihrer Durchschnittlichkeit
und Unauffälligkeit konnten viele Spione gut platziert werden. Auch ausländische Mitarbeiter wurden angeworben, um auf dem
europäischen Festland und sogar in Südamerika Spionagenetze aufzubauen. In |140| Cromwells Geheimdienst waren sogar Jesuiten beschäftigt, die aus der Umgebung des Papstes oder seiner Kardinäle Nachrichten
schickten. Wichtig war für Thurloe die Geheimhaltung und die Verhinderung von Lecks in den Nachrichtenwegen. Nur absolut notwendige
Fachleute durften deshalb an Besprechungen teilnehmen. Das Protokoll fertigte jeweils nur ein einziger Sekretär, der alle
Unterlagen sofort an seinen Vorgesetzten weiterreichte und keine Kopien besaß.
Von Samuel Morland erhielt Thurloe ein Rezept für eine Geheimtinte, das heute leider verschollen ist. Bei schwachem Kerzenlicht
wurde ein Brief geschrieben und dann versiegelt. Wurde der Brief geöffnet, erschien bei Licht die Schrift, um einige Zeit
später wieder zu verschwinden. Der Inhalt eines solchen geheimen Briefes musste sofort dokumentiert werden, denn zurück blieb
nur ein leeres und unbeschriebenes Blatt. Wurde ein solcher Brief abgefangen, gab es bei Licht nicht genügend Zeit, um den
Inhalt zu entschlüsseln.
Nach Cromwells Tod verhielt sich die englische Regierung ähnlich wie nach dem Tod von Königin Elisabeth I. Die Mittel des
Geheimdienstes wurden erheblich gekürzt. Die verbliebenen Spione erledigten meist nur Spitzeldienste für den neuen König,
Karl II. Auffallend war eine Spionageaktion unter Leitung von George Downing. Englische Spione hatten aus einer Kuriertasche
einen Schlüssel entwendet und schafften es bei Nacht in das Haus von zwei niederländischen Regierungsmitgliedern einzudringen,
den Schreibtisch zu öffnen und Geheimpapiere zu entwenden. Die Dokumente wurden für den englischen Geheimdienst kopiert und
anschließend ebenso wie der Schlüssel unbemerkt wieder zurückgebracht, so dass die niederländische Regierung keinen Verdacht
schöpfte. Leider interessierte sich der englische König nicht für die Ergebnisse dieser tollkühnen Aktion. Die Niederlande
konnten durch solche Nachlässigkeiten ihre Machtposition stärken.
Weit empfänglicher war König Karl II. jedoch für die Anziehungskraft attraktiver Frauen. Der französische König Ludwig XIV.
sandte einmal die Hofdame Louise de Kéroualle als Begleitung einer Delegation nach England. Die sehr hübsche Hofdame wurde
direkt auf den englischen König angesetzt und brachte ihn dazu, einem geheimen Vertrag zwischen Frankreich und England zuzustimmen.
Später wurde diese Hofdame Mätresse von König Karl II. und erhielt einen Adelstitel sowie ein Jahresbudget von 27 000 Pfund. Ihr Einfluss blieb beachtlich und war in Frankreich hochwillkommen. Nach dem Tod des englischen Königs kehrte sie
zurück und wurde von König Ludwig XIV. wegen ihrer Verdienste für sein Reich zur Duchesse d’Aubigny geadelt. Da sie einen
sehr aufwändigen Lebensstil pflegte, übernahm der König außerdem noch ihre Schulden. Die Hofdame war die am höchsten bezahlte
„Spezialagentin“ ihrer Zeit.
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|141| Geheime Intriganten – Die Welt des Kardinal Richelieu
Armand Jean du Plessis, Kardinal Richelieu (1585–1642), gilt noch heute als ein Meister des diplomatischen Ränkespiels und
der geheimen Aktivitäten. Er verwandelte Frankreich in einen straff organisierten absolutistischen Staat. Ohne seine Vorarbeiten
hätten spätere Könige wie Ludwig XIV. nicht behaupten können, dass der König selbst den gesamten Staat repräsentiere und dass
es keine Abweichungen von seiner Autorität gebe. Zur Zeit von Richelieu regierte zwar König Ludwig XIII. den Staat, doch im
Hintergrund agierte der Kardinal als
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