Spione, die die Welt bewegten
Friedensvertrag kehrte Stieber wieder nach Berlin zurück und erhielt die Aufgabe, hauptsächlich im Inland seinen
Spionageaktivitäten nachzugehen. Schwerpunkt seiner Arbeit war von nun an die Überwachung der Sozialdemokraten. Nach dem Rücktritt
von Bismarck wurde Stiebers Geheimpolizei zwar offiziell aufgelöst, das Netz der geheimen Informationsquellen blieb allerdings
erhalten. Stieber zog sich ins Privatleben zurück und widmete sich nun seiner Familie. Während des russisch-türkischen Krieges
von 1877/78 nahm die Regierung des Zaren mit ihm Kontakt auf und bat ihn, auch für die russische Armee eine geheime Feldpolizei
zu organisieren. Doch Stieber litt stark an Gicht und fühlte sich insgesamt krank, das lukrative Angebot lehnte er ab. Insgesamt
hatte Stieber während seiner beruflichen Laufbahn 27 Auszeichnungen und Orden erhalten, dennoch war sein Ruf in der Öffentlichkeit
schlecht. Stieber galt als ehrlos und sogar Bismarck vermied jeden privaten Kontakt mit ihm.
Friedrich der Große und seine Spione
Lange vor Stieber hatte es bereits in der Armee von Friedrich dem Großen erfolgreiche Spione gegeben. Ehrenwerte Spione konnte
sich der Preußenkönig allerdings nicht vorstellen. Für ihn waren sie gemeine Informationsverkäufer, die man benutzte, aber
nicht schätzte. Dennoch hielt er ihre Arbeit für sehr wichtig. Als ein österreichischer General einmal prahlte, wie großzügig
er sogar im Krieg lebe und wie viele Köche er bei einem Feldzug mit sich führe, antwortete Friedrich II. knapp, er würde im
Feld nur einen Koch benötigen, dafür aber mindestens 100 gute Spione. Für diese Spione war der Preußenkönig bereit, große
Geldmittel zu zahlen. Er hielt Freigebigkeit sogar für notwendig, denn Männer, die ihren Hals riskierten, verdienten seiner
Meinung nach eine gute Belohnung. Unbedeutende Kundschafter entlohnte er meist mit kleinen Summen. Mit der Bedeutung des Spions
stieg dann nach seiner Sicht auch dessen Wert. Bei einflussreichen Adeligen oder gar feindlichen Stabsoffizieren war der |173| Preußenkönig jederzeit bereit, hohe Summen zu zahlen. Doppelspione ließ er nicht immer enttarnen und hinrichten, sondern benutzte
sie gern für gezielte Falschinformationen weiterhin. Unbescholtene Menschen zur Spionage zu erpressen, bezeichnete er zwar
als grausam, aber zum Wohle des Staates für absolut notwendig.
Vor dem Beginn der kriegerischen Auseinandersetzungen mit Österreich war Graf de La Puebla der österreichische Gesandte in
Berlin. Dieser Gesandte beschäftigte Maximilian von Weingarten als Sekretär und bezahlte ihn recht gut. Doch der Sekretär
wollte mehr. Schließlich wurde seine Geldgier dem Preußenkönig bekannt, und er zahlte ihm 2000 Goldtaler für die Kopie der
Korrespondenz seines Herrn. Friedrich II. erhielt auf diese Art Hinweise auf geheime Vertragsentwürfe zwischen Wien und Paris
sowie zwischen Wien und St. Petersburg. Aus den Nachrichtenquellen wurde schließlich klar, dass in diesen drei Hauptstädten
eine Koalition gegen Preußen geschmiedet wurde und Angriffe bevorstanden. Preußen ergriff deshalb die Initiative und löste
den Krieg aus. Obwohl Friedrich II. Spione als Menschen verachtete, half er Weingarten dennoch nach dessen Enttarnung. Der
Sekretär musste Hals über Kopf fliehen und erhielt vom Preußenkönig eine neue Identität. Anschließend lebte er unter falschem
Namen in Kolberg.
Eine weitere wichtige Nachrichtenquelle fand Friedrich II. in Dresden. Dem preußischen Gesandten Graf Maltzan gelang es, den
sächsischen Kanzleisekretär Friedrich Wilhelm Menzel mit hohen Summen zu bestechen. Dafür erhielt er Kopien von geheimen Korrespondenzen,
Vereinbarungen und Verträgen. Besonders wichtig waren für den Preußenkönig die Abschriften der sächsisch-russischen Verträge
sowie von streng vertraulichen Vereinbarungen zwischen Österreich und Russland. Menzel war mit der Zeit zu immer umfangreicheren
Lieferungen bereit, denn der sächsische Hof bezahlte ihn sehr schlecht und dazu noch unregelmäßig. Stattdessen wurde das Geld
vom sächsischen König für Luxus und große Feste ausgegeben. Preußische Spione hatten herausgefunden, dass Menzel über seine
Verhältnisse lebte. Er hatte seinen väterlichen Erbteil bereits verbraucht und benötigte mehr Geld als er tatsächlich verdiente.
Friedrich II. erkannte die für ihn vorteilhafte Situation und war bereit, große Summen zu zahlen. Als der
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