Spione, die die Welt bewegten
wollte wieder nach Europa zurück. Nach seiner Pensionierung willigte
der Ehemann ein und die Familie kehrte 1902 zurück in die Niederlande. Die Ehe aber war endgültig zerrüttet und wurde noch
im gleichen Jahr geschieden. Margaretha erhielt zunächst das Sorgerecht für ihre Tochter, doch als ihr der Ehemann einen zweifelhaften
Lebenswandel nachwies, wurde ihm das Mädchen zugesprochen; es sah seine Mutter nie wieder. Unterhaltszahlungen verweigerte
der geschiedene Ehemann trotz Gerichtsbeschluss.
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Mata Hari bei einer Tanzdarbietung
|178| Margaretha hatte keine Berufsausbildung und wusste nur, dass sie gut aussah und auch gut bei Männern ankam. Mit 26 Jahren
ging sie ohne ausreichende Geldmittel in ihre Traumstadt Paris und wollte dort als Aktmodell für Künstler arbeiten. Mit dem
Verdienst konnte sie allerdings den angestrebten Lebensstil nicht finanzieren und kehrte enttäuscht zurück. Ein Jahr später
ging sie wieder nach Paris und hatte dieses Mal Erfolg. Sie fand, da sie durch ihre Erfahrungen in den Kolonien gut mit Pferden
umgehen konnte, eine Beschäftigung in einem Zirkus. Der Zirkusdirektor erkannte ebenfalls ihre Attraktivität und riet ihr,
es einmal als Tänzerin zu versuchen. Margaretha verstand es gut, sich zu präsentieren, sie sprach die malaiische Sprache fließend
und hatte oft hinterindische Tanzdarbietungen beobachtet. Sie unterstrich nun ihre exotische Wirkung, schuf sich einen eigenen
so genannten orientalischen Tanzstil und trat als Lady MacLead auf.
Zur besseren Vermarktung verwob sie ihren Lebenslauf zu einer Legende, die sie hin und wieder wirkungsvoll variierte und neu
vortrug: Sie war auf einmal die Tochter einer Brahmanenfamilie, die nach dem Tod der Mutter von Tempelpriestern aufgenommen
worden war. Heimlich musste sie als junge Frau vor den Göttern tanzen und dabei die Götter symbolisch lieben. Irdische körperliche
Liebe war ihr allerdings verwehrt. Als sie von einem englischen Kolonialoffizier verführt wurde, wurde sie deshalb verstoßen.
Ihr erster Auftritt war ein Triumph und sogar Zeitungen berichteten über ihre fremdartigen und exotischen Darbietungen. In
Paris blühte um 1905 die
Belle Époque
und das verwöhnte Publikum verlangte nach immer stärkeren Sinneseindrücken. Bei einer Veranstaltung gewann sie schließlich
einen besonderen Verehrer: Monsieur Guimet, ein schwerreicher Besitzer eines Industrieimperiums und anerkannter Sammler von
hinterindischer Kunst, lud sie für ein exklusives privates Fest als Tänzerin ein. Ein luxuriöser Pavillon auf seinem Anwesen
wurde zum orientalischen Tempel umfunktioniert und Lady MacLead, die sich nach einem Vorschlag von Guimet nun
Mata Hari
(malaiisch: Auge der Morgenröte) nannte, trat vor den Spitzen der Pariser Gesellschaft auf. Sie trug während des Tanzes durchsichtige
Schleier, die sie nach und nach von sich warf. Zuletzt tanzte sie nackt und war nur mit einer sündhaft teuren Perlenkette
bekleidet. Paris war zwar als Weltstadt der Unterhaltung einiges gewöhnt, doch ein Nackttanz vor Publikum war 1905 eine absolute
Sensation. Anschließend |179| stürzten die Angebote für Tanzdarbietungen nur so über sie herein. Sie gab 1905 über 30 Darbietungen in exklusiven Pariser
Salons, darunter gleich drei bei privaten Festen im Haus des Bankiers Baron von Rothschild. Krönungen waren mehrere Auftritte
im Trocadéro-Theater und im renommierten Olympia-Theater. Schwerreiche Lebemänner aus der ganzen Welt, die in Paris ihr Geld
verjubelten, umringten sie jetzt und überhäuften sie mit Geschenken. Zeitungen berichteten über die freizügigen Tempeltänze
einer fremdartigen und exotischen Schönheit, und sogar dem
New York Herald
war ihr Auftritt einen Artikel wert. Ihr geschiedener Ehemann war auf den Ruhm neidisch und verkündete nach einer Veranstaltung,
sie habe Plattfüße.
Bereits im folgenden Jahr erhielt sie Angebote aus dem Ausland und tanzte in Monte Carlo sowie in Madrid, Berlin und Wien.
In Wien lief die Kirche Sturm und sie durfte zum Leidwesen der besseren Herren nicht nackt auftreten, sondern musste ein hautenges
Trikot tragen. In Berlin lernte sie 1906 den reichen Großgrundbesitzer und Leutnant Alfred Kiepert kennen. Mit ihm reiste
sie nach Schlesien, trennte sich jedoch im nächsten Jahr wieder von ihm. Sie war nun auf dem Gipfel ihrer Popularität und
die am höchsten bezahlte Tänzerin der Welt. Bilder von ihr erschienen als Werbung auf
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