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Spione kuesst man nicht

Spione kuesst man nicht

Titel: Spione kuesst man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Carter
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will jetzt noch Spionin werden?«
    Keine hob die Hand. Keine sprach. Das sollten wir ja auch nicht.
    »Im nächsten Semester, meine Damen, können Sie das Fach Geheimoperationen wählen, aber in diesem Semester ist es Pflicht. Niemand kann sich davor drücken, weil er Angst hat. Aber so ängstlich, wie Sie im Augenblick sind, werden Sie nie mehr sein, nicht in diesem Semester. Darauf gebe ich Ihnen mein Wort.«
    Die Deckenbeleuchtung ging an, und zwölf Mädchen blinzelten ins grelle Licht. Mr Solomon schritt zur Tür und blieb stehen. »Und sollten Sie jetzt keine Angst haben, meine Damen, dann sind Sie bei uns nicht erwünscht.«
    Er schob eine gläserne Trennwand zur Seite, hinter der Bex und Liz unversehrt standen. Dann entfernte er sich.
    Wir saßen lange schweigend da und lauschten seinen Schritten, die immer leiser wurden.
    Oben in unserem Zimmer empfing uns ein Haufen Klamotten und alle möglichen Accessoires, die uns am Abend so wichtig erschienen waren. Jetzt kam der Kram uns völlig unbedeutend vor.
    Macey schlief – oder stellte sich schlafend. Es war mir egal. Sie hatte ihre teuren Kopfhörer auf (wahrscheinlich, damit sie die Luft, die an ihrem Nasenring vorbeizischte, nicht hören konnte). Bex, Liz und ich hätten also reden oder kreischen können. Aber das taten wir nicht.
    Selbst Bex hatte ihr vorlautes Mundwerk verloren, was ganz bestimmt das Allergruseligste an der Sache war. Ich wollte, dass sie lästerte. Ich wollte, dass sie alles wiederholte, was Mr Smith auf dem langen Heimweg gesagt hatte. Ich wollte, dass Bex sich wie üblich ins Rampenlicht stellte, damit unser Zimmer uns nicht mehr so dunkel vorkam. Aber stattdessen saßen wir nur schweigend da, bis ich es nicht länger aushalten konnte.
    »Hört mal –«, begann ich, um ihnen zu sagen, dass es mir leidtat, aber Bex unterbrach mich.
    »Ich hätte genau das Gleiche getan«, sagte sie und sah Liz an.
    »Ich auch«, stimmte Liz zu.
    »Ja, aber –« Ich wollte noch etwas hinzufügen, doch mir fehlten die Worte.
    Macey drehte sich auf die Seite, machte aber die Augen nicht auf. Ich sah auf die Uhr und stellte fest, dass es fast eins war.
    »War Mr Smith sauer?«, fragte ich später.
    Liz war im Bad und putzte sich die Zähne, also antwortete Bex. »Ich glaube nicht. Wahrscheinlich lacht er sich inzwischen kaputt. Was meinst du?«
    »Kann sein«, brummte ich.
    Ich zog meinen Schlafanzug an.
    »Er hat behauptet, er hätte dich nicht gesehen«, sagte Bex, als ob es ihr gerade erst eingefallen wäre.
    Liz kam ins Zimmer. »Ja, Cammie, er war richtig beeindruckt, als er gehört hat, dass du draußen warst. Echt beeindruckt.«
    Ich spürte etwas Kaltes auf der Brust und griff mit der Hand nach dem winzigen silbernen Kreuz, das immer noch an meinem Hals hing, und mir fiel ein, dass mich doch jemand gesehen hatte. Ich hatte den Jungen auf der Straße beinah vergessen.
    »Also, was ist passiert«, fragte Liz, »nachdem wir weg waren?«
    Ich berührte das Kreuz und sagte: »Nichts.«
    Ich weiß nicht, warum ich meine Begegnung mit Josh verschwieg. Schließlich war es doch von Bedeutung – jemand hatte während eines Einsatzes Kontakt zu mir aufgenommen. Davon berichtete man seinen Vorgesetzten auf jeden Fall und den besten Freundinnen erst recht. Aber ich behielt die Sache für mich. Vielleicht, weil ich fand, dass sie keine Rolle spielte,aber wahrscheinlich doch eher, weil es schön war zu wissen, dass es an einem Ort, an dem jeder meine Geschichte kannte, ein Kapitel gab, das nur ich gelesen hatte.

K ultur und Anpassung ist nicht wie die anderen Stunden, und deshalb sieht der Teeraum von Madame Dabney auch nicht aus wie die anderen Klassenzimmer. Die Wände sind mit französischer Seide bezogen, die Lampen aus Kristall. Alles im Raum ist schön und elegant und erinnert uns daran, dass wir nicht nur Spioninnen sein sollen, sondern auch Damen.
    Manchmal hasse ich den Unterricht und überlege mir immer nur, was für eine Zeitverschwendung es ist, uns Sachen wie Schönschrift und Sticken beizubringen (bis auf die verschlüsselten Nachrichten, die man natürlich auch sticken kann). Aber manchmal höre ich Madame Dabney auch gerne zu, wenn sie mit einem Taschentuch in der Hand durch das Zimmer schwebt und von Blumen spricht, die gerade blühen, oder uns erzählt, wie der Walzer entstanden ist.
    Die Stunde bei Madame Dabney nach unserer ersten geheimen Mission war eine von denen, die ich genoss. Ich hatte den Auftrag in den Sand gesetzt, aber ich war

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