Spione kuesst man nicht
Eiseskälte in den Steinmauern festgesetzt hatte und meine Freundinnen neben mir liefen. Als wir die Getränkeautomaten vor Dr. Fibs’ Büro erreicht hatten, biss ich in meinen Riegel und spürte, wie der Zucker mir Auftrieb gab.
»Bereit?«, fragte Bex, und Liz nickte.
Beide sahen mich an. Ich biss noch einmal in den Riegel und meinte, wenn wir schon so weit gekommen waren (und da ich ohnehin nicht mehr im Bett lag), konnten wir die Sache auch durchziehen.
Ich holte ein 25-Cent-Stück aus der Tasche und wollte es gerade einwerfen, als Liz mich unterbrach.
»Warte!« Sie griff nach der Münze. »Wenn sich jemand die Protokolle anschaut, tauchen unter meinem Namen weniger rote Minuszeichen auf«, sagte sie, obwohl wir nichts taten, was gegen die Vorschriften der Schule gewesen wäre. (Ich weiß es – ich hab nachgesehen.) Wir wurden sogar aufgefordert, so viele »Sonderprojekte« als »unabhängiges Studium« zu übernehmen, wie wir wollten, und niemand hatte jemals erklärt, dass wir aus dem unabhängigen Studium besonderer Jungs kein Projekt machen könnten. Trotzdem schien es eine gute Idee zu sein, Liz den Vierteldollar zu geben und es ihr zu überlassen, George Washingtons Kopf mit einem Daumenabdruck zu versehen, die Münze in den Automaten zu stecken und A-19 zu ordern. Zwei Sekunden später öffnete sich der Getränkeautomat und der Gang zu einem hochmodernen kriminaltechnischen Labor – dem modernsten außerhalb der CIA – tauchte auf. (Hätte Liz B-14 gedrückt, wäre eine Leiter aus der Mahagonitäfelung gefallen.)
Im Labor nahm Liz Mr Smiths Cola-Flasche aus der Tasche und stellte sie auf einen Tisch. Die Scherben warenzusammengeklebt worden, und ich hatte doch schon beinah vergessen, warum mir die Flasche überhaupt aus den Händen gefallen war.
»Wir lassen sie durch die Anlage laufen und sehen dann, was wir haben«, sagte Liz und klang viel zu diensteifrig und viel zu wach für SIEBEN UHR FRÜH an einem SAMSTAGMORGEN! Außerdem hätte ich ihr sagen können, was wir finden würden – nichts. Nada. Die Cola-Flasche würde die Fingerabdrücke einer Schülerin der Gallagher Akademie (nämlich meine), eines Lehrers der Gallagher Akademie (die von Mr Smith, die aber wertlos sind, was die Technologie betrifft, weil er jedes Jahr zu seinem jeweiligen Gesicht passende neue Fingerabdrücke bekommt) und eines vollkommen unschuldigen Zuschauers (Josh) aufweisen, dessen einziges Verbrechen es war, sich für junge Mädchen zu interessieren, die gezwungen werden, in Mülltonnen zu wühlen.
Das alles wollte ich Liz sagen, aber sie hatte sich bereits einen weißen Laborkittel übergezogen – und nichts macht Liz mehr Freude, als einen weißen Laborkittel zu tragen. Also verschloss ich meine Lippen und versuchte, meinen Kopf auf den Schreibtisch zu betten.
Eine Stunde später rüttelte mich Liz wach. Sie sagte, dass Joshs Fingerabdrücke nirgends im System enthalten wären (ein Schock, ich weiß). Was bedeutete, dass er noch nie in der Armee oder im Gefängnis war. Er war kein praktizierender Anwalt und auch kein Mitglied der CIA. Er hatte nie versucht, eine Handfeuerwaffe zu kaufen oder sich für die Wahl zum Präsidenten aufstellen zu lassen (was aus irgendeinem Grund eine gewisse Erleichterung war).
»Siehst du?«, sagte ich zu Liz und dachte, sie würde die Jagdjetzt aufgeben und mir gestatten, wieder in ein richtiges Bett zu gehen, aber sie sah mich an, als ob ich verrückt wäre.
»Das ist doch erst Phase eins«, meinte sie und klang verletzt.
»Muss ich wissen, was Phase zwei bedeutet?«, fragte ich.
Liz schaute mich lange an. Dann sagte sie: »Schlaf weiter!«
»Ich kann nicht glauben, dass du mich dazu überredet hast«, sagte ich, als wir vor Joshs Haus im Gebüsch hockten. Ein Auto fuhr mit lauter Musik vorbei. Ich wiederholte noch einmal: »Ich kann nicht glauben, dass du mich überredet hast.«
»Du kannst es nicht glauben?«, kam es bissig von Bex. Sie drehte sich um. »Liz, hast du nicht gesagt, das Haus ist leer?«
»Es ist praktisch leer.«
Ich konnte verstehen, dass Liz sich wehrte. Schließlich hatte sie drei Stunden lang Firewalls überwunden (unsere, nicht die der Familie Abrams) und im Computersystem der öffentlichen Schulen von Roseville gesucht, bis sie herausfand, dass »mein« Josh Josh Abrams aus der North Bellis Street Nummer 601 war. Es hatte noch eine Stunde gedauert, bis sie auf alle Konten der Familie Zugriff hatte und eine E - Mail abfangen konnte, in der
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