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Spione kuesst man nicht

Spione kuesst man nicht

Titel: Spione kuesst man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Carter
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müsste ich nicht zu lange das Mauerblümchen sein.«
    Ich stellte mir vor, wie sie farblich mit den Brettern und Heuballen verschmolz und in der wogenden See tanzender Paare verschwand, bis keiner mehr ein einzelnes Mädchen bemerkte, das allein dastand und nicht ganz zu dieser Party gehörte. Da wusste ich, dass DeeDee auch ein Chamäleon war.
    »Was machst du denn allein hier draußen?«, erkundigte sie sich.
    Eine ziemlich gute Frage. Zum Glück war ich darauf vorbereitet.
    Ich rieb mir die Schläfen und sagte: »Es ist so laut da drin, ich hab wahnsinnige Kopfschmerzen. Ich musste mal an die frische Luft.«
    »Oh«, sagte sie und fing an, in ihrer winzigen rosa Tasche zu wühlen. »Willst du ein Aspirin?«
    »Nein, danke.«
    DeeDee hörte auf zu wühlen, schaute mich aber nicht an, als sie sagte: »Er mag dich, weißt du? Ich kenn ihn schon seit ewigen Zeiten, und ich weiß, dass er dich wirklich mag.«
    Auch wenn ich ihren kleinen Brief nicht gelesen hätte, wäre mir klar gewesen, wie gern sie ihn hatte und wie sehr sie sichwünschte, dass er ihr eines Tages ein Anstecksträußchen kaufen würde. Und sie würde es tragen, und zwar nicht wegen eines Scherzes unter Freundinnen, sondern weil Josh es ihr geschenkt hätte.
    »Ich mag ihn auch«, sagte ich, weil ich nicht wusste, was ich sonst sagen sollte.
    Sie lächelte. »Ich weiß.«
    Ich dachte, sie würde jetzt gehen – es war wirklich nötig, denn ich musste mir unbedingt schnell etwas einfallen lassen, um Josh herauszuholen. »Ich will dich nicht aufhalten, DeeDee«, sagte ich und ließ mir alle möglichen Ablenkungen durch den Kopf gehen: eine kleine Explosion, ein leicht einzudämmender Waldbrand, die Möglichkeit, dass eine Schwangere in der Scheune war und in der nächsten halben Stunde die Wehen einsetzten …
    »Cammie?«, fragte DeeDee, und, ohne es zu wollen, blaffte ich: » Was ?«
    »Soll ich Josh sagen, dass du nach Hause willst?«
    Das könnte auch funktionieren!
    Als DeeDee zur Scheune ging, merkte ich, dass ich sie beneidete. Sie sah Josh in der Schule. Sie wusste, was er in der Kantine aß und wo er im Klassenzimmer saß. Sie konnte ihm alles erzählen, was in ihrem Leben passierte, obwohl er nach einem Leben voller Partys, Jahrmärkte und ganz normaler Tage wahrscheinlich sowieso schon das meiste wusste. Wenn alles gleich wäre, würde er mich dann trotzdem mögen?
    Aber das würde ich nie erfahren, weil nichts jemals gleich wäre. DeeDee würde immer aus Fleisch und Blut sein, und ich würde immer eine Legende bleiben.
    »Bist du sicher, dass ich dich nicht nach Hause fahren soll?«, fragte Josh, als er mit dem Minivan auf die Hauptstraße bog und wir den Marktplatz ansteuerten. »Komm schon – ich weiß, dass es dir nicht gut geht. Lass mich –«
    »Nein, es ist okay«, sagte ich. »Mein Kopf tut im Moment nicht weh.« Keine Lüge.
    »Bist du sicher?«
    »Ja.«
    Er parkte neben dem Platz, und wir stiegen aus und gingen auf den Pavillon zu. Er hielt meine Hand, und es war ein echter Liebes-Tagebuch-Moment, wenn ihr wisst, was ich meine, weil die Lichter im Pavillon brannten, die Stadt aber menschenleer und seine Hand weich und warm war, und dann … überreichte er mir ein Geschenk!
    Die Schachtel war klein und blau (aber nicht Tiffany-blau, wie Macey später feststellen würde) und mit einer rosa Schleife verziert.
    Er sagte: »Hoffentlich gefällt es dir.«
    Ich war sprachlos. Total. Ich hatte in meinem Leben natürlich schon Geschenke bekommen, aber meistens handelte es sich um Dinge wie neue Joggingschuhe oder eine signierte Erstausgabe von Führer durch das unterirdische Russland der Spione. Aber nie hatten die Geschenke hübsche rosa Schleifen gehabt.
    »Meine Mutter hat mir geholfen, es einzupacken«, gab Josh zu und zeigte dann auf das Geschenk in meinen Händen. »Mach es auf!«
    Aber ich wollte nicht. Ist das nicht traurig? Der Gedanke, etwas geschenkt bekommen zu haben, war kostbarer für mich als die Sache selbst.
    »Nun mach schon!«, sagte Josh und wurde ungeduldig. »Ich wusste nicht, was du gern hättest, aber … na ja …« Er riss am Papier herum. »Alles Gute zum Geburtstag!«
    Falls ihr selber noch nicht draufgekommen seid: Ich hatte gar nicht Geburtstag!
    Das Geschenk in meinen Händen fühlte sich fremd und schwer an. Dauert es normalerweise nicht 365 Tage, um sich ein Geburtstagsgeschenk zu verdienen? Ich weiß, ich bin ziemlich behütet aufgewachsen, aber eigentlich bin ich doch sicher, dass es so

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