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Spione kuesst man nicht

Spione kuesst man nicht

Titel: Spione kuesst man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Carter
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war dir bloß langweilig?«
    »JA!«, brüllte ich schließlich, damit er aufhörte. »Ja, stimmt, mir war langweilig, und ich wollte sehen, ob ich was machen kann, ohne dabei erwischt zu werden, okay?«
    Mr Solomon hatte recht – die schlimmste Folter ist, zuschauen zu müssen, wie jemand, den man lieb hat, verletzt wird.
    Josh gab nach und sagte leise: »Okay.« Wir waren beide zu weit gegangen, hatten zu viel gesagt, aber wir wussten, dass es gute Gründe gab, weshalb Gallagher Girls nicht mit Jungs aus Roseville ausgingen. Er wusste nur nicht, dass die Gründe geheim waren.
    »Ich fahr morgen weg«, sagte ich, weil ich nicht wollte, dass Josh an diesem oder irgendeinem anderen Abend über die Mauer kletterte. »Ich musste doch Tschüs sagen.« Ich nahmdie Ohrringe aus der Tasche. Sie glitzerten in meiner Hand wie Sterne. »Die solltest du vielleicht zurücknehmen.«
    »Nein«, sagte er und machte eine abweisende Handbewegung. »Sie gehören dir.«
    »Nein.« Ich drückte sie ihm in die Hand. »Nimm sie! Gib sie DeeDee.« Er sah mich erschrocken an. »Ich glaube, sie würden ihr gut gefallen.«
    »Ja, okay.« Er stopfte die Ohrringe in seine Tasche, während ich mich zu einem Lächeln zwang.
    »Hey, mach’s gut, okay?« Ich machte einen Schritt. Dann fiel mir ein, dass er sich an sein Leben gekettet fühlte, während ich an meines gefesselt war. »Und vergiss nicht – freier Wille!«
    »Genau«, sagte er und schien überrascht zu sein, dass ich mich daran erinnerte.
    »Viel Glück damit.«
    Freier Wille. Ich benutzte meinen, um zu verschwinden – zurück in das unfreie Leben zu gehen, das ich gewählt hatte, und weg von dem Menschen, der mir gezeigt hatte, was ich aufgab. Ich hoffte, dass er mir nicht hinterhersah. Ich stellte mir vor, dass er schon um die Ecke gegangen war und mich ein bisschen hasste, um ihm über seinen Kummer hinwegzuhelfen. Ich ging weiter durch die Dunkelheit und drehte mich nicht um.
    Wenn ich es getan hätte, wäre mir wahrscheinlich der Van aufgefallen.

R eifen quietschten auf dem Pflaster. Ich roch verbrannten Gummi und hörte Gebrüll und das Geräusch von Metall auf Metall – eine Tür, dachte ich. Hände legten sich über meine Augen und auf den Mund, genau wie damals in einer anderen Straße, als andere Hände aus dem Nichts gekommen waren. Mein Autopilot schaltete sich ein, und Sekunden später lag mir mein Angreifer zu Füßen, aber es war nicht Josh. Dieses Mal nicht.
    Ein zweites Händepaar befand sich auf mir. Fäuste ringsum. Ich trat um mich, trat gegen irgendwas und hörte ein vertrautes: »Au, Mann, das hat wehgetan!«
    Aber bevor ich verarbeiten konnte, was ich gehört hatte, lag ich auf dem Bauch im Wagen, und jemand schrie: »Losfahren!«
    Ich lag reglos da, wirklich sauer, weil Mr Solomon zwar seit Wochen Andeutungen gemacht hatte, dass unsere Abschlussprüfung in GehOp dieses Mal von der praktischen Art sein würde, mir aber nicht klar gewesen war, wie wörtlich er dasgemeint hatte, bis Mr Smith mir die Augen verbunden und die Hände gefesselt hatte.
    »Tut mir leid, Mr Mosckowitz«, murmelte ich und fühlte mich schuldig, weil ich ihn so fest getreten hatte. Es war schließlich erst sein zweiter Einsatz, und ich hatte ihn im Bauch getroffen. Außerdem bin ich sicher, dass er, wenn’s drauf ankommt, richtig zuschlagen kann.
    Er rang ein bisschen nach Luft, bevor er sagte: »Schon okay. Alles … in Ordnung.«
    »Harvey –«, warnte Mr Solomon.
    »Richtig. Still sein«, sagte Mr Mosckowitz und knuffte mich in die Rippen. Es klang, als würde er sich köstlich amüsieren.
    Da es sich um eine Prüfung handelte, musste ich tun, was man mir beigebracht hatte. Ich lag auf dem Boden des Vans und zählte die Sekunden (neunhundertsiebenundachtzig), prägte mir ein, dass wir erst rechts und dann zweimal links abbogen, eine Kehrtwende machten und dann langsam über zwei Unebenheiten fuhren, wobei ich den Eindruck gewann, dass wir einen Schlenker über den Parkplatz vom Piggly Wiggly machten.
    Als der Van nach Süden abdrehte, war ich bereit, meine GehOp-Noten zu verwetten, dass wir das Industriegebiet am Südrand der Stadt ansteuerten.
    Türen gingen krachend auf. Leute stiegen aus. Jemand zog mich im Kies eines Parkplatzes auf die Füße. Dann zerrten mich vier kräftige Hände auf einen Betonboden und anschließend in das künstliche Licht und Echo eines großen, leeren Raums.
    »Setzt sie hin! Bindet sie fest!«, befahl Mr Solomon.
    Kämpfe ich jetzt? Kämpfe ich

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