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Spionin in eignener Sache

Spionin in eignener Sache

Titel: Spionin in eignener Sache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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unserem Seminar behandeln, noch einmal ganz zum Anfang zurückkehren, mir die ursprünglichen Aussagen und die Lebensgeschichte dahinter ansehen, nicht nur die Schriftsätze und Plädoyers. Vielleicht können wir uns in einer Woche einen Fall vornehmen und in der nächsten einen Roman. So ungefähr.«
    »Also«, rezitierte Kate, » ›Ich bin mehr denn je davon überzeugt, daß eine anständige menschliche Existenz nur an den Rändern der Gesellschaft möglich ist.‹ Hannah Arendt sagte das, genauer, schrieb es an Jaspers. Ich bin geneigt, ihr zuzustimmen. Und weiter, als eine Revolution an der Schuyler anzuzetteln, kann ich mich wohl nicht in Randbezirke vorwagen, wenn ich die akademische Welt nicht ganz verlassen will.«
    »Vielleicht sollten wir auch über den Zeitplan sprechen. Welcher Wochentag wäre Ihnen am liebsten?«
    »Das überlasse ich Ihnen, da Sie unser Seminar ja mit Ihrem übrigen Stundenplan in Einklang bringen müssen. Ich kann eigentlich jeden Tag, solange es nachmittags ist oder wenigstens am späten Vormittag.«
    »Gut. Wie wäre der Mittwoch?«
    »Genau der Tag, der mir am liebsten ist«, sagte Kate. »Mittwoch ist so ein hübscher, mittlerer Tag, so schön im Gleichgewicht mit Anfang und Ende der Arbeitswoche.«
    »Gut. Dann also Mittwochnachmittag. Wenn Sie einverstanden sind, lege ich die Uhrzeit und den Raum fest. Und noch was: sollen wir die Studenten am Schluß des Seminars einen Test machen lassen 44

    oder wollen wir lieber Referate verlangen?«
    »Ich plädiere für den Test«, meinte Kate. »In meinem Fach werden nie Tests geschrieben, dafür muß ich Unmengen von Referaten durchlesen. Außerdem, wenn wir die Fragen sorgfältig formulieren, können wir vielleicht feststellen, was sie von uns gelernt haben.«
    »Ich warne Sie: das könnte ein Schock werden.«
    »Ich habe meine Gebete gesagt. Jetzt ist es zu spät, sich vor Schocks zu fürchten. Haben Sie vor, mir den ganzen Stoß mit-zugeben?«
    »Wenn Sie die Last nicht erdrückt. Es sind Akten von Fällen, die sich meiner Meinung nach für unseren Zweck eignen, und um die Sie dann, wie ich hoffe, die passenden literarischen Texte herumdra-pieren. Sekundärliteratur ist zulässig, solange sie ohne französisches Wörterbuch lesbar ist.«
    »Na gut.« Kate nahm den Aktenstoß entgegen. »Ich will mein Bestes versuchen. Wie wollen wir das Seminar nennen?«
    » ›Frauen in Recht und Literatur‹ schlage ich vor. Das ist einfach und direkt und schränkt die Diskussion in keiner Weise ein.«
    »Und ist weniger dazu angetan, die Spießbürger zu verschrecken, als irgendwas mit Feminismus im Titel.«
    »Ich seh schon, Sie sind im Bilde.«
    Kate lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und sah ihn offen und direkt an. Er erwiderte ihren Blick mit seinen hellen, blauen Augen.
    Keine Sorge, versprachen sie, wir tun nichts Gefährlicheres, als die abgestorbenen Hirne einer kleinen juristischen Fakultät ein wenig aufzurütteln. Und Ihr Mann wird auch an der guten alten Schuyler sein; also nicht der geringste Grund zur Sorge.
    Das blieb natürlich alles unausgesprochen, aber Kate hörte es trotzdem. Das Dumme ist, sagte sie sich, daß ich so verletzlich geworden bin und so leicht meine eigene Mitte verliere – daß ich mich viel zu schnell mitreißen lasse und mich nicht mehr frage, was zum Teufel ich überhaupt tue.
    »Haben Sie was, wo ich das ganze Zeug reintun kann?« fragte sie und hob die Papiere hoch.
    »Entschuldigung. Natürlich. Darf ich Ihnen ein Taxi rufen?« Er winkte dem Kellner wegen der Rechnung. Gott weiß, dachte Kate, was er an der Schuyler verdient und ob er sich dieses Dinner wirklich leisten kann. Aber der hochelegante Oak Room war ja seine Idee gewesen; vielleicht ließ er die Schuyler dafür zahlen. Na, schließlich wollte er sie anwerben, und wenn ihm daran lag, einen guten Ein-45

    druck zu machen, warum nicht? Ihr wäre zwar auch alles recht gewesen, was eine Kategorie besser als MacDonald war, sogar irgendein Büro, aber das konnte er ja nicht wissen.
    »Ich glaube, ich laufe lieber«, sagte sie, als sie darauf warteten, daß der Kellner Blairs Kreditkarte zurückbrachte. »Auch wenn ich das Ganze hier schleppen muß.« Sie wog das Papierbündel in der Hand. »Anwälte haben einen enormen Papierausstoß, wie mir scheint. Aber nach dem Essen laufe ich gern. Das lüftet die Neben-höhlen.«
    »Meinen Sie nicht, es ist zu gefährlich?«
    »Alles ist gefährlich. Aber die Neunundfünfzigste und der Broadway sind ziemlich

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