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Spionin in eignener Sache

Spionin in eignener Sache

Titel: Spionin in eignener Sache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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ob Harriet auch gemeint hatte, sie müsse sich dieses traurige Beispiel geselligen Verkehrs antun. Offenbar nicht; weise Harriet.
    Kate unterdrückte einen Seufzer. Oft, wenn sie sich, wie im Augenblick, auf einem Empfang oder einer Cocktailparty dahinquälte, dachte sie an Shaws Reaktion auf die Bitte, fürs Parlament zu kandi-dieren: »Ich fände es leichter und angenehmer, mich zu ertränken«, hatte er geantwortet. Kate war sofort klar, daß Professor Slade genau wie die anderen entschlossen war, ihr zu verstehen zu geben, daß sie an dieser Law School nichts zu suchen hatte. Slade konnte natürlich nicht ahnen, was Kate mit ihm vorhatte. Von Reed wußte sie, daß eine beträchtliche Anzahl der Frauen in dem Gefängnis, dem sein Projekt galt, wegen Mordes an ihren sie mißhandelnden Männern einsaß. Und Kate hatte sich Slade auserkoren, ihn über das Geschlagene-Frauen-Syndrom zu befragen. Sie war neugierig, was der Alte-Garde-Vertreter von dieser Neuerung in der Rechtsprechung hielt, obwohl sie meinte, es schon im voraus zu wissen.
    »Wie fühlen Sie sich in der Gesellschaft von uns Juristen?« fragte Slade. »Oder sind Sie durch Ihren Gatten schon an uns gewöhnt?«
    »Durchaus nicht«, erwiderte Kate, »und ich freue mich über die Gelegenheit, einmal über Recht zu sprechen statt über Literatur.
    Stört es Sie, wenn ich Ihnen ein paar Fachfragen stelle? Blair sagte, Sie lehren Straf recht.«
    »Wie Ihr Gatte. Und es gibt doch gewiß keine Fragen, die Sie ihm nicht auch stellen könnten?«
    Das saß. »Ach, wissen Sie«, flötete Kate und setzte ihr einfältigs-tes Lächeln auf, das bei frisch kennengelernten Professoren und anderen selbstzufriedenen und mächtigen Männern nie seine Wirkung verfehlte, »ich belästige ihn nicht gern mit Fragen, wenn er nach einem anstrengenden Arbeitstag heimkommt. Man nimmt zwar Anteil an seinem Beruf, aber man will ihm ja nicht auf die Nerven gehen.«
    »Bewundernswürdige Einstellung. Ich wünschte, Sie könnten sie an meine Frau weitergeben. Sie glaubt offenbar, ich müßte ihr alle juristischen Drehungen und Wendungen erklären, von denen sie in 60

    der Zeitung liest. Und was wäre Ihre Frage an das hier versammelte Fachpublikum?«
    »Na ja«, fuhr Kate fort und lächelte ihn weiter einfältig an, »als Frau bin ich natürlich an den neuen Gesetzen interessiert, die Frauen betreffen. Die alten Gesetze haben die Belange der Frauen ja offenbar nicht berücksichtigt. « Sie hoffte, ihn damit zum Geschlagene-Frauen-Syndrom gebracht zu haben, und falls er nicht darauf an-sprang, mußte sie eben deutlicher werden.
    Aber offenkundig hatte sie den richtigen Knopf gedrückt. »In neun Zehntel aller Fälle sind diese Gesetzesänderungen einfach ab-surd«, erklärte er. »Frauen das ausschließliche Recht über ihren Körper zu geben, ohne an den Fötus zu denken, ist schon schlimm genug, aber wenn man das Gesetz so verbiegt, daß eine Frau ihren Mann ermorden darf und aufgrund bestimmter Klauseln, die für Männer nicht gelten, freigesprochen wird, dann betritt man ein hochgefährliches Terrain.«
    »Aber dergleichen wird doch wohl nie geschehen«, warf Kate ein, riß die Augen auf und hob beschwörend die Hände.
    »Es geschieht bereits, meine Liebe. Praktisch jeden Tag. Es hätte auch meinem ältesten Freund, Fred Osborne, passieren können, aber das einzig Tröstliche an seinem grausamen Tod ist, daß seine Frau verurteilt wurde, ehe dieser Geschlagene-Frauen-Unsinn aufkam. Sie sitzt im Staten-Island-Gefängnis, wo sie hoffentlich verrotten wird.
    Meiner Meinung nach hätte Betty Osborne die Todesstrafe verdient, aber im Gegensatz zu Ihrer eben geäußerten Meinung ist das Gesetz Frauen gegenüber milder.«
    Kate verkniff sich den Hinweis, daß im Staat New York die Todesstrafe abgeschafft war, außer für Mord an Polizisten. »Ich kann mir gar nicht vorstellen, daß die Frau eines Ihrer Freunde tatsächlich ihren Mann umgebracht hat.«
    »Sie hat ihn kaltblütig im Schlaf ermordet. Als wäre er ein Tier.
    Wie bei einer Banden-Hinrichtung, genau so. Entsetzlich.«
    »Warum haßte sie ihn so?«
    »Aus gar keinem Grund, nicht dem geringsten. Sie war einfach übergeschnappt – eine verrückte, undankbare, unausgeglichene Frau.«
    »Hat er sie geschlagen? Ist das nicht der Grund, warum man von einem Geschlagene-Frauen-Syndrom spricht?«
    »Er hat sie nicht geschlagen – wo denken Sie hin? Er war Professor an dieser Universität, kein Rohling aus der Unterschicht. Aber

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