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Spionin in eignener Sache

Spionin in eignener Sache

Titel: Spionin in eignener Sache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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dabei.«
    »Einverstanden. Bei mir oder bei Ihnen?«
    »Bei Ihnen. Sie haben besseren Scotch. Außerdem, wie jemand über Smiley sagte: ›Warum, ist mir bis heute nicht ganz klar, aber wenn man Georges Aufenthaltsort weitergab, bekam man unweigerlich Schuldgefühle‹. «
    Sie betraten das Foyer von Kates Haus, wo Kate amüsiert beo-bachtete, wie Harriet den Pförtner als alten Bekannten begrüßte.
    Reed hatte ihr eine Notiz hinterlassen, er sei in seinem Büro, um die Post zu holen.
    »Ich bin einfach neugierig«, sagte Kate, als sie sich, beide ihren 65

    Scotch in der Hand und die Flasche auf dem Tisch, gesetzt hatten,
    »ob Sie ein bißchen Klatsch aufgeschnappt haben, seit Sie über das Sekretariat regieren.«
    »Na sicher doch. Um eine andere Figur le Carrés zu zitieren, nicht den guten George Smiley: ›Männer haben kein Talent dafür.
    Nur Frauen sind eines so leidenschaftlichen Interesses am Schicksal anderer fähig.‹ «
    »Das klingt nicht, als sei es als Kompliment gemeint.«
    »Aber es stimmt. Und welcher Mann spricht sich nicht gerne aus, ob nun mit ein bißchen Ermutigung oder ohne? Da wir uns soweit einig sind, hinter welcher Sorte Klatsch sind Sie her?«
    »Eben auf dem Empfang erzählte mir Professor Slade, daß einer seiner Kollegen von seiner Frau erschossen wurde. Sie ist im Staten-Island-Gefängnis inhaftiert, mit dem sich Reeds Projekt befaßt. Ich dachte, wenn Sie Näheres darüber wissen, könnte man ihn vielleicht überreden, sich den Fall genauer anzusehen. Das heißt, wenn sie wirklich eine geschlagene Frau war.«
    »Und ob sie das war!« rief Harriet. »Ein Heer von Sekretärinnen sah die Beweise; und Nellie ebenso. Sie alle sagen, er war ein unglaubliches Schwein.«
    »Aber zweifellos geliebt und geachtet von seinen Kollegen?«
    »Worauf Sie sich verlassen können! Wie ich gehört habe, sagten sie bei der Verhandlung zu seinen Gunsten aus. Das ist ein enger Klüngel hier. Ist es nicht wundervoll, wie die Kleingeister zusam-menhalten? Dabei weiß ich nie genau, ob aus Angst vor allem, was nicht mittelmäßig ist, oder weil sie den Unterschied nicht kennen.«
    »Die meisten Menschen kennen den Unterschied nicht«, konstatierte Kate.
    »Ich ja«, schnaubte Harriet, »denn schließlich bin ich eine mutige alternde Frau. Und wie Donald Hall in seinem letzten Gedichtband schrieb, ›Ängstlichkeit ermutigt den Tod und verhindert das Sterben nicht.‹ Gut ausgedrückt! Das ist genau meine Devise.«
    »Für ältere Menschen mag diese Devise ja gut und schön sein, doch für einen jugendlichen Großstadtbewohner scheint es mir kein guter Rat zu sein.«
    »Ich hasse Leute, die immer eine schlagfertige Antwort parat haben «, murrte Harriet und griff nach der Flasche. » Kate, das Problem bei Ihnen ist, daß Sie noch nie mit Männerclans zu tun hatten, denen die Mittelmäßigkeit aus allen Poren quillt und die entschlossen sind, ihr Revier zu verteidigen. Vielleicht lesen Sie ab und zu 66

    von ihnen in der Zeitung; es gibt sie in der Marine, es gibt sie im Senat, bei IBM und anderen Firmen. Haben Sie zufällig von der ermordeten feministischen Anwältin gelesen, nach deren Tod sich die Kerle von der ›Harvard Law Review‹ einen Spaß daraus machten, sie auf gemeinste Weise zu parodieren? Auf ähnliche Weise wurde Nellie von der Schuyler verspottet. Einzelne Frauen, tot oder lebendig, und den Feminismus zu diffamieren, darum geht es. Man wirft mir immer vor, ich übertreibe; aber solche Männer sind so in Abwehrhaltung, daß sie nicht sehen können, wo sie irren, geschweige denn zugeben wollen, daß sie vielleicht Fehler machen. Ich weiß nicht, wieviel Schaden sie bei den Anglisten an meiner früheren Universität anrichteten, aber ich glaube, ich kann einschätzen, welches Unheil sie über eine juristische Fakultät bringen können.«
    »Das Leben im Sekretariat muß brutal sein, um Sie so wütend zu machen. Ich fürchte, ich finde diese Sorte Männer eher bemitlei-denswert als bedrohlich. Und nicht alle Konservativen sind mittelmäßig«, fügte Kate hinzu, obwohl es ihr schwergefallen wäre, jemandem zu erklären, warum sie Harriet widersprach. Daß Harriet recht hatte, lag beängstigend klar auf der Hand.
    »Ich glaube, mit mir sind die Gäule durchgegangen.« Harriet lä-
    chelte. »Mag sein, daß die Bewahrer der ehrwürdigen Vergangenheit nicht unbedingt mittelmäßig sind, aber sie fühlen sich bedroht, und verunsicherte Männer sind gefährlich. Sie hatten so lange die Macht, waren

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