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Spionin in eignener Sache

Spionin in eignener Sache

Titel: Spionin in eignener Sache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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sie den Raum und gingen schweigend den Korridor entlang.
    »Was gibt’s?« fragte Harriet, als sie dort waren.
    »Ich wollte Ihnen einige Fragen wegen Nellie stellen. Sie beide waren zwar nicht zur gleichen Zeit hier, aber ihre früheren Kollegen kann ich schlecht fragen.«
    »Auch Blair nicht?«
    »Nicht mehr, als ich es bereits getan habe. Ich glaube ihm.
    Das tue ich wirklich. Aber ich hätte gern einen unparteiischeren Bericht. Wieviel ist zu Ihnen durchgedrungen?«
    »Sehr wenig.« Harriet wusch und trocknete sich die Hände.
    »Wußten Sie, daß man trockene Hände bekommt, wenn man den ganzen Tag Papiere hin- und herschiebt? Das behaupten alle Sekretä-
    rinnen, und inzwischen glaube ich es. Was Nellie betrifft, eins interessierte mich: ob die Polizei Alibis überprüfte. Sie wissen schon, wo jeder einzelne der Schuyler-Professorenschaft war, als sie unter den Laster kam. Sie werden die Antwort nie erraten.«
    »Lassen Sie es mich versuchen. Kein einziger Aufenthaltsort war eindeutig überprüfbar.«
    »Genau. Außer bei Professor Abbott, der beim Zahnarzt war, was von diesem, der Zahnarzthelferin und der Empfangsdame bestätigt wurde. Sie hätten alle mit ihm unter einer Decke stecken können, aber auch andere Patienten erinnerten sich an ihn. Als Schwarzer in einer vorwiegend weißen Umgebung prägt er sich leicht ein, was barbarisch für ihn sein muß, in diesem Fall aber von Vorteil war.«
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    »Und das alles hat die Polizei Ihnen erzählt?«
    »Na ja«, Harriet zwinkerte ihr zu, »ich stellte mich als Jurapro-fessorin einer anderen Universität vor. Sie brauchen mich gar nicht so ungläubig anzugucken. Schließlich war ich Professorin, und wenn die Umstände es erfordern, kann ich mich genauso aufgeblasen benehmen wie meine Männerkollegen. Ich sagte, an meiner Fakultät stelle man sich die Frage, ob die Alibis der Kollegen von der Schuyler überprüft worden seien und so weiter. Viel erzählte mir die Polizei nicht, nur von den Alibis, oder vielmehr deren Fehlen – was allerdings weiter keine Bedeutung habe, erklärte man mir, denn die wenigsten Menschen hätten Alibis, und der Besitz eines solchen, fügte man hinzu, verlange eine um so genauere Überprüfung. «
    »Die Professor Abbott über sich ergehen ließ und bestand?«
    »So ist es. Aber jetzt sollte ich besser zu meinen Pflichten zu-rückkehren. Die Frauen, die ihre Arbeit todlangweilig finden, arme Dinger, nutzen unbeaufsichtigte Momente gern zu einem Schwätzchen, und die Professoren, die hereinschneien, ergreifen die Gelegenheit zu dummen Scherzen und zum Flirten.«
    »Hatte Nellie ein eigenes Büro?«
    »Ja. Das weiß ich, weil man mir auftrug, mich darum zu kümmern, daß ihre persönliche Habe ausgeräumt wurde, obwohl das keineswegs zu meinen Pflichten gehört.«
    »Und was geschah damit?«
    »Steht alles im Keller, in Kartons verpackt, und wartet darauf, abgeholt zu werden. Bisher hat sich noch niemand gemeldet. Ihrer Familie liegt wohl kaum an Erinnerungsstücken an diesen schrecklichen Ort. Erwägen Sie, darin herumzuschnüffeln?«
    »Ja.«
    »Braves Mädchen. Es freut mich, daß Sie in Gang kommen.«
    »Ich hoffe nur, ich kann solche Schnüffelei vor mir selbst rechtfertigen. Aber Nellie ist tot, und ich wüßte wirklich gern, warum.
    Ganz ohne Gewissenskonflikte bin ich bei der Sache zwar nicht, aber an diesem Ort kann ich sie leicht unterdrücken. Schließlich geht es niemanden etwas an, nur Nellie, und ich kann mir nicht vorstellen, daß sie etwas dagegen hätte. «
    »In seinem allerersten Buch über Smiley sagt le Carré: ›Ein eigentümlicher Charakterzug Smileys war, daß es ihm während seiner ganzen Geheimdiensttätigkeit nicht gelang, die Mittel aufgrund des Zwecks zu heiligen.‹ Und falls auch Sie diesen eigentümlichen Charakterzug haben, sollten Sie ihm treu bleiben! Ich zeige Ihnen, wo 78

    das Zeug im Keller steht. Aber sehen Sie zu, daß Sie sich nicht wieder einschließen oder gar erwischen lassen, ja Kate? Wir wollen doch die alten Knaben nicht unnötig in Aufregung versetzen.«
    Gemeinsam gingen sie ins Untergeschoß, das Kate durch ihr wö-
    chentliches Seminar schon vertraut war. Harriet, der wie einer Schloßherrin aus dem Mittelalter ein riesiges Schlüsselbund vom Gürtel baumelte, öffnete einen kleinen Abstellraum, winkte Kate hinein und zog an einer Kordel, um das Licht anzuknipsen. »Bedie-nen Sie sich«, meinte sie. »Viel Glück. Wenn Sie gehen, lassen Sie die Tür einfach zuschnappen.«
    Kate machte

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