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Spionin in eignener Sache

Spionin in eignener Sache

Titel: Spionin in eignener Sache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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fragend an. Von Reed wußte Kate, daß früher tatsächlich der Student mit den besten Noten die
    ›Law Review‹ herausgab, dieses (in Kates Augen) nicht unbedingt intelligente Kriterium inzwischen aber durch andere ergänzt worden war: gute Noten plus Elan, Originalität, Mut und interessanten Hin-116

    tergrund. An der Schuyler, so schien es, hielt man nicht nur an den alten Gebräuchen fest, sondern betrog dabei auch noch.
    Aber das war noch nicht alles. Die Studentinnen hatten begonnen, ihre Erfahrungen über die Zudringlichkeiten der Professoren auszutauschen. Ehe sie darüber sprachen, hatte jede geglaubt, sie sei die einzige. »Frauen, die miteinander sprechen, sind gefährlich«, erklärte Kate, als ihr Kommentar dazu gefordert war. »Deshalb haben uns die Männer so gern isoliert und uns dazu gebracht, uns eher mit ihnen zu identifizieren als mit unseren Geschlechtsgenossinnen.
    Wenn Frauen ihre Notizen vergleichen, bekommen die Männer es mit der Angst. Auden sagt das irgendwo. Das ist einer der Gründe, wenn auch vielleicht nicht der wichtigste, warum von Frauen ver-langt wurde, jungfräulich in die Ehe zu gehen: die Männer hatten Angst davor, sie könnten Vergleiche anstellen.«
    »Manchmal habe ich das Gefühl«, warf eine andere Studentin ein, »die Profs meinen, da sie nun schon mal Frauen an die Unis lassen mußten, könnten sie sich auch an sie ranmachen.« Blair grinste Kate an und zeigte auf den Zettel. Kate zuckte mit den Schultern und lächelte zurück. Und dann redeten alle durcheinander.
    »Halt, halt«, rief Blair, stand auf und hob den Arm. »Jeder kommt zu Wort. Aber wie gesagt, der Reihe nach. Beginnen wir mit Ihnen.« Er zeigte auf eine junge Frau am anderen Tischende. »Und dann fahren wir mit Ihrem Nachbarn zur Linken fort. Jeder hat eine Minute Sprechzeit, also sammeln Sie Ihre Gedanken, denn eine Minute ist länger, als Sie vielleicht glauben. Also bitte, Abigail!«
    Abigail war eine selbstbewußte junge Frau. Sie machte einen kompetenten Eindruck auf Kate und schien außerdem genau zu wissen, wie sie ihre Ziele am besten verfolgte. Nicht, daß Kate die Gewohnheit hatte, auf die Ferne Charakteranalysen zu machen, aber diesem Frauentyp war sie schon oft in ihrem Leben begegnet. Frauen, die sich an die Konventionen hielten, und die heutigen Konventionen ließen es zu, daß man Anwältin wurde und trotzdem in Weiß heiratete, in den ersten Ehejahren ein Kind bekam und ihm den Vornamen des Ehemannes gab. Jegliches Hinterfragen wurde als nutzlo-se, alberne Kraftverschwendung abgetan. Mit den verborgenen Be-deutungen der Dinge hielten sich Frauen wie Abigail nicht auf.
    »Ich bin keine Feministin«, begann sie und bestätigte Kates Vermutung. »Aber da wir Studentinnen genausoviel Studiengebühren zahlen wie Studenten, find ich, wir sollten auch genauso behandelt werden, statt daß man uns ständig das Gefühl vermittelt, man tue 117

    uns einen Gefallen. In den Vorlesungen und Seminaren werden wir von den Profs nicht ernst genommen, und nie werden wir in irgendwelche Komitees gewählt oder für irgendwelche Posten vorgeschlagen. Einige unserer Kommilitonen würden uns vielleicht wählen –
    nicht viele, aber ein paar – doch die Professoren reden es ihnen aus.
    Das können wir beweisen.«
    Damit schloß sie. Sie war vielleicht nicht der Typ, der Kopf und Kragen riskierte, aber sie kannte ihre Rechte und beharrte darauf –
    wie Kate sich gedacht hatte.
    Neben ihr saß ein junger Mann, der sich sichtlich unwohl fühlte in dem Seminar. Vielleicht war er nicht so haßerfüllt wie Jake der Türabschließer, aber er hatte offenkundig die Nase voll. Wie Blair Kate später erklärte, hatte sich der Junge bisher zurückgehalten, weil Blair sein Studienbetreuer war und ihm auf vielerlei Art helfen konnte. Doch von Kate hatte er inzwischen eindeutig genug.
    »Wieso bilden Sie sich eigentlich ein, Sie wüßten mehr über Literatur als wir?« brüllte er in Kates Richtung. Blair wies ihn zurecht: schon die Frage sei ungehörig, erst recht jedoch der Ton, aber Kate winkte ab.
    »Und wieso glauben Sie«, richtete sie sich an den Studenten,
    »daß Sie oder Blair mehr über juristische Dinge wüßten als ich?«
    »Weil wir Jura studiert haben. Romane lesen kann jeder. Und zu-fällig hab ich ’ne ganze Menge gelesen.«
    »Haben Sie ›Jane Eyre‹ für heute gelesen?«
    »Natürlich hab ich das«, behauptete er, obwohl allen klar war, daß er das Buch, wenn überhaupt, irgendwann vor Jahren gelesen

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