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Spionin in eignener Sache

Spionin in eignener Sache

Titel: Spionin in eignener Sache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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angefangen, als Hogan noch Bezirksstaatsanwalt war. Er wußte, wie er sein Amt zu führen hatte. Die Anwälte, die mit ihm zusammenarbeiteten, wurden speziell ausge-bildet und überwacht. Jeder Auftritt vor Gericht wurde beobachtet und hinterher kommentiert. Er führte ein scharfes Regiment. Als Hogan 1973 aus der Bezirksstaatsanwaltschaft ausschied – er starb 1974 – blieb ich noch eine Weile. Ich versuchte, so weiterzuarbeiten wie bisher, aber der Laden verschlampte zusehends – verkam immer mehr zum Sprungbrett für ehrgeizige, junge Politicos. Es dauerte eine Weile, bis alles ganz marode war, aber die jungen Anwälte verließen sich sehr schnell nur noch auf die Aussagen der Polizei, bereiteten ihre Fälle nicht mehr richtig vor und hielten sich oft nicht mal über Gesetzesänderungen auf dem laufenden. Es wurde immer deprimierender. Wir waren zwar inzwischen soweit, nicht mehr automatisch ausschließlich weiße Männer einzustellen, sondern auch Männer und Frauen aus Minderheiten – sowohl weiße wie schwarze
    –, aber es gab keine Disziplin mehr, kein wirkliches Engagement für die Arbeit. Nach einer Weile kapierte ich, daß alles nur schlechter 122

    statt besser wurde, und dann ging ich. Ich stieg in die akademische Welt ein, wo zugegebenermaßen viel weniger Anforderungen an einen gestellt werden, selbst wenn man seine Arbeit ernst nimmt.
    Oder vielleicht sollte ich sagen, daß die Anforderungen geringer waren, ehe ich mich auf das Abenteuer an der Schuyler einließ.
    Wirklich höchst sonderbar, aber die Professoren an der Schuyler erinnern mich an die neue Besetzung der Bezirksstaatsanwaltschaft: nichts ist wichtig – nur was man unterm Strich rausbekommt, welche Verträge man abschließt und wie man sich absichert. «
    Kate starrte ihn an. »Ich habe gar nicht gewußt, daß du so emp-findest.« Er wußte genau, was sie damit sagen wollte: Du hast mit mir nie über deine Gedanken und Empfindungen gesprochen, und jetzt erzählst du mir in Gegenwart anderer davon.
    Reed beantwortete den unausgesprochenen Vorwurf. »Das Ei-genartige ist, daß ich meine Erfahrungen bisher nie so betrachtet habe. Ich dachte einfach, ich wäre allmählich zu alt für den Bezirks-anwaltsjob und würde immer verschrobener, was beides übrigens stimmte, und als Kate und ich eine Weile verheiratet waren, ging ich einfach. Erst jetzt ist mir klargeworden, was der wirkliche Grund war. Daher meine überraschenden Worte.« Er sah Kate an, als wolle er sagen: »Verzeih mir«. Sie nickte versöhnlich.
    »Es ist wie bei einer langen Ehe«, schaltete Harriet sich ein, »wo die Frau plötzlich geht, zur Verwunderung aller, einschließlich ihrer eigenen. Jahrelang wollte sie nicht wahrhaben, wie ihre Ehe lief, sich nicht eingestehen, daß sie im Grunde längst über das ganze Arran-gement hinausgewachsen und inzwischen eine völlig andere Person war. Aber eines Tages wird es ihr klar, und sie geht. Wenn sie dann auf die langen Ehejahre zurückblickt, sieht sie sie in völlig anderem Licht. So wie Sie ihre Zeit in der Bezirksstaatsanwaltschaft.«
    »Wenn hier über die Ehe diskutiert werden soll, dann wurde ich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen hergelockt«, maulte Blair,
    »und der Art nach zu urteilen, wie sich Bobby an ihrem Ginger Ale festhält, hat sie das gleiche Gefühl. Der Scotch ist hervorragend, aber die Themenwahl irritiert mich ein bißchen.«
    »Ach was, Sie wollen doch bloß darüber reden, wie Sie Ihre Studenten zusammenschlagen. Schönes Benehmen, ich muß schon sagen!« Harriet blickte erwartungsvoll auf die Flasche, und Reed schenkte ihr lächelnd nach.
    »Keine Frage, meine Lieben«, fuhr Harriet fort, »die Schuyler-Professoren sind nervös, weil sich neuerdings eine Welle von Unzu-123

    friedenheit unter den Studenten breitmacht, was sie allein Kate und Reed anlasten, im Grund aber Blair, der die beiden ja herholte.
    Und«, fügte sie an Blair gewandt hinzu, »bekäme ich jedesmal, wenn die Herren Ihre Berufung an die Schuyler bereuen, einen Nickel, könnte ich mit der U-Bahn quer durch New York fahren und auch noch zurück.«
    »Aber was genau wirft man uns denn vor?« fragte Blair.
    »Na, erstens lehren Sie, oder wie die Schuyler-Dozentenschaft es sieht: Sie indoktrinieren die Studenten mit der feministischen Sicht von Gerichtsurteilen und Literatur. Dann die Sache mit der ver-schlossenen Tür. Natürlich haben sie den Studenten, der die Tür abschloß und sich mit Blair anlegte, nicht zur Rechenschaft

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