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Spionin in eignener Sache

Spionin in eignener Sache

Titel: Spionin in eignener Sache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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gezogen.
    Außerdem haben sie den schweren Verdacht, Reeds Bemühungen um die inhaftierten Frauen könnten ihren Seelenfrieden stören. Das alles ist natürlich meine eigene Interpretation, denn zu hören bekomme ich nur ein allgemeines Stöhnen und Brummen, in das sich nur gelegentlich artikuliertes Fluchen mischt, was die Botschaft jedoch hinreichend verdeutlicht.«
    »Das sind nur die üblichen Abwehrmechanismen so einer Fakultät«, meinte Blair. »Was Reeds Projekt betrifft, hält man es für eine Zeitverschwendung, den Studenten schon während des Studiums etwas beizubringen, was sie hinterher von ganz alleine lernen.«
    »Außerdem«, fuhr Harriet fort, »sind sie nervös wegen der armen geschlagenen Frau im Staten-Island-Gefängnis, die mit einem aus ihrem Clan verheiratet war. Wie ich vermute, beten sie zu Gott, daß sie nicht mit Reed oder sonst jemandem aus seinem Projekt reden wird.«
    »Da fällt mir ein«, sagte Reed, »Betty Osborne hat darum gebeten, daß Kate sie noch einmal besucht. Tut mir leid, aber ich bin noch nicht dazu gekommen, es dir zu sagen, Kate. Die Ereignisse überschlagen sich im Augenblick.«
    »Das scheint mir auch so.« Kate bemühte sich, nicht allzu bissig zu klingen.
    »Gegen noch etwas haben sie plötzlich Einwände«, fiel Blair ein,
    »gegen die große Anzahl älterer Studenten, die an ihre Law School strömen.«
    »Zumeist Frauen, die nach einem unglücklichen Hausfrauenda-sein ihr Studium wiederaufgenommen haben«, erklärte Harriet. »Ich kenne viele von ihnen und ermutige sie, wo ich kann. «
    »Im Grunde«, meinte Blair, »ist es immer dasselbe: Sie hat sein 124

    Studium mitfinanziert, bei seinem Examen unschätzbare fachliche Hilfe geleistet und dann die Kinder großgezogen; irgendwann kommt er jedoch zu dem Schluß, sie passe nicht mehr recht in sein neues, glanzvolles und erfolgreiches Leben. Also heiratet er eine andere, die zwanzig oder dreißig Jahre jünger ist als er selbst. Ein oder zwei Jahre ist die verlassene Frau völlig am Boden zerstört, aber eines Tages entdeckt sie, daß es das beste war, was ihr passieren konnte. Besonders wenn es ihr gelungen ist, Unterhaltszahlungen bei der Scheidung herauszuschlagen und wenn die Kinder auf dem Weg zur Unabhängigkeit sind.«
    »Sie scheinen sich ja gut auszukennen in diesen Dingen«, bemerkte Harriet.
    »Stimmt. Meiner Mutter erging es so. Übrigens bin ich in ihre Fußstapfen getreten, sie studierte auch Jura. Bei der Scheidung meiner Eltern war ich mehr oder weniger erwachsen. Meine Mutter hielt damals sehr wenig davon, wie unsere Gesetze und Gerichte Frauen behandelten. Inzwischen gebe ich ihr recht.«
    Kate sah ihn mit neuem Interesse an. Sie wußte, Reed und sie hatten in letzter Zeit viel weniger miteinander gesprochen, als es ihre Gewohnheit war, und sie hatte das Gefühl, Reed erging es wie ihr, daß er das so schnell wie möglich nachholen wollte. Sie wünschte sich plötzlich, die anderen würden gehen. Aber sie hatte dem Treffen zugestimmt, und jetzt mußte sie wohl oder übel dazu stehen.
    Aber wie Kate gerührt feststellte, hatte Harriet ihre Gedanken gelesen, griff demonstrativ zu ihrer Tasche, leerte ihr Glas mit einem Schluck und stand entschlossen auf. »Na prima«, verkündete sie.
    »Bringen wir das Ganze noch einmal auf den Punkt: Blair und Kate werden ihr wundervolles Seminar fortsetzen, möglichst ohne weitere Handgreiflichkeiten, wenn nicht, dann eben mit. Und Sie beide«
    sagte sie zu Reed und Bobby, »Sie lassen sich bitte nicht allzuviel Zeit, Ihre Betty-Osborne-Strategie auszuarbeiten, ja? Ich freue mich, daß ich Sie kennengelernt habe, Bobby. Warum suchen wir drei uns nicht eine hübsche Bar und erzählen uns unser Leben und unsere Geheimnisse?« Sie warf den beiden einen Blick zu wie eine englische Lady, die ihren weiblichen Gästen am Ende eines formellen Dinners den Moment zum Rückzug in den Damensalon signalisiert; dann ging sie Bobby und Blair voraus zur Tür. Der Abschied war kurz.
    Kate und Reed sanken nebeneinander auf die Couch, nachdem Reed ihre Gläser nachgefüllt hatte.
    125

    »Es tut mir leid«, Reed griff nach ihrer Hand. »Meine Geständ-nisse über die Bezirksstaatsanwaltschaft meine ich. Aber eins mußt du mir glauben: ich war genauso überrascht wie du, als das Ganze plötzlich so aus mir heraussprudelte.
    Und wenn du mir das glauben kannst, mildert es hoffentlich den Stich ein bißchen ab.«
    »Es war ein Stich. Aber allmählich kapiere ich, daß ich, genau wie die

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