Spitfire: Kühler Tod
funktioniert.«
Jetzt komme ich richtig in Fahrt. »Und dann haben Sie auch noch den Nerv, mich einzuschüchtern, indem Sie unangemeldet an meinem Arbeitsplatz auftauchen?«
»Wir müssen jeder Spur nachgehen«, verteidigt sich Dalton.
»Justin hat mich angerufen, bevor er gestorben ist, vielleicht sogar, während er ermordet wurde. Das nenne ich eine Spur, Dick Tracy. Gehen Sie der nach!«
Scott steht auf. »Wenn Sie ansonsten keine weiteren Fragen mehr haben, gehen wir jetzt zurück ins Büro.«
Draußen winkt Scott ein Taxi heran. »Wow! Sie waren einfach unglaublich! Sie sehen zwar eher aus wie Salma Hayek, aber Sie sind der reinste Perry Mason. Versprechen Sie mir, mich vor Gericht zu vertreten, falls ich jemals verhaftet werde?«
»Kommt darauf an, was Sie getan haben«, antworte ich.
Als ein Taxi am Randstein hält, drehe ich mich zu ihm um. »Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen jemals dafür danken kann, dass Sie mich so unterstützt haben.«
Er öffnet die Autotür. »Wie wäre es, wenn Sie mit Vilma und mir in die Oper gehen? Außerhalb der Saison, ich weiß, aber es ist eine Benefizveranstaltung und wir haben noch eine Karte übrig. Am Montagabend?«
Etwas überrumpelt kann ich nur »Klingt gut« sagen.
KAPITEL 15
Nach der Arbeit gehe ich ruhelos und ängstlich nach Hause. Vielleicht werde ich ja langsam paranoid, aber ich könnte schwören, dass mich irgendjemand nach Hause verfolgt hat. Vielleicht war es ja Detective Dalton. Ich rechne schon halb damit, dass er meine Wohnung durchsuchen lässt, aus Rache dafür, dass ich ihn so runtergeputzt habe.
Als mir bewusst wird, dass ich nur noch im Kreis umherirre, so wie es meine Fische tun, rufe ich Papa an. Ich streue gerade Futterflocken in das Aquarium, als er abnimmt. »Hi Papa, würde es dir etwas ausmachen, wenn ich schon einen Tag früher komme?«
Als ich an der Haltestelle Oakland BART darauf warte, dass Papa mich abholt, hält ein mitternachtsblauer Crysler Sebring neben mir. Ich spürte, dass ich beobachtet werde. Ich ignoriere den Wagen und schaue weiter stur auf die Parkplatzeinfahrt, wo ich Papas weißen Bronco zu sehen erwarte. Ein kurzes Hupen ertönt und ich verpasse dem Fahrer einen bösen Blick, der jedoch an der den Sonnenuntergang reflektierenden Scheibe abprallt.
Das Beifahrerfenster wird heruntergelassen und ich rücke mit verschränkten Armen ein paar Schritte von dem Wagen ab. Ich höre Gelächter – mindestens zwei Kerle.
»Sollen wir dich mitnehmen?«, ruft der Fahrer.
»Verpiss dich!«, fauche ich.
Ich höre ein missbilligendes Zungenschnalzen, dann: »Oh, Tomi, warum benutzt du nur solche schlimmen Wörter?«
Überrascht fliegt mein Blick zum offenen Beifahrerfenster und ich erkenne Papas faltiges Gesicht.
»Was ist mit ›dich‹ nicht in Ordnung?«, frage ich, obwohl ich weiß, dass Papa recht hat. Kraftausdrücke wie dieser können in einer solchen Gegend zu Schießereien und Blutvergießen führen. »Tut mir leid, Papa«, sage ich reumütig.
Ich sehe an ihm vorbei den Fahrer an. Ich erkenne ihn nicht, aber irgendetwas an seinem Lächeln kommt mir vertraut vor. »Hey Tomahawk«, ruft er.
Plötzlich kollidieren Vergangenheit und Gegenwart. Nur ein Mensch auf der Welt hat mich jemals so genannt. »Nickels?«, frage ich und kneife die Augen zusammen, um ihn besser sehen zu können.
Nickels alias Nicholas Turino und seine Mutter lebten früher in dem Haus gegenüber von unserem, genau dort, wo jetzt die misshandelte Frau und ihr tyrannischer Ehemann wohnen. Als Kinder waren wir unzertrennlich, bis er mit seiner Mutter in den Osten zog, als wir zehn Jahre alt waren. Eine Weile lang haben wir uns noch geschrieben und E-Mails geschickt, letztendlich dann aber doch den Kontakt verloren.
Nickels steigt aus und kommt auf mich zu. Ich registriere seine Größe – etwa eins achtzig – seine breiten Schultern und seine schmalen Hüften. Dunkelbraunes Haar umrahmt ein Gesicht, in dem sich das mediterrane gute Aussehen seines Vaters mit den markanten Zügen des mittleren Westens mischen, die er von seiner Mutter geerbt hat.
»Du kannst nicht Nickels sein. Nickels ist nur so groß und hat keinen Führerschein«, protestiere ich. Als er direkt vor mir steht, schaue ich ihm in die Augen und dort finde ich ihn, meinen besten Freund und Komplizen aus Kindertagen. »Du bist es wirklich«, sage ich, als wir uns umarmen. Es ist keine von diesen unbeholfenen Umarmungen zwischen Bekannten, sie fühlt sich an, als hätten
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