Spitfire: Kühler Tod
sie sich prügeln.«
Sie drückt mir einen Stapel Speisekarten der verschiedensten Take-aways in die Hand und ich stelle mir die sich umherschiebenden und schubsenden Hockeyspieler vor, während sie versuchen, auf ihren rasiermesserscharfen Kufen einen Treffer zu landen.
»Das passt«, sage ich.
KAPITEL 24
Freitag, 12. August
Als Scott und ich für unsere »Verabredung« zum Mittagessen die Columbus Avenue entlanggehen, könnte der bescheuerte Tag nicht schöner sein. Der Himmel ist strahlend blau mit kleinen Wattewölkchen, die wie Waldtiere aussehen. Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, ist auch noch jeder Mensch, dem wir über den Weg laufen, gut und nicht verrückt.
Wo sind all die amoklaufenden Irren, wenn man sie mal braucht? Was ist zum Beispiel mit diesem verbitterten Obdachlosen? Ich meine den, der sich immer ein Nasenloch zuhält, durch das andere schnaubt und dabei Popel durch die Gegend schießt – wo zum Teufel ist der?
»Dann erzählen Sie doch mal von diesem Restaurant«, sagt Scott und geht dabei ein bisschen zu dicht neben mir her.
»Es heißt
Die stinkende Rose.
Das Motto dort ist: Wir würzen unseren Knoblauch mit Essen.«
»Wirklich?« Scott scheint fasziniert.
Ich nicke. Ich setze auf die Halitosis, also den knoblauchbedingten Mundgeruch, der ihn für den Rest des Tages auf Armlänge von mir fernhalten soll. Das spreche ich allerdings nicht aus.
Im Restaurant gebe ich meinen Namen an, während Scott sich unbeeindruckt umsieht. Okay, vielleicht ist hier alles ein bisschen touristisch, aber genau hier will Papa jedes Jahr seinen Geburtstag feiern. Er liebt die Knoblauchzöpfe, die sich wie Weihnachtsgirlanden um einfach alles winden, die bunten Wandbilder und die signierten Porträts von Stars an den Wänden. Ich habe viele schöne Erinnerungen an dieses Restaurant und es tut mir jetzt schon leid, dass ich sie aufs Spiel gesetzt und den Boss mit hierhergebracht habe.
Der Wirt mustert mich wohlwollend und führt uns dann zum besten Fenstertisch des Hauses. Herrgott noch mal!
Als der Kellner erscheint, bestelle ich als Vorspeise für uns beide das Bagna Cauda – im Ofen geröstete Knoblauchzehen in extra nativem Olivenöl, Butter und mit einem Hauch von Anchovis. Als Hauptgang wähle ich das Vierzig-Zehen-Knoblauchhühnchen. Scott entschiedet sich für den Nachfolger des Rindersteaks in dieser Stadt: Heilbutt. Außerdem besteht er darauf, auch eine Flasche Chianti zu bestellen.
»Klar, warum nicht«, sage ich und stelle mir einfach vor, ich wäre in Rom – oder in North Beach.
Als uns der Kellner die Flasche präsentiert, nickt Scott. Nach dem Verkostungsritual hebt er sein Glas und sagt: »Auf das Wochenende, das vor uns liegt.«
Wir stoßen an, doch er trinkt nicht.
»Ich habe gehört, dass im Phyllis-Wattis-Museum immer noch die Vorführungen von
Angel and Fire
laufen«, berichtet er. »Haben Sie auch schon davon gehört? Es ist eine Filmreihe, die zeigt, was Frida Kahlos kulturelles und politisches Verständnis von Mexiko geprägt hat. Ich wollte mit den Kindern hingehen. Warum begleiten Sie uns nicht?«
Ich stelle mir vor, wie Scott dann – noch einmal – alleine auftaucht und denke,
oh nein … auf den Mist falle ich nicht noch mal rein!
»Aufgepasst«, sage ich, als die heiße Eisenpfanne mit dem Bagna Cauda vor uns in die Tischmitte gestellt wird.
Ich greife nach meinem Messer und bestreiche mein frisch gebackenes Focaccia großzügig mit den karamellisierten Knoblauchzehen. Als ich einen Bissen probiere, rollen meine Augen nach oben und ein genussvolles Stöhnen entringt sich meiner Kehle. Plötzlich wird mir bewusst, wie dieser kulinarische Orgasmus wirken muss, und ich reiße die Augen auf. Mein Blick begegnet dem von Scott. Der Röte in seinem Gesicht nach zu urteilen, habe ich ihn da gerade ganz schön in Wallung gebracht.
Widerstrebend lege ich das Knoblauchbrot zurück auf meinen Teller. Zeit für die ganz beiläufige »Mein Freund«-Bemerkung. »Danke, aber ich habe schon etwas vor.«
»Wieder Sam?«, fragt er hoffnungsvoll.
Ich schüttle den Kopf. »Jemand, den ich von früher kenne, kommt am Wochenende in die Stadt«, erkläre ich und verschiebe Nickels Ankunft damit um zwei Tage nach vorne.
»Tatsächlich? Und wer ist es?«
Ich nehme einen entschiedenen Schluck Wein. »Nick.«
»Nic … wie Nicola oder Nicolas?«
»Nicholas.«
In Scotts Augen verändert sich etwas. »Und wie heißt Nicholas mit Nachnamen?«
»Hä?«,
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