Spitfire: Kühler Tod
entgegne ich verwirrt.
»Sein Nachname. Denn kennen Sie doch sicher, oder? Ich meine … er ist doch bestimmt kein Bastard oder so … richtig?« Scotts Stimme schwillt jedem Wort an, bis er beinahe brüllt.
Der Kellner nähert sich und fragt vorsichtig: »Ist … alles in Ordnung?«
»Ja«, schnauzt Scott.
Der Kellner wartet und sieht mich an.
»Alles bestens. Danke«, sage ich und bin dankbar für seine Fürsorglichkeit. Als der Kellner sich abwendet, möchte ich am liebsten mitgehen.
»Und was macht Nicholas beruflich?« Scott versucht einen Plauderton anzuschlagen, aber er hält sein Weinglas so fest umklammert, dass ich jeden Moment damit rechne, es zerspringen zu sehen.
Ich beschließe zu lügen. »Er ist … ein Feuerspringer.«
»Ein Feuer…«
»Springer«, beende ich den Satz. »Einer von diesen Feuerwehrmännern, die in entlegenen Gegenden mit dem Fallschirm abspringen, um Waldbrände und so zu bekämpfen.«
»Wow … beeindruckend«, kommentiert Scott mit einer Spur von Sarkasmus. »Und wann lerne ich
den
kennen?«
Ich denke:
Wenn Jesus aufersteht!
Aber ich sage: »Bald.«
Plötzlich lehnt sich Scott mit kaltem Lächeln zurück und schüttelt den Kopf. »Wissen Sie … eines muss ich Ihnen lassen, Tomi. Die meisten Frauen würden eine Weile um ihren toten Freund trauern, aber Sie nicht. Sie haben einen starken Überlebensinstinkt. Diese Fähigkeit bewundere ich.« Wieder hebt er sein Glas. »Ich freue mich sehr für Sie beide.«
Kurz nachdem wir wieder im Büro sind, geht Scott, Gott sei Dank. Ich verbringe den gesamten Nachmittag damit, Daten in eine Excel-Tabelle einzutragen. Bevor ich ebenfalls gehe, lege ich drei Kostenabrechnungen mitsamt dahintergehefteten Belegen auf Scotts Schreibunterlage. Ich bin ein bisschen stolz auf mich und fächere sie akkordeonförmig auf.
Um fünf Uhr eins schnappe ich mir meine Tasche und schalte das Licht aus. Auf der Hintertreppe laufe ich Sam über den Weg. »Und … wie war dein Date?«, fragt sie.
»Das Essen war gut. Ich hatte das Hühnchen und er den Heilbutt«, berichte ich, während wir gemeinsam die Stufen hinunterlaufen.
Sie rüttelt an meinem Arm. »Die Gesellschaft … Wie war die Gesellschaft?«
»Sag ich dir draußen«, forme ich stumm mit den Lippen.
Sam wünscht Boots in der Eingangshalle ein schönes Wochenende. »Und wenn du willst, sei ruhig promiskuitiv«, füge ich noch hinzu.« Boots errötet.
Sobald wir draußen sind, lege ich los. »Genau genommen war die Gesellschaft echt gruselig!« Dann erzähle ich ihr alles.
Sam klappt der Mund auf. »Was für ein Freak! Was hast du jetzt vor?«
Ich zucke mit den Schultern. »Wieder am Empfang arbeiten … schätze ich.«
»Wird dir das Geld nicht fehlen?«
»Nicht mal das. Ich glaube, eigentlich habe ich jetzt sogar weniger als vorher. Ich gebe gerade alles für bessere Arbeitsklamotten aus. Das ist es einfach nicht wert.«
Sam nickt. »Wann kommt Nickels zurück?«
Der Klang seines Namens zaubert ein Lächeln auf mein Gesicht. »Am Montag.«
»Perfekt. Wir fahren übers Wochenende nach Reno. Komm doch mit.«
Ich könnte also entweder nach Reno fahren und das bisschen Geld, das ich noch habe, auch noch loswerden, oder ich mache mich auf nach Alameda. »Danke, aber ich fahre zu Papa.«
KAPITEL 25
Das Wochenende
Ich beschließe, an diesem Wochenende in Alameda meine jährliche Nicht-Geburtstagsparty für die Kids zu schmeißen. Einmal im Jahr feiere ich mit den Kindern ihren Geburtstag, obwohl keines der Kinder an diesem Tag tatsächlich Geburtstag hat.
Diese Tradition habe ich vor ein paar Jahren eingeführt. Damals hatte ich meine Zwillingsnichten gefragt, wie ihnen denn meine Geschenke zu ihrem Geburtstag gefallen hätten. Beide starrten mich daraufhin nur an und gaben keine Antwort. Dann erklärten sie abwechselnd, dass sie so viele Geschenke bekommen hätten, dass sie jetzt wirklich nicht mehr wüssten, welche davon denn von mir seien.
Zuerst wollte ich Michelles Malkasten mit Tonfarbe und Janelles Zaubertafel zurückgeben, die Kassenbons hatte ich noch, aber als ich mich wieder beruhigt hatte, kam mir die Idee mit der Alternativgeburtstagsparty. Wenn man die kleinen Ganoven jetzt fragt, was ihre Tía Tomi ihnen zum Nicht-Geburtstag geschenkt hat, rattern sie wie aus der Pistole geschossen ihre Geschenke runter, wie die Daten auf den Baseballkarten. Wer sagt denn, dass Liebe bedingungslos sein muss?
Ich stehe an der BART-Haltestelle in Oakland und sehe
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